Traumkulissen und Schattenseiten

Nach unserer langen Zwangspause waren wir froh wieder unterwegs zu sein, jetzt mit dem fröhlichen Klappern von eisenbeschlagenen Hufen im Ohr.

Der Weg ins Tal war wie schon gewohnt mühsam, auf meist geteerten Wegen immer bergab. Aber auf der anderen Seite war damit Schluß! Wir saßen auf, und mit einer Power die ihresgleichen sucht haben uns unsere tapferen Vierbeiner auf die Trostburg getragen, dem Ausgangspunkt einer lokalen Großveranstaltung die dieses Wochenende stattfinden sollte, dem Oswald von Wolkenstein – Ritt. Endlich konnten wir mal in eine Burg reiten! 

Hier startet der Oswald von Wolkenstein – Ritt, eine malerische Kulisse. Im Stall der Burg standen sogar Pferde!Die Burg war am folgenden Tag der Start für die Teilnehmer, die von dort mit ihren Pferden zum ersten Austragungsort reiten sollten. Zum Glück gibt es hierfür einen extra ausgeschilderten Weg, so dass wir nicht weiter auf dem extrem steilen und mit großen, glatten Steinen befestigten Wanderweg reiten mussten.Wir stei es hier war kann man nur daran erkennen wir ich auf Cordobes sitzeDie Strecke war herrlich, teils über Wiesen, teils durch schmale Waldwege führten uns die kleinen roten Pfeile mit dem weißen Pferdekopf bis nach St. Konstantin, wo wir einen eher bescheidenen Platz im Roundpen mit rationiertem Heu und zu einem lächerlich hohen Preis ausschlugen, um nur wenig später das Paradies für unsere Pferde zu finden.Diese kleinen roten Pfeile führten uns auf meist traumhaften Wegen durch die zweite TageshälfteSo liefen sie am nächsten Tag gut gelaunt mit uns auf die Seiser Alm, Kulisse für so manches Wanderreiterfoto auf Facebook. Darauf freuten wir uns, endlich auch da reiten wo schon so viele ins Schwärmen gekommen sind!

Gruppenbild mit Kuh – da war die Seiser Alm so wie es sich für eine Alm gehört

Was soll ich sagen, ja, es ist eine schöne Landschaft, wenn man ein bisschen trickst bekommt man auch diese tollen Bilder hin.

Immer diese zu engem Durchlässe auf den Wanderwege! 😉

Man musste schon einen guten Moment abpassen um so freie Bahn für ein Foto zu habenAber: die Wege auf und über die Alm sind die reinsten Autobahnen, überall trifft man auf Touristen die ganz offensichtlich mit Bus oder Gondelbahn hoch gekommen sind, die Wiesen sind für die Pferde tabu da hier keine Almweiden sind, sondern Heu geerntet wird.

Um so freie Bahn für ein Foto zu haben müssten wir oft ganz schön Geduld aufbringen

Und hatten wir dann doch mal einen kuscheligen tollen Weg gefunden war er irgendwann nicht mehr für uns passierbar. Aber, jetzt waren wir auch mal dort.

Fragenden Blick: «Wo geht es jetzt weiter?»

Und haben sogar eine kleine Weide für die Nacht bekommen, ganz am Ende der Alm, da, wo schon wieder Kühe weiden dürfen. Zelten allerdings ist dort oben allerstrengstens verboten, und um unseren Gastgebern keinen Ärger zu machen haben wir unser Lager einfach in dem überdachten Eingangsbereich unserer Weide aufgeschlagen – das Gewitter um 5.00h Morgens hat uns dann leider gezeigt dass das Dach nicht dicht war, es wurde also ein etwas hektischer Frühstart.

Sieht gemütlich aus, würde aber ziemlich feucht am frühen Morgen

Zum Glück bekamen wir aber dann bei wieder trockenem Wetter ein opulentes Frühstück an der Hütte bevor wir wieder in den Sattel kletterten.

Die Gastgeber hörten irgendwie gar nicht damit auf immer mehr Essen herauszutragen… Genau richtig für Wanderreiter!

400 Kühe standen uns nun mehr oder weniger im Weg, aber nach einigen anstrengenden Kämpfen (Pablo war fast nicht durch die Herden zu bekommen weil er jeder Kuh persönlich guten Morgen sagen wollte) ging es dann doch zügig zur Plattkofelhütte.

Pablo hat die ersten freilaufenden Kühe ins Visir genommen – ab jetzt hieß es Zügel kurz und Beine ran!

