Heute hier – Morgen dort

Heute hier – Morgen dort

Heute will ich mal ein bisschen sachlicher schreiben: Wie finden wir eigentlich unseren Weg und unsere Quartiere, und wie gut klappt das?

Natürlich können wir auch ganz old school mit Karte und Kompass umgehen, aber sind wir mal ehrlich: wer will schon täglich mit der Papierkarte hantieren, wenn es auf dem Handy so viel einfacher geht? Außerdem hätten wir einen ganz ordentlichen Kartenverschleiß, wenn wir einen brauchbaren Maßstab nutzen wollen, das haben wir auf unserer ersten Tour vor 2 Jahren gemerkt. Durch eine Wanderkarte sind wir in ein, maximal zwei Tagen durchgeritten. Und gerade in Osteuropa kommen wir an diese Karten unterwegs auch gar nicht dran, sowas führen die Dorfläden einfach nicht. Also planen und navigieren wir per GPS auf dem Handy. Ein Garmin haben wir auch dabei, aber das nutzen wir bisher gar nicht. Das Display ist klein, die Bedienung gewöhnungsbedurftig. Für den Fall, daß die Handys und unsere beiden Powerbanks keinen Saft mehr haben oder starker Regen die Nutzung des Handytouchscreens unmöglich macht, ist es aber ein gutes Gefühl, ein Backup dabei zu haben.

Auf wanderreitkarte.de hört das Kartenmaterial kurz hinter der polnischen Grenze einfach auf.

Ja, und wie machen wir das jetzt konkret? Ich plane unsere Tracks ja am liebsten auf www.wanderreitkarte.de. Da bin ich die Bedienung gewohnt und kann ganz gut abschätzen, was geht und was nicht. Aber diese ansich tolle Seite hat zwei erhebliche Nachteile: Strecken über 100km kann sie nicht rechnen, und ab Polen gibt es dort kein Kartenmaterial mehr. Also musste ich quasi umschulen.

Der Gesamttrack an dem wir uns orientieren.

Eine Freundin hat mich in die Bedienung von Outdooractive eingeführt, und mit der Pro-Version kann man da schon recht gut planen, auch wenn ich einige Features von Wanderreitkarte vermisse. Dafür gibt es keine Beschränkung in der Länge der Tour. Und als Richtlinie habe ich auch einmal die komplette Strecke Schwarzwald – Riga auf dem Handy, alles, inklusive der entsprechenden Kartenabschnitte mit Reserve, offline verfügbar. An diesen Track halten wir uns «im Prinzip», wobei ich immer mal schaue, wo uns die Strecke so hinführt. Gerade die Überquerung von Flüssen lohnt einen zweiten Blick, denn die App wollte uns auch schon eine Eisenbahnbrücke nutzen lassen…. So wird die Route unterwegs immer wieder mal angepaßt und abgeändert, auch, wenn wir Einladungen etwas abseits unserer eigentlichen Strecke bekommen. Bis wir nach Polen gekommen sind, hat Outdooractive auch sehr zuverlässig die Art des Weges dargestellt, so daß ich problemlos zu viele Asphaltstrecken vermeiden konnte. Leider sind seit der polnischen Grenze diese Informationen nicht mehr zu bekommen, auch digitales Kartenmaterial ist hier kaum zu finden. Ein und dieselbe Wegekategorie laut Karte kann alles sein vom grasbewachsenen Feldweg über Sand- oder Schotterpiste bis hin zu Asphalt. So ist jeder Tag ein kleines Überraschungspaket

Nicht immer folgen wir akurat der Planung – so kann das Tracking am Ende auch aussehen

Auch ob die Wege dann wirklich da sind, wo wir sie erwarten, ist nicht selbstverständlich, allerdings haben wir gerade eine völlig andere Situation als vor unserer Ankunft in Polen. In Deutschland und Tschechien waren die Wälder oft ein kleiner Kampf: Wege verschwanden unauffindbar im Unterholz, Brücken waren unpassierbar, umgefallen Bäume zwangen uns zu abenteuerlichen Abstechern ins Unterholz. Oft waren wir froh, mal eine Weile ungehindert über Feldwege reiten zu können. In Polen war bislang noch jeder Waldweg, egal wie ungenutzt er am Einstieg aussah, problemlos passierbar, und es gab eigentlich immer deutlich mehr Wege, als die Karte vermuten ließ. Aber im «offenen» Gelände standen wir schon so manches Mal vor dem Problem, daß da einfach kein Weg mehr war. Finden wir stattdessen ein abgeerntetes Feld vor, dann reiten wir halt einfach weiter. Aber Maisfelder, besetzte Kuhweiden oder auf der Karte einfach nicht vorhandene, dichte Wäldchen zwingen zu so manchem Umweg. 

