Künaberg -> Niederdossenbach

34km, HM bergauf: 1772 HM bergab 2045

Ich wache spät auf – es ist schon halb sieben. Aber ich habe eben nicht im Zelt geschlafen 😉 Als Sarah und ich beim Frühstück sitzen ist der Blick aus dem Fenster nicht sehr motivierend: es gießt in Strömen! Das tut es irgendwie immer wenn ich mit Pferd hier nächtige… Ich überlege mir ernsthaft einen Tag Pause zu machen und erst morgen bei trockenerem Wetter heim zu reiten. Aber was soll ich hier den ganzen Tag im Regen anfangen? Und Schanchot merkt man an dass er seine Pferdekumpels vermisst… Also beiße ich in den sauren Apfel, die Taschen sind schließlich wasserdicht, und ich habe meinen Regenmantel.

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Als ich, nur mit einer Vordertasche mit dem Nötigsten beladen, zu Schanchot komme hat es tatsächlich mit regnen aufgehört. Heute ist für ihn Marscherleichterung, die schweren Taschen hole ich morgen mit dem Auto. Wir sind so schnell abmarschbereit, und es geht los. Wie erwartet ist mein Kabardiner mit eingebautem Navi flott unterwegs. Bis ins Tal führe ich ihn, als wir am Weg den Fluß entlang angekommen sind steige ich auf. Jetzt geht es ein paar Kilometer auf einer ehemaligen Bahnstrecke entlang, bei bestem Reitwetter traben wir hier zügig gen Heimat.

Zwei Orte weiter überqueren wir das Tal und steigen wieder etwas auf, um auf Waldwegen der viel befahrenen Talstrecke auszuweichen. Kurze Zeit später ist Schluß mit lustig: Der Himmel öffnet seine Schleusen! Bald ist ein Navigieren mit GPS und Karte nicht mehr möglich, das Display des Handys bleibt einfach nicht lange genug trocken genug um sich sinnvoll etwas anzeigen zu lassen. Aber hier kenne ich mich schon gut genug aus, um mich an den wenigen Wanderschildern zu orientieren, ich weiß in welche Richtung ich jeweils als nächstes sollte.

Eigentlich dachte ich, ich könnte heute den Großteil des Weges reiten, so ohne Gepäck. Aber daraus wird nichts. Zum einen ist es mir bergab teilweise echt mulmig, weil Schanchot heute überall Gespenster sieht und, abgelenkt und genervt, nicht mehr auf den Boden achtet. Zum anderen wird mir im Sattel nach einer Weile so richtig kalt. Also laufe ich, bis es wieder länger bergauf geht und ich es unter der Sauna «Regenmantel» nicht mehr aushalte.

Als wir kurz vor Raitbach sind wird es nochmal ein Stück unangenehmer: es fängt an zu stürmen, überall um uns herum fliegen Zweige, die Bäume knarzen bedrohlich. Und immer noch müssen wir weiter durch Wald… Ich steige irgendwann wieder auf, weil Schanchot einfach deutlich schneller läuft als ich, und irgendwann wird es besser. Irgendwann findet Schanchot dann auch endlich mal die Ruhe eine längere Fresspause einzulegen, oder der Hunger wird einfach größer als der Stalldrang. Dann läßt auch der Regen endlich wieder nach – ist aber auch schon egal, ich bin naß bis auf die Haut, der Regen ist mir einfach von oben in den Mantel gelaufen, und auch die wasserdichten Wanderstiefel lassen keinen Tropfen mehr raus…

Bandit genießt es auch wieder trocken zu werden

Als wir endlich am Stall ankommen habe ich mit meinen eiskalten, nassen Fingern echte Probleme mein Ross von Trense und Sattel zu befreien. Ungeduldig sucht er nach fallengelassenen Körnern vorher am Putzplatz gefütterter Kumpels, bis ich ihm endlich seinen verdienten Hafer bringen kann. Unter dem Woilach kann er jetzt fressen bis ich alles verräumt habe, und dann werde ich von Konni abgeholt – und zu meiner allergößten Freude darf ich jetzt auch wieder zu ihm in die Schweiz, d.h. ich kann mich in der Wanne gemütlich aufwärmen!

Dieser letzte Tag hat mir den Abschied vom Vagabundenleben ein wenig leichter gemacht, obwohl ich dennoch viel lieber noch weiter geritten wäre!

 

Mein Fazit nach dem ersten Ritt alleine und ohne geplante Etappen:

Jederzeit wieder! Die Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit der Menschen die man unterwegs trifft ist fast grenzenlos, und ich wurde nicht nur überall gerne aufgenommen, oft wurde ich auch mit an den Tisch gebeten, obwohl ich mich ebenso hätte selbst verpflegen können. Auch die vielen kleinen Begegnungen am Weg sind immer eine kurze Pause wert. Ein kleines Beispiel: Ich sah in einer Nebenstrasse ein Eismobil, und da es warm war kam das natürlich gelegen. Aber die Schlange war lang, und in dieser Wohnstrasse weit und breit nichts zum Pferde anbinden. Da kam ein Mann vom Eiswagen zu mir und fragte ob ich mir ein Eis kaufen wolle. Er stünde schon ganz vorn in der Schlange und könne mir eines mitbringen. So stand ich kurz darauf mit einem großen Eis zwischen zwei bettelnden Pferdeschnuten 😉

Was hätte ich anders machen sollen?

Ich hätte Maddox weiter mitnehmen können, nur ohne Gepäck. Für Schanchot wäre es sicher viel schöner gewesen seinen Kumpel weiter bei sich zu haben, vor allem wenn er die Nacht alleine oder in großem Abstand zu anderen Pferden verbringen musste. Er blieb zwar anständig und innerhalb seiner abgesteckten Weiden, aber man hat ihm angemerkt dass es nicht ideal war, auch an seiner Schreckhaftigkeit unterwegs.

Und ich hätte durchaus den Bogen ein klein wenig weiter schlagen und ein oder zwei Tage länger auf Tour sein können – aber da ich so einen Ritt zum ersten Mal gemacht habe (irgendwohin fahren und dann irgendwie heim reiten) tat ich mir schwer damit abzuschätzen wie schwierig es werden würde und wie weit ich an einem Tag kommen würde. Naja, weiter als gedacht 😉