36° und es wird noch heißer…

Wir braten. In unterschiedlicher Intensität. Bandit ist mittlerweile gar, Konni und ich schmoren im eigenen Saft, Sati köchelt vor sich hin, Pablo weiß noch nicht so recht, und Cordobes scheint sich endlich wohl zu fühlen.

Nichtstun im Schatten – wir schwitzen trotzdem

Daher haben wir das Angebot «unseres» Hufschmiedes angenommen und sind von seinem Reitstall nur ein paar Kilometer bis zu seiner «Alm» geritten. Hier versuchen wir das Frischegefühl der Nachmittagsdusche so lange wie möglich im Schatten zu konservieren – mit wenig Erfolg. Wir hoffen die für das Wochenende angekündigten Gewitter kommen und bringen etwas Abkühlung, denn ab dem Mittag will sich (außer Cordobes) keiner mehr wirklich rühren. Dabei wollten wir doch endlich mal besser voran kommen wenn wir aus den Alpen raus sind! Aber irgendwie soll es nicht sein…

Bandit hilft bei der Routenplanung

Während unserer 2 Tage auf der Weide in Rottenstein haben wir in einer Kärntner Pferdegruppe eine Anfrage um Nachtquartiere auf unserer Route gestartet – mit durchschlagendem Erfolg.

Genußtag – auch für Pablo

Das erste Nachtquartier war allerdings nur 16km weiter. Egal, es liegt auf der Route, also wird es nicht ausgeschlagen. Nach einer eigentlich unnötigen, aber umso tolleren Mittagspause auf Marions kleinem Hof (dort wurden nicht nur unsere Tiere nach Strich und Faden verwöhnt, Beate hat uns auch noch eine Pizza ausgegeben) kamen wir noch immer gut erholt auf dem Ponyhof Nachbar an.

Er würde niiieee um Pizza betteln….

Ein Luxustag: Hier bekamen wir ein Zimmer mit Dusche und Abendessen. Auf das erhoffte Frühstück allerdings mussten wir verzichten, ein am Abend für uns gerichtetes Lunchpaket musste reichen – Beate wollte uns ein Stück begleiten auf unserer nächsten Etappe, die lang zu werden versprach: wir rechneten mit etwa 40km und der Tag versprach heiß zu werden, also saßen wir um 6.30h schon im Sattel.

Mit Beate auf dem direkten Weg durch das Waldlabyrinth – danke für die Begleitung!

Wären es doch 40km gewesen! Aber unsere Schätzung beruhte auf der Angabe von Google Maps. Wir schlagen da eh immer noch was drauf, aber dieses Mal deutlich zu wenig, denn die von Marion und Beate empfohlene schöne Strecke machte dann doch einen ordentlichen Bogen. Zum Glück hat Beate uns mit ihrer Norikerstute durch das Waldstück begleitet, wir hätten uns hoffnungslos verfranst und Zeit ohne Ende verloren – diese Ecke auf der Karte am Handy anzusehen war wie in einen Topf Spaghetti schauen: ein undurchschauberes Wirrwar an Wegen jegicher Größe, die in der Realität alle gleich aussahen!

Waldpasta, da kann man Zeit verlieren

Als Beate uns gegen halb zwölf verließ zeigte unser «Tacho» schon 24km an – leider waren es jetzt bis zu unserem angepeilten Ziel noch mindestens ebensoviele Kilometer… Ich war erst mal sprachlos, Konni entfuhr ein «Auf keinen Fall reite ich heute 48km!»

Ist er dann auch nicht. Es wurden 50km. Nachdem der erste Schock verdaut war und die Pferde endlich gefressen hatten wurde Kriegsrat gehalten. Schaffen wir das? Können die Tiere das? Wollen wir das überhaupt? Konni wollte dann wissen ob ich es versuchen würde, und ich hatte mittlerweile für mich entschieden daß ich es versuchen wollte – aber nur dann, wenn wir beide voll dahinterstehen, nicht wenn er nur mir zuliebe mitmacht. Aber er war auch bereit dazu, wir wollten wohl beide mal wissen was geht wenn man früh startet und konsequent voran macht. Nur hatten wir ein Problem: unsere Lunchpakete waren gegessen, und Hunger hatten wir längst wieder.