Daß das Kartenmaterial nicht immer so ganz aktuell zu sein scheint erschwert natürlich meine Planung. Was wir unterwegs immer wieder brauchen ist Wasser für die Tiere und Gras für die Pferde. Eigentlich habe ich mittlerweile einen ganz guten Blick dafür, wo sich eine Pause oder eine Übernachtung lohnen könnte, aber manchmal sieht es vor Ort ganz anders aus, als die Karte vermuten läßt: Bäche sind ausgetrocknet, Lichtungen aufgeforstet, Teiche eingezäunt. Meist vergleiche ich das Kartenmaterial von Outdooractive und von Oruxmaps, der App, mit der ich navigiere und tracke, mit der Satellitenansicht von Google Maps. Viel Aufwand, der sich aber oft rentiert. So bestimme ich oft schon am Morgen unser potentielles Zielgebiet für den Abend. Und damit sind wir schon beim nächsten Thema, der Quartiersuche. Auf einer so langen Tour ist es unmöglich, im Vorraus die Übernachtungen zu planen. Also wissen wir meist am Morgen noch nicht, wo wir die Nacht verbringen werden. Ich schaue nach dem Abritt, wie weit wir vermutlich kommen können. Da wir je nach Anspruch der Strecke, Startzeitpunkt, Wetter und Tagesform zwischen 20 und 35km am Tag schaffen, schaue ich mir die Gegend in ca. 20km Luftlinie Entfernung vom Start an. Liegt das mitten im Wald? Dann muss ich genauer planen: Müssen wir vorher stoppen, oder sollten wir es rechtzeitig durch den Wald schaffen? 

Schattenparkplatz vor dem Dorfladen – Diese Läden sind ein Segen für uns, so können wir uns mit Lebensmitteln versorgen, ohne in die Städte zu reiten.

Am liebsten sind uns gegen Abend kleinere Orte, gerne welche mit Dorfläden. Dort angekommen, fragen wir die erstbeste Person, die wir sehen, ob sie eine Idee hat, wo wir nach einer Wiese für die Nacht fragen können. Ein Verständigungsproblem gibt es eigentlich nur, wenn wir niemanden finden, der Deutsch oder Englisch spricht und wir keinen Empfang für den Übersetzer auf dem Handy haben, ansonsten kommen wir da sehr gut zurecht. Oft haben wir Glück, und schon die erste Anfrage ergibt ein tolles Quartier, manchmal müssen wir zwei oder drei Anwohner fragen, bis es klappt, oder werden «weitergereicht». Eine gute Methode ist es auch, eine Weile mit dem Tieren vor dem Dorfladen oder der Dorfkneipe zu stehen, da versammelt sich dann oft die halbe Einwohnerschaft und versucht alles, um uns einen guten Platz zu beschaffen. Und gelegentlich müssen wir gar nicht suchen, sondern werden quasi aufgelesen, und werden zum Bleiben eingeladen. Ein Horror für uns ist da immer die unangenehme Situation, wenn sich Menschen die größte Mühe geben, uns unterzubringen, aber der für die Pferde angedachte Platz einfach nicht geeignet ist. Wir kommen uns dann absolut undankbar vor, und ob wir unsere Ablehnung über den Translator taktvoll an den Mann oder die Frau bringen, keine Ahnung. Zum Glück passiert das nur selten.

Zusätzlich habe ich in einer polnischen Facebookgruppe unseren Track geteilt und um Tipps gebeten, und über diese Gruppe bekamen wir viele Einladungen. Viele waren leider komplett abseits unserer Route, aber einige haben wir angenommen. Und eine Weile sind wir in Westpolen dann von einem Gastgeber zum nächsten weitergeschickt worden, jeder kannte jemanden, der in unserer Richtung lag. 

