Unsere Nacht im Stall war zwar trocken und bequem, aber nicht erholsam. Mitten in der Nacht kam noch ein Pferd an das von der Alm geholt worden war, und wir haben zum ersten Mal erlebt wie Bandit ist wenn er uns wirklich bewacht – das klang wirklich als ob er die «Eindringlinge» zerfleischen würde wenn er dran kommt! Zum Glück war er angebunden, und Konni hat die Situation (nur bekleidet mit seinem Schlafsack) schnell beruhigen können. Aber viel Schlaf gab es trotzdem nicht, die Pferde haben einfach zu viel Radau gemacht…
Am Morgen mussten wir dann vor dem Abritt noch ein paar Duplos entfernen, nach 650km sahen die mittlerweile nicht nur mehr als mitgenommen aus, sie saßen auch einfach nicht mehr gut. Jetzt liefen Pablo und Cordobes barhuf, und Sati hatte nur noch zwei Duplos. Es wurde dringend Zeit für einen Schmied, aber es war so einfach nicht einen zu finden. Aber alle drei haben ja eigentlich super Hufe, hatten viel Material drauf, und ein paar Tage sollte es schon gehen.
Nach der Durchquerung des Sarntals fand ich schnell den Wanderweg Richtung Reinswald. Das war zwar ein kleiner Umweg für uns, aber nachdem wir dort schon zwei wunderschöne Kurzurlaube genossen hatten wollten wir uns diesen Abstecher nicht nehmen lassen.
Und der Abstecher hat sich gelohnt! Über wunderschöne, einsame Waldwege erreichten wir unser Zwischenziel, und auf der ersten Almhütte gab es eine ausgiebige Pause.
Danach war es nicht mehr weit zur Gertrumalm, wo wir um Quartier bitten wollten. Die Hütte hatte zwar schon zu als wir ankamen, aber die Wirte saßen noch beim Feierabendbier im Schatten. Sie schickten uns ein paar Meter weiter, zu einer kleinen Jagdhütte. Die stünde offen, und wir könnten dort ohne weiteres eine Nacht verbringen.
Also nichts wie hin, absatteln und ein Stück Alm für unsere hungrigen Vierbeiner abstecken! Wir waren gerade dabei die Litze zu ziehen da kamen ein paar Hirten mit ihren Schafen vorbei. Oje, dachten wir, jetzt gibt es Ärger! Aber mitnichten: wir wurden eiligst von unserem Tun abgezogen (schnell fertig eingezäunt haben wir aber doch noch, damit die Pferde fressen konnten) um zu helfen die Biervoräte im Kofferraum zu dezimieren. Bis kurz vor dem Dunkelwerden standen wir beisammen, bis auf einmal 2 Pferde kamen, sahen und weitergingen. Das Tor wurde hinter ihnen geschlossen, und dann waren wir innerhalb von Sekunden mit guten Wünschen und dem Versprechen am Morgen ein Lammfell vorbeizubringen alleine gelassen – sie hatten nur auf die beiden Rösser gewartet.
Die Hütte war dann unerwartet komfortabel: Zwei Räume, Matratzen, fließend Wasser und Strom sowie eine fast komplett ausgestattete Küchenzeile erwarteten uns. Hier fanden wir die Erholung die die Nacht davor ausgeblieben war, und als wir am nächsten Morgen in den kalten Regen traten waren wir umso dankbarer für unser behagliches Nachtquartier. Die Pferde draußen hatten es leider nicht so gut getroffen, und Cordobes stand zitternd vor Kälte im Regen. Wie dankbar er war als ich ihm einen Woilach und darüber einen BW-Poncho aufgelegt habe!
Zum Glück besserte sich das Wetter bis wir mit dem Frühstück fertig waren, und das versprochene Lammfell wurde uns tatsächlich gebracht!
Bis zur Mittagspause auf der Stöffl-Hütte blieben wir dann auch trocken. Nach einem ordentlichen Anstieg durch den Wald genossen wir die Aussicht über die Hochebene bevor wir dort einkehrten.
Der Rest des Tages war dann nur noch eines: anstrengend! Wir mussten bis Villanders, wo wir einkaufen und eine Unterkunft suchen wollten, 1500HM in kaltem Dauerregen absteigen. Da es immer wieder sehr steil und rutschig war oder auf Teerstraßen entlang ging, liefen wir. Während die Mulis bis auf gelegentliche Freßattacken tapfer marschierten bekam Sati zunehmend Schwierigkeiten. Ein weiteres Duplo ging ab, und obwohl sie zuhause im Schwarzwald ohne größere Probleme zumindest eine Zeit lang gut ohne Beschlag zurecht kam sah es hier ganz anders aus. Vermutlich war es einfach das nicht enden wollende Gefälle, jedenfalls mussten wir am Ortsrand von Villanders das Gepäck auf Pablo umladen damit sie es leichter hatte.