Sogar die Sonnenblumen wenden sich bei diesem Wetter von der Sonne ab und hängen nur rum…

Nur mit Powerriegeln halten wir das nicht bis zum Abend durch ohne uns irgendwann an den Kragen zu gehen, und weder ein Laden noch ein Gasthaus waren in Sicht. Bzw. ein Gasthaus schon, aber das hat die 70jährige Besitzerin Nana zu Coronazeiten endgültig aufgegeben. Warum ich das so genau weiß? Weil sie uns netterweise trotzdem verpflegt hat, nach Eierschwammerln mit Salat und Blaubeer-Topfen-Strudel waren unsere Lebensgeister wieder geweckt, und die Vierbeiner haben eine Extraportion Hafer bekommen, für den weiteren Weg. Nana kennenzulernen war fantastisch, trotz nicht wirklich harmloser gesundheitlicher Probleme strahlt sie eine Lebensfreude aus an der man sich ein Beispiel nehmen kann, und ihr eigentlich geschlossenes Gasthaus ist Treffpunkt für das ganze Dorf. Jeder zahlt was er möchte oder bringt mal einen Kasten Bier mit. Es tat uns leid daß wir uns nicht länger mit ihr unterhalten konnten, aber da waren ja noch die 25km…. Und die zogen sich. Vor allem weil es heiß war und wir Kilometer auf Kilometer nur Teerstraßen ritten. Irgendwann wußten wir kaum mehr wie wir sitzen sollten, aber absteigen und laufen war auch nicht viel besser, die steifen Knochen hatten keine Ahnung mehr wie Laufen geht… Aber die Vierbeiner waren der Hammer! Außer wenn der Hunger zu groß wurde liefen die Mulis und Sati wie die Uhrwerke, und sogar Bandit, dem das warme Wetter doch zu schaffen macht in seinem Pelzmantel, war nach den kurzen Schläfchen während der Graspausen wieder motivert bei der Sache.

Ich würde sagen die Tiere hatten sich ihr Futter verdient…

Am Ende waren es dann ziemlich genau 50km, um kurz nach acht kamen wir bei Gerit und Philipp an – müde und erschöpft, aber doch stolz auf uns und vor allem die Tiere! Wir wußten jetzt daß wir mit etwas Disziplin so eine Tagesetappe ohne Probleme für die Tiere schaffen können, wir wußten aber auch daß wir das ohne Not wohl eher nicht noch einmal machen würden.

Am nächsten Morgen dann der Schock: Bandit humpelt! Jämmerlich! War das gestern doch zuviel? Immerhin ist er schon 9… Vielleicht haben wir eine bisher symptomfreie Arthrose verschlimmert? Oder die Pfotenballen sind doch wund? Aber am Abend war er doch nach einem kurzen Päuschen noch wie ein Bekloppter hakenschlagend über die Wiese gerannt? Ähhhh, a propos Päuschen, da war doch was gewesen? Beim Absatteln der Pferde war er doch verschollen? Und Konni hat ihn vom Misthaufen geholt? Dem Misthaufen, der von Philipps und Gerits (übrigens fantastischer) Jausenstation mitgenutzt wird? Als ich statt der Pfoten und Gelenke dann den Bauch abgetastet hatte war alles klar: Bandit humpelte nicht wegen Schmerzen in Beinen oder Rücken, sondern er hatte sich schlicht und einfach den Magen verrenkt… Aber an weiterreiten war so natürlich nicht zu denken, und wir waren zum Glück einen weiteren Tag willkommen – daß die Reittiere bis zum Abritt am nächsten Morgen (Bandit war nach 12h Blähungen und etwas Durchfall wieder topfit) zu dritt einen halben Rundballen weggefressen hatten wurde mit einem zufriedenen Lachen quittiert.

Abritt bei der Jausenstation Zechner – kurzfristig mit aufgestockter Herde

Dennoch nahmen wir auf ihn Rücksicht, und einen schönen Platz in gemütlichen 10km Entfernung hatte Gerit uns auch organisiert, kurz vor knapp während des Sattelns, aber das war schließlich mehr als rechtzeitig. Das erste Stück hat sie uns mit ihrem Quarter und einer Freundin sogar begleitet, und die verbleibende Strecke war leicht zu finden. Wieder haben wir hier Menschen kennengelernt die uns ohne uns zu kennen so gastfreundlich und herzlich aufgenommen haben!