Im Großen und Ganzen klappt das wunderbar. Natürlich gibt es bessere und schlechtere Unterkünfte, sowohl für die Tiere wie für uns. Und nicht immer ist es objektiv nachzuvollziehen, wann eine Unterkunft sich gut oder weniger gut anfühlt. Ich will beispielhaft drei Nachtquartiere näher beschreiben:

  1. Der «Lost place»

Wir kamen gegen Abend in einen kleinen Ort, und die junge Frau, die wir ansprachen, schickte uns etwa 2km weiter zum nächsten Dorf, dort sei ein Stall. Ein kurzer Check auf Google Maps: ja, ich konnte deutlich einen Springplatz erkennen. Dort angekommen waren wir allerdings erst nicht sicher, ob hier überhaupt noch Pferde leben. Die Zäune sahen marode aus, der Reitplatz heruntergekommen, neben einem Rohbau (so sah es jedenfalls aus) stapelte sich Schrott, auf dem ein paar Ziegen herumkletterten. Ein grasbewachsener Roundpen und ein paar rostige Container vervollständigten das Bild. Auf den zweiten Blick sah man aber überall Pferdeäpfel liegen, und stand da nicht ein Auto? Empfang ist hier auch, also den Translator bereit machen und mal nach jemandem suchen. Ja, hier gibt es noch Pferde, und ja, wir durften bleiben. Unsere Equiden bekamen den Roundpen und einen halben Rundballen gutes Heu (den haben wir natürlich außerhalb gelagert und nur so viel gegeben, wie sie auch fressen konnten), der Hund bekam Dosenfutter spendiert (ok, es war Katzenfutter, aber das sieht Bandit nicht so eng), und wir durften die Feuerstelle und die kleine Küche in einem der Container nutzen. Am Morgen wurden wir dann per Traktor noch über eine inoffizielle Route auf kürzestem Weg zurück auf unsere eigentliche Strecke geleitet. Hier haben sich alle wohlgefühlt, wir selber, Bandit und die Rösser. 

2. Der Grusel-Hof

Wir wurden völlig überraschend gegen Nachmittag im Wald eingeladen, über Nacht zu bleiben. Ein Autofahrer hielt bei uns an, als wir eigentlich gerade nach einem Platz für eine Graspause suchen wollten, denn endlich kamen wir aus diesem endlosen Wald heraus. Jetzt schon für die Nacht stoppen? Naja, so wirklich Lust auf Weiterreiten hatte keiner, weit genug gekommen, um unser für morgen geplantes Quartier zu erreichen waren wir auch, also warum nicht? Unser Gastgeber schickte uns querfeldein über das Land seines Bruders zu seinem Hof, während er selbst mit dem Auto über Schleichwege nachhause fahren wollte – für die offizielle Strecke habe er schon zu viel getrunken… Nun gut, stockbesoffen wirkte er nicht, und was hätten wir schon sagen sollen? Er war so stolz auf seine mageren Deutschkenntnisse, daß er sich standhaft weigerte, den Translator zu nutzen, was die Kommunikation natürlich nicht vereinfachte. Egal, wenn er eine gute Weide für die Tiere hätte wollten wir bleiben – und er hatte. 2ha bestes Weidegras, das sollte reichen. Daß uns hier nach langer Zeit mal wieder ein Bier gereicht wurde, bevor wir eine Chance hatten, abzusatteln, hat uns jetzt weniger überrascht… Relativ schnell kam das Thema Wolf zur Sprache, schon seit einigen Wochen hören wir immer wieder von auf der Weide getöteten Rindern. Unser Gastgeber hat da seine eigene Lösung: die Kalaschnikow. Konni fragte da nochmal genauer, ja, er hat eine echte Kalaschnikow. Die hat er auch benutzt, um andere Probleme zu lösen: das Kalb mit gebrochenem Bein, oder seinen Hund, der ihm die Rebhühner tötet…. Nachdem wir die Weide verlassen und den eigentlichen Hof betreten hatten fiel uns dann ein dezenter Verwesungsgeruch auf…. Eigentlich sollte das reichen, um die Pferde eilig wieder zu beladen und die Flucht zu ergreifen, aber dieser Mensch hat uns nicht wirklich Angst gemacht. Bandit jedenfalls fand die Teile des Kalbes, die er entdeckte, recht appetitlich. Da wir aber im Haus schlafen sollten (in dem Zimmer, in dem offensichtlich der krebskranke Vater bis zu seinem Tod gepflegt worden war), wollten wir keine Sauerei riskieren und haben Bandit dann an die Leine gelegt. 