Und die Anstrengungen sollten noch lange nicht vorbei sein! Auf dem erstbesten Hof an dem wir vorbeikamen stellten wir unsere übliche Frage nach einem Stück Wiese, aber hier, wo jeder Grashalm nur dank Bewässerung wächst, ist trotz riesiger grüner Flächen quasi keine Weide zu bekommen. Es wird alles für die Kühe benötigt. Aber wir bekamen eine Wegbeschreibung zu jemandem der Pferdeboxen hat, also schleppten wir unsere müden Knochen weiter die Straße entlang und einen steilen Weg bergan. Leider umsonst, die noch leeren Boxen warteten nur auf die Ankunft ihrer Bewohner die noch heute von der Alm kommen sollten… Aber wieder gab es nach einigem Grübeln eine neue Wegbeschreibung: nur ein kurzes Stück zurück sei ein jetzt leer stehender Stall, die Besitzer seien vor einem Jahr verstorben, aber die Schwester wohne nebenan, da könnten wir fragen. Mit schmerzenden Gliedern und hungrigen Pferden gingen wir also das «kurze Stück» (etwa 2,5km). Und dann die Ernüchterung: keiner zuhause! Ein Gast der Pension konnte uns immerhin versichern dass Warten sich lohne, da die Wirte in der Kirche seien und das sicher nicht mehr lange ginge. Und tatsächlich, obwohl es mir wie eine Ewigkeit vorkam da ich kaum mehr stehen konnte fuhr bald ein Auto in den Hof. Und dann war die Erleichterung groß: wir konnten nicht nur ein Zimmer beziehen und die Pferde auf einer baumbestandenen Weide direkt unterhalb des Hauses unterbringen, wir durften auch ein paar Tage bleiben um endlich einen Hufschmied zu organisieren und auf Konnis Bruder zu warten, der uns einigen Nachschub liefern kommen wollte.
Das Thema Hufschmied wurde dann aber noch zum Krimi! Es war wie verhext, keiner konnte oder wollte kommen. Unser Timing war ungünstig, am kommenden Wochenende stand der Oswald von Wolkenstein – Ritt im nahegelegenen Kastelruth an, ein Großereignis, wegen dem die meisten Hufschmiede komplett ausgebucht waren. Aber ein Hufschmied konnte uns einen Kollegen vermitteln, der zwar kein Deutsch sprach, aber schon an unserem ersten Tag in Villanders kam. Wir wollten Sati zuerst machen lassen. Leider brauchen wir für sie im Moment eine Sedation. Beim letzten Beschlag vor dem Abritt kam ein Hufnagel etwas nah «ans Leben», und auch wenn das ansonsten keinerlei Folgen hatte sagt sie seitdem sehr deutlich NEIN zum Schmied…. Aber ich bin ja ausgerüstet, uns so zücke ich mein Fläschchen mit dem Wundermittelchen – und es ist leer, ausgelaufen! Der Schmied macht sich also erst mal an die Mulis, und ich versuche einen Tierarzt zu finden der mir spontan helfen kann, aber vergeblich… Nach einem fast zweistündigen Telefonmarathon ist klar: das wird heute nix mehr. Mutig versucht Francesco dennoch bei Sati etwas zu erreichen, aber wenn eine Kabardinerstute nein sagt sagt sie nein, das sieht er dann auch ein. Er macht uns Hoffnung dass er nochmal kommt wenn wir ein Sedativum haben, dann zieht er seiner Wege.
Am nächsten Tag schaffe ich es die nötigen Medikamente zu organisieren, die Kollegen sind durchaus hilfsbereit. Also versuchen wir unseren Schmied zu erreichen, aber er scheint sich tot zu stellen. Keinerlei Antwort, nicht mal eine abschlägige. Bis nach dem Frühstück am Freitag wissen wir nicht ob wir heute selber versuchen müssen Sati zu beschlagen. Dann hat unser Gastgeber noch eine Idee: er kennt jemanden im Ort, der ist zwar kein Hufschmied, beschlägt aber seine Pferde seit 10 Jahren selber. Und er kommt! Besser und schneller als wir bekommt er es auch hin, da frage ich dann nicht nach einem Zettel auf dem steht dass er es kann…
Jetzt sind alle 3 frisch beschlagen, diesmal mit Eisen, und unser Vorrat an Duplos ist für den nächsten «Reifenwechsel» dank Hubert wieder vollständig
Die gerissenen Taschen sind repariert, Pablo hat jetzt auch einen Lammfellgurt, der Rest Fell kommt an Vorder- und Hintergeschirre. Es hat zwar keiner offene Stellen, aber bei den Mulis sieht man doch teils deutlichen Haarbruch, und wir wollen schlimmeres verhindern, sie sollen uns schließlich noch eine ganze Weile schmerzfrei begleiten.
Wir haben auch nochmal einiges an Gepäck aussortiert um Gewicht einzusparen.
Wir sind mehr als bereit morgen endlich wieder zu starten!
Wir wünschen euch fünfen weiterhin einen guten Weg und noch viele solche netten Begegnungen wie bisher! Alles Gute euch allen!
Liebe Grüße,
Bernhard & Brigitte
P.S.: Sehr schön geschrieben alles, macht auch Spaß eure Blogs zu lesen.
Danke😊…. Da freut sich Bine ☺️