Konni hat im Garten der Pension Juri lecker gekocht – da war es am Abend noch richtig kalt

Und Gerda am folgenden Tag ebenso, wie alte Freunde wurden wir begrüßt, durften uns einfach bei ihr ausbreiten und im Garten unser Abendessen ernten, bekamen am Morgen ein üppiges Frühstück und am Ende sogar noch einen «Taxiservice» nach Wolfsberg zum Einkaufen.

Ein herrlicher Platz für eine Mittagspause

So kamen wir mal wieder erst gegen Mittag los, also wieder nix mit Kilometern machen, und Bandits Bauchgrimmen hatte uns ja auch schon wieder aufgehalten…

Zum Glück wurde der Teer schnell seltener

Aber immerhin fanden wir jetzt zunehmend schönere Wege in unsere Richtung. Die Weinebene selbst haben wir zwar rechts liegen lassen, aber wir fühlten uns fast wieder wie in den Alpen. Nur daß die kleinen Wanderwege und Trails für uns jetzt gangbare (und reitbare!) Strecken waren, es war herrlich! Ein wenig getrübt wurde das Vergnügen nur durch die vielen Viehgatter, von denen ein erheblicher Anteil mit Vorhängschlössern gesichert war – da ging einige Male ordentlich Zeit verloren bis wir weiter kamen.

Machst du endlich mal auf?

Konni fand es lustig: Da ich navigiere hat er das Handpferd, und dann bin natürlich auch ich diejenige die bei jedem Gatter ab- und wieder aufsteigen muss – und ausgerechnet heute ritt ich das erste Mal auf dieser Tour Sati.

So viel grün tut einfach gut

Wer uns schon länger kennt ein, daß Aufsteigen auf Sati bis vor Kurzem ein kitzliges Thema war bis und, im Gegensatz zu Konni, saß die Erinnerung bei mir noch tief – aber nach diesem Tag bin ich dann auch ohne Zögern überall auf sie geklettert. Nur mitten in der Kuhherde, die vor unseren Pferden bockend in vollem Galopp geflohen ist, war mir dann nicht mehr ganz wohl, und dankbar nahm ich den Hund zum Anlaß abzusteigen – Bandit hat die Kühe zwar nicht gejagt, aber aus Angst dann doch gebellt wenn ihm eine zu nahe kam, und die Almhütte war nur hundert Meter von uns entfernt.

Mitten durch die Kuhherde – im Moment sind wir in einer Art «Auge des Sturms», die Stampede ging weiter…

Prompt hörten wir auch schon laute Rufe von dort, die Worte konnten wir nicht verstehen, aber der Tonfall klang nicht gerade nett – bis die gebrüllte Litanei in gröhlendes Gelächter überging und Konni zu verstehen meinte, daß wir zur Hütte kommen sollten. Und dort ging der empörte Wortschwall von vorne los. Es dauerte einen Moment bis ich das steierische Lamento endlich verstand: Der Wirt war nicht etwa sauer weil sein Kühe in heilloser Panik vor uns flüchteten, er wollte uns sogar zum Viehtrieb engagieren, nein, er fand es einfach ein Unding daß wir an einer bewirteten Hütte vorbeireiten ohne Einzukehren!

Ich würde sagen Satis Kuhpanik ist Geschichte…

Und so saßen wir kurzerhand bei Bier und Radler zusammen, und der Zeitverlust wurde mehr als wettgemacht, indem er uns mal eben so ein kleines Stück weiter ein Nachtquartier auf der nächsten Almweide sicherte.

Der Brunnen auf dieser Alm förderte leider leicht grünliches Wasser – erster Einsatz unseres Wasserfilters

Und es sollte nicht aufhören mit den glücklichen Fügungen: Über noch mehr wunderschöne Pfade (am Jägersteig bei Neurath hat uns Cordobes mal wieder gezeigt, was ein mitarbeitendes Packtier wert ist, als er völlig gelassen zwischen zwei Geländern ums Eck über Wurzeltreppen bergab, mit je 1cm Platz auf jeder Seite für die Taschen, selbstständig manövriert hat, ohne anzustoßen) kamen wir in Grafendorf bei Wolfgang an, einem Bekannten von Thomas.