Neben tonnenweise Hafer für die Pferde und einem Nachtlager wurde uns dann auch Abendessen angeboten – das musste Konni dann allerdings selber kochen. Eine wilde Mischung aus frischem Gemüse aus dem Garten, eingemachtem Letscho, Fleisch und Reis ergab eine ausreichende Mahlzeit für alle, und reicht unserem Gastgeber wohl noch zwei weitere Tage. Außer Bier hätten wir auch noch etwas zum Rauchen aus dem eigenen Garten bekommen können, was wir nicht nur aufgrund des etwas mitgenommenen Eindrucks seiner Pflanze abgelehnt haben… 

Unser Gefühl an diesem Ort war irgendwie zwiespältig. Alle waren bestens versorgt, aber die Stimmung war seltsam. Bis Ende letzten Jahres war dies wohl noch ein 300ha-Hof. Aber im November war der Vater nach langer Krebserkrankung gestorben, die Mutter ist in die Stadt gezogen, der Hof wurde aufgeteilt. Nun sitzt dieser Mensch, der 15 Jahre lang in ganz Europa LKW gefahren ist und keine Familie hat, auf diesem Restchen Hof, weiß nicht wirklich etwas damit anzufangen, lebt mehr schlecht als recht von Gelegenheitsjobs im Gartenbau, und ist offensichtlich Alkoholiker. Was aus ihm und diesem Anwesen wohl wird?

3. Der Nobelstall

Den Tip für diese Unterkunft haben wir über die polnische Facebook-Gruppe bekommen. Ein kurzer Anruf, ja, sie haben Platz, wir dürfen gerne für zwei Nächte kommen. Sogar ein Zimmer über dem Stall gibt es für uns. Die Homepage sah vielversprechend aus, und da auch Reiterferien angeboten werden, hofften wir auf die Möglichkeit, uns vor Ort zu verpflegen. Leider war dies während des Wochenendes aber nicht möglich, also machten wir einen kleinen Umweg über den einzigen für uns auf dieser Tagesetappe erreichbaren Laden – der kleine Umweg machte leider ruckzuck aus 24km gute 30km, weil wir die vielbefahrenen Schnellstraße irgendwie vermeiden mussten, und die geplanten Feldwegen zum Teil wieder einmal nicht vorhanden waren. Egal, wir waren früh gestartet an diesem Tag, und so kamen wir gegen 17.00h am Stall an. Leider fühlte sich dort irgendwie so gar niemand für uns zuständig, die Besitzerin, mit der ich unseren Aufenthalt besprochen hatte, war mit ihrer Tochter auf einem Turnier, der Sohn war nicht da, die Reitlehrerin gab Unterricht. Ein Einsteller erbarmte sich schließlich und versuchte zu helfen, als dann doch der Sohn auftauchte. Er zeigte mir einen großen Paddock, in dem eine leere Heuraufe stand. Heu sei zur Genüge im Stall (ja, dort standen mehrere offene Rundballen), eine Schubkarre würde er uns geben, und Wasser müssten sie dann bringen. Unser Zimmer, die Sanitäranlage und einen Platz für unsere Ausrüstung zeigte er mir noch, und dann war er wieder weg. Also, erst mal absatteln. Aber auch, als die Pferde schon in die relative Freiheit entlassen waren, standen wir etwas hilflos da. Mutter und Tochter waren in der Zwischenzeit zurückgekommen, hatten im Vorbeifahren begeistert unsere Tiere auf dem Paddock bestaunt, aber es kam niemand auf uns zu. Da unsere 4 nach 15km in der Sommerhitze hungrig und durstig waren, haben wir uns einfach selbst geholfen. Ein Bottich stand herum, den haben wir requiriert, der nette Einsteller hat uns seine Eimer geliehen, und Schubkarren fanden wir selber. So waren unsere Rösser endlich versorgt. Es wurde schon dunkel, als wir endlich auch für unser leibliches Wohl sorgen konnten. Ja, wir haben hier alles, was wir brauchen: Betten in einem klimatisierten, sauberen Raum, Dusche und WC, einen überdachten Sitzbereich zum Kochen und Essen, einen sicheren Platz für die Pferde, gutes Heu und Wasser, so viel wir wollen. Und die Stallungen sind das ordentlichste, sauberste und gepflegteste, was uns in Polen bislang begegnet ist. Aber so richtig wohl fühlen sich weder die Pferde noch wir. Bisher waren wir ja von der polnischen Gastfreundschaft mehr als überwältigt – hier sind wir völlig verwirrt ob dieser offensichtlichen Gleichgültigkeit. Es ist uns nach Pausentagen oft sehr schwer gefallen, wieder weiter zu reiten, das wird morgen wohl nicht das Problem sein. 