Dank Pferdeparkplatz stand einem kleinen Imbiß nichts im Weg, und einen Übrrnachtungstip gab es vom Wirt noch gratis dazu.
Aber bis dahin stand uns noch ein harter Abstieg im Weg. Auf Nachfrage ob wir den direkten Wanderweg ins Tal mit unseren Equiden nehmen könnten meinte ein Almwirt nur: Na, sinns eh gländegängig? Das paßt schoa, müssts halt nur hier über die Wiesn gehn, sehts ja eh die Spuren von die Küh, weil auf dem Stickl Weg is der Zaun im Weg.

Unser erstes Murmeltier das wir mit der Kamera erwischt haben

Gesagt, getan. Oder besser: tun lassen. Helfen konnten wir unseren Equiden hier nicht mehr, an einem gefühlt fast senkrechten Hang kurvten sich die schmalen Trampelpfade der Kühe in engen Serpentinen hinunter. Aber wir mussten ihnen auch gar nicht helfen, außer auf die Sprünge dass es jetzt da runter geht. Die drei sind einfach der Hammer, ohne erkennbare Mühe waren sie bald unten, während ich als Nachhut noch über die letzten Kehren stolperte.

So bequem wäre der gesamte Weg gewesen, wir hätten nur den Zaun ein wenig anheben müssen…

Und das alles nur, um danach zu sehen dass wir den Zaun ohne weiteres für die drei hätten anheben und den deutlich bequemeren Wanderweg hätten nutzen können…
Ab jetzt war es dann nur noch anstrengend, aber nicht mehr schlimm. Es ging halt weiter steil bergab, und an unserem Ziel, einem kleinen Reitstall, waren wir mehr als platt. Doch dann die Enttäuschung: kein Platz für uns! Und der uns genannte Kontakt nicht da. Etwas verzweifelt machten wir uns auf die Suche, irgendetwas musste wohl mit der Wegbeschreibung schief gelaufen sein… Und wieder einmal zeigte sich wie gut es ist mit Menschen zu sprechen: ein einheimisches Paar konnte mit dem Namen Martino etwas anfangen, wusste, dass er in einem winzigen Ortsteil oben am Berg wohnte. Also ein Stück zurück und die paar Serpentinen hochgeritten. Martino war da oben schnell gefunden, nur leider hatte er dort bei sich auch keinen Platz. Aber dass unten am Stall (der ihm früher gehört hatte und an dem er immer noch Pferde hielt) für unsere drei kein Platz sein sollte ließ er nicht gelten.

Er beschrieb uns noch eine Abkürzung (über seine blühende Heuwiese und durch eine veritable Furt), dann fuhr er selber hin.Konni fand es gar nicht lustig dass ich für das Foto in seinem Weg stand – Sati schonAuf einem völlig mit Gras überwucherten ehemaligen Reitplatz, fest eingezäunt, durften wir endlich Feierabend machen!
Und Martino wäre kein Pferdemensch wenn er uns nicht wieder Ratschläge für den kommenden Tag gegeben hätte. Bequem ritten wir in einem ersten Flußtal südwärts, um in Moena Richtung San Pellegrino abzubiegen.Bandit fand diese Strecke genauso toll wie unsere Reittiere und wirDieses zweite Flußtal war dann nicht mehr ganz so gemütlich, es ging beständig bergauf, aber wie angekündigt fanden wir kurz vor der Paßhöhe einen netten Landwirt, dessen Frau sogar extra das eigentlich geschlossene Restaurant für uns öffnete, so dass wir uns mit Gnocchi mit Hasensoße und einem kühlen Bierchen stärken konnten.
Der Paßübergang war dann wenig spektakulär, und irgendwie war das geschlossene Restaurant vom Vortag der Vorbote von dem, was uns die nächsten Tage begleiten sollte: Alles wie ausgestorben, als gäbe es hier keine Sommer- sondern nur eine Wintersaison.Wieder mal einen Paß erklommen – Cordobes zeigt sich nur mäßig interessiertAb und an ein paar tapfere Wanderer, aber sonst liegt hier wohl alles im «Sommerschlaf». Oder der Sommer fängt hier noch später an als gedacht. Auch das bewirtete Refugio wo wir am Abend unser Lager unter riesigen Kiefern aufbauen durften hatte Ruhetag, aber für ein kleines Frühstück mit Apfelstrudel war am Morgen schon wieder geöffnet. Auf den heutigen Tag freute ich mich schon, ein schöner Bergsee mit tragischer Entstehungsgeschichte lag auf unserer Route. Im 18. Jahrhundert begrub ein enormer Felsrutsch mehrere Dörfer unter sich und staute das Flüsschen auf. Im so entstandenen See sind weitere Ortschaften versunken.Kein schöner Anblick. Das trug zusammen mit den Problemen bei der Quartiersuche nicht zu unserer guten Stimmung bei…Leider hat der Schnee dieses Jahr aber bei weitem nicht ausgereicht um den Wasserstand zu halten, und so sahen wir am frühen Abend nur einen traurigen Rest. Das passte zu unserer Stimmung. Auf dem Weg ins Tal hatten wir einen wunderschönen Pfad durch den Wald entdeckt, aber nach etwa 2/3 der Strecke lag ein mächtiger Baumstamm in unserem Weg.Hier war die Welt noch in OrdnungHier war erst mal Umkehren angesagtUnd das waren die letzten Meter auf der Alternativstrecke bevor es richtig abenteuerlich wurdeKeine Chance ihn zu zersägen, und in dem steilen Gelände auch keine Möglichkeit auszuweichen. Also zurück und die erste Möglichkeit Richtung Tal abbiegen. Dieser Pfad war noch schmaler und steiler, die Serpentinen wurden immer enger, und hier lag dann ein riesiger Wurzelstock über dem Weg! Sati passte noch gut durch, für Pablo wäre es eh kein Problem gewesen, aber mit Cordobes hätten wir sehr genau zielen müssen. Ich sage wäre und hätte, denn die Mulis hatten eine andere Idee. Konni hatte schon mit Sati versucht oberhalb der Wurzel zu passieren, war aber im tiefen Laub so unschön eingebrochen dass er es dann doch gelassen hatte. Leider war er mit Sati noch beschäftigt, und ich hatte auf den schmalen Wegen den Mulis die Führzügel am Sattel befestigt und sie frei vor mir laufen lassen, und so entschieden die beiden selbst: oben herum sollte es gehen. Ich konnte weder hinschauen noch wegsehen, habe die beiden schon abstürzen sehen, aber absolut unerschrocken haben die beiden die Stelle gemeistert!