Endlich – das erste Lagerfeuer der Tour!

Auch hier wurden wir nach Strich und Faden verwöhnt, auf einmal hatten wir einen Hufschmied für den Folgetag (mittlerweile dringend benötigt) und das Auto für eine Fahrt nach Graz bekamen wir auch noch geliehen – endlich konnten wir unsere mehr als mitgenommenen Packtaschen ersetzen und neue Wanderschuhe für mich fanden sich auch (beim ersten Paar war mittlerweile leider die Sohle durchgelaufen, soviel zu der Frage ob wir die armen Reittiere den ganzen Tag reiten…)

Sturer als ein Muli und spontan zur Stelle: Hufschmied Alex Csar

Nichtmal, daß die Mulis am ersten Morgen plötzlich im sehr gepflegten Garten standen konnte unsere Gastgeber aus der Ruhe bringen, es wurde lachend für Frende und Familie fotografiert.

Der Hufschmied hat uns dann auch prompt noch zu sich eingeladen. Also war die Route für die nächsten Tage schnell geplant. Zu Beginn mussten wir über meist geteerte Feldwege reiten, aber dann fanden wir wieder schöne Waldwege. Gegen Abend wurde der Wald dann zu einem kleinen Problem: da findet sich schwer ein Übernachtungsplatz.

Die sich drehende Spirale war sehr gruselig, aber gemeinsam mit mir hat er sich dann vorbei getraut

Aber am Fischweiher von Windorf saßen die Angler beim Feierabendbier, wir waren schnell in die Runde integriert, und gemeinsam fand sich eine für uns perfekte Lösung: eine nur ein paar Minuten entfernte Lichtung durften unsere Hotties über Nacht kurz und klein fressen! Und obwohl wir an diesem Tag erst am Mittag losgekommen waren (ja, mal wieder…) liefen die Tiere so gut, daß wir bis zu diesem Weiher deutlich mehr als die Hälfte der Strecke zu Alex an diesem warmen Nachmittag geschafft haben.

Gemütlicher Abritt beim Reitstall, ist ja nicht weit heute

Zu Alex, dem Schmied, muss ich dann noch ein extra Wort verlieren. Ja, er hat uns eine Unterkunft in seinem Reitstall geboten. Und dann noch eine Übernachtung auf seiner Weide ein kleines Stück weiter. Das hat uns gefreut, und wir haben es dankbar angenommen. Und er war extrem spontan und kam sofort um unsere 3 neu zu bestohlen. Dafür sind wir noch dankbarer. Aber was uns am meisten beeindruckt hat war seine Sturheit. Konni gibt ihm hier 99,9 von 100 möglichen Punkten. Er hat Sati ohne Sedation beschlagen.

Die Hitze in Gratwein schlaucht trotz der kurzen Etappe alle, gut daß man an die Mur gut heran kommt

Mit genau dem richtigen Maß an Sturheit, «Gewalt» und Gefühl hat er es tatsächlich hinbekommen. Er hat seinen Blutzoll gezahlt, die noch nicht vernieteten Nägel haben ihm ein paar unschöne Löcher in den Waden eingebracht, aber er hat es geschafft. Hut ab dafür, auch wenn es uns aufgrund der Zeit die wir gebraucht haben um das Bad im Pool gebracht hat. Schade daß wir beim nächsten fälligen Beschlag wohl deutlich außerhalb seiner Reichweite sein werden…

Und nun sitzen wir hier gemütlich vor der Hütte, die Mulis und Sati grasen die Weide leer, und Konni hat endlich dringende Büroarbeiten erledigen können. Wegen der angekündigten Gewitter mit Hagel haben wir ein sicheres festes Dach der Ungewissheit, wo und wann wir unterkommen vorgezogen – in unserer geplanten Richtung soll es heute nicht nur einfach gewittern, es sind Sturm und Hagel angekündigt. Soviel zum Thema endlich flotter voran kommen. Aber auch wir konnten mal eine Pause brauchen, bisher hatten eigentlich immer nur die Tiere Pause, wir selbst waren dann immer mit Einkäufen, Reparaturen, Umbauten oder was auch immer zu tun war beschäftigt. Heute dürfen auch wir ruhen. In diesem Sinne, hier wartet ein Schattenplätzchen auf mich…