Ja, wir sind jeden Tag gespannt, wo wir wohl unterkommen. Und in zwei oder drei Tagen kommt eine ganz neue Spannung dazu: wie werden die Menschen in Litauen wohl sein? Gibt es dort gutes Gras? Können wir vielleicht sogar mal wieder wild campen? Oder ist dort, wie in Polen, alles Land privat, wo Gras wächst? Wie viele Dorfläden gibt es, und finden wir vielleicht mal wieder Gaststätten, um unterwegs einzukehren? Funktioniert meine Routenplanung dort wie gewohnt, oder müssen wir komplett umdenken? Wie gut ist unser Kartenmaterial? Wie funktioniert die Kommunikation mit den Menschen? So viele offene Fragen, auf die es im Moment nur eine Antwort gibt: Es wird sich fügen!

Abenteuer Weitreiten

Abenteuer Weitreiten

Abenteuer Weitreiten

Wir sitzen in einer kleinen tschechischen Kneipe, in der wir vor 2 Tagen eine der besten Pizzen unseres Lebens gegessen haben, und müssen erfahren, daß es wegen einer Großbestellung 2 Stunden dauert, bis wir essen können. Um uns beginnt nach dem bisher heißesten Tag, den wir mit leichten Arbeiten oder schlafend hauptsächlich im Schatten verbracht haben, ein vermutlich etwas eskalieredes Gewitter. Aber wenn wir eines haben, dann ist es Zeit. Außer ins Zelt zu kriechen haben wir heute nichts mehr zu tun, also warten wir. Die Pizza ist es definitiv wert.

Ja, der Sommer ist da. Und mit ihm Hitze und die nervigen Insekten. Jetzt müssen die Fransenteile zeigen, was sie können, und sie können einiges. Aber was mich am meisten nervt sind die kleinen Mücken, die mir mit schönster Regelmäßigkeit in die Augen fliegen – und das Autan ist offensichtlich Zuhause geblieben… Aber unsere Gastgeber in Dubany, Misa und Petr, sind unglaublich. Völlig selbstverständlich macht Misa mit uns eine Shoppingtour nach Pardubice, erst in ein Reitsportgeschäft, dann zu Dekathlon. Großeinkauf! Und auch sonst lassen sie keine Wünsche offen, dafür aber ihre Haustüre, damit wir jederzeit auf die Toilette oder unter die Dusche können, was wir weidlich ausnutzen. Wann haben wir uns zuletzt so sauber gefühlt?