Der Rest war dann zwar weiter eng, aber ein Kinderspiel, und im Ort angekommen hätte ich den Asphalt küssen wollen!
Dieses Abenteuer hat uns leider viel Zeit, Kraft und Nerven gekostet, und in Alleghe an besagtem Restsee gab es keine Chance auf ein Stück Weide. Und es wurde immer später, die Sonne ging schon unter. Dennoch mussten wir uns wohl auf den Weg wieder in die Höhe machen, dort ist es immer einfacher für uns. Aber bis zu dem eigentlich angepeilten Ziel waren es noch gute 5km, bis dahin wäre es dunkel. Und auch unterwegs bekamen wir nicht viel Hoffnung von den Anwohnern gemacht.
Bis wir dann, es war schon mehr als dämmrig, eine ältere Dame an der Straße sahen. Ich habe sie mit wenig Hoffnung angesprochen, aber Nella war unsere Rettung!Vor Nellas altem Kuhstall fand sich ein prima Platz für unser ZeltSie sprach nicht nur hervorragend Deutsch, sie überließ uns auch die Wiese neben ihrem Haus als Weide und Zeltplatz, und am Morgen bekamen wir in einem uralten, toll erhaltenen Bauernhaus noch einen leckeren Kaffee.In dieser uralten Küche wurde quasi nichts verändertDa dieser letzte Tag mit 28km doch recht anstrengend war ließen wir es danach ruhiger angehen. Nach nur 14km erreichten wir unser gestecktes Ziel, wieder ein bewirtetes Refugio. Leider auch nicht geöffnet, aber die Besitzer hatten überhaupt kein Problem damit dass wir zwischen den Kühen ein Stück Alm für uns einzäunen – leider hatten sie die Rechnung ohne den leicht jähzornigen Hirten gemacht, der uns sogar verbieten wollte den Wanderweg mit den Pferden zu nutzen, die Pferde würden seine Kühe verrückt machen!Lager mit AussichtAber es wurde schnell vermittelt und nur 2km weiter fanden wir ein wirklich wunderschönes Fleckchen auf der hier 2000m hohen Alm, mit tonnenweise bestem Gras und einem grandiosen Blick auf die umliegenden Berge, dazu völlig einsam und ohne Kühe.Vor ein paar Tagen noch, nach dem schwierigen Abstieg von der Plattkofelalm, waren wir beide «bergmüde» und froh über die Etappe in den Flußtälern. Aber im Moment genießen wir die Dolomiten nochmal in vollen Zügen, haben Glück mit den Wegen (naja, fast immer) und freuen uns jeden Abend über unsere tollen Nachtlager. Eine Weile werden uns die Berge ja auch noch begleiten. Hoffen wir dass sie es weiter gut mit uns meinen!

Navigator bei der Arbeit 😉