Diese Pause war aber auch dringend nötig. 10 Tage sind wir jetzt am Stück geritten, und es waren fordernde Tage. Erst war es immer wieder naß, so daß wieder einmal die Schlafsachen kaum mehr trocken zu halten waren, dann kam die Hitze, quasi von heute auf morgen. Und wir reiten mittlerweile durch eine Region, die dominiert wird von Getreidefeldern und riesigen Heuwiesen, also ist die Quartiersuche jeden Abend eine Herausforderung. Mittlerweile sind wir dazu übergegangen, gegen Abend, wenn möglich, eine Dorfkneipe anzusteuern. Bei einem kleinen Bier fragen wir dann in die Runde, ob jemand eine Idee hat, wo wir unterkommen können. Das klappt zum Glück meistens sehr gut. Aber nicht immer liegt gerade eine Dorfkneipe auf dem Weg, und einen Abend vor unserer geplanten Ankunft in Dubany wollten wir nur «noch schnell» Tremosnice und den darauf folgenden Aufstieg hinter uns bringen, um dann eine Wiese zu suchen. Der Anstieg wurde dann nach bereits 30km und hungrigen Pferden ein echtes Abenteuer. Der zunächst nette Pfad entlang eines Baches wurde immer felsiger und enger, längst waren wir abgestiegen und ließen alle bis auf das vorderste Tier frei laufen. Umgestürzte Bäume zwangen uns teilweise in das steinige Bachbett, immer wieder mussten die Tiere darüber springen. Ich bin immer noch sprachlos, wie selbstverständlich alle 4 diese knochenbrecherischen Passagen meisterten! Und dann war nach etwas mehr als 2/3 der Strecke Schluß, die Bäume waren einfach nicht mehr passierbar mit Pferden. Also alles wieder zurück, und das, bevor die Dämmerung einsetzt, denn sonst wäre es wirklich gefährlich geworden. Aber zurück am Fuß des Berges, kurz vor dem Stadtrand von Tremosnice, sahen wir weit und breit nichts als abgemähte Heuwiesen, kein Futter für unsere hungrigen und müden Partner.

Und dann traf uns das Wanderreitkarma mal wieder mit voller Wucht: die ersten Menschen, die wir im nahen Dorf ansprachen, hatten Nachbarn mit Pferden. Telefonisch haben sie niemanden erreicht, also liefen sie kurzerhand mit uns zu dem Platz, wo die Pferde standen. Und dort bekamen wir nicht nur eine Wiese mit Gras satt, sondern auch ein trockenes Plätzchen für unseren Schlafplatz, außerdem eine genaue Beschreibung, wie wir ohne Umweg auf sicheren Wegen den Berg erklimmen können. 

Dieses Erlebnis war aber nur die Krönung dessen, was Tschechien uns in dieser doch eher flachen Landschaft an Problemen bereitet hat. Solche Schwierigkeiten erwarten wir im Gebirge, aber nicht in dieser sanften Hügellandschaft. Aber auch wenn Tschechien über ein formidables Wanderwegenetz verfügt, und wir teilweise über viele Kilometer sogar ausgeschilderten Reitwanderwegen folgen können, so sind die übrigen Wald- und Feldwegen oft ganz anders, als in der Karte angegeben. Und selbst die sogenannten Wander- oder Reitwege sind oft quasi nicht existent, selbst wenn wir Markierungen an den Bäumen finden. Oft genug werden Wege an Feldrändern von den Landwirten einfach in ihre Felder integriert – es macht echt Spaß (nicht!), mit Pferden durch ein Weizen- oder Maisfeld zu reiten… Oder es ist im Prinzip ein Weg da, aber er wird nicht gemäht. Ich sende oft ein Dankgebet an meine Lederhose, aber wenn die Brennnesseln mannshoch auf dem Weg wachsen muß man trotzdem gut aufpassen, wo man die Zügelhand hat. Oder der Wanderweg führt über einen tiefen Bach. Keine Brücke hilft bei der Überquerung, nein, der geneigte Wanderer möge bitte 5m über den dicken Baumstämme balancieren…. Erkläre das mal einem Kabardiner oder Muli…

Aber wenn es nicht gerade extrem sumpfig ist, machen unsere 4 mittlerweile viel mit. Aber da war diese eine Stelle, im eigentlich ebenen Waldstück. Eine tief eingeschnittene Rinne querte unseren Pfad, offensichtlich eine seit Ewigkeiten nicht mehr genutzt Fahrspur. Eine steile Böschung führte über eine Abbruchkante 3m in die sumpfige Tiefe, ein Horror. Mit sehr viel Mühe bekamen wir nach und nach alle überredet, uns zu folgen, nur um 10m weiter eine wirklich gefährliche Stelle vorzufinden: ein weiterer Graben, nicht so tief, aber ebenfalls sumpfig, und voll mit abgebrochenen Stämmen und Ästen. Ich konnte die Weigerung von Cordobes an dieser Stelle voll verstehen! Und zu allem Überfluß begann es in genau diesem Moment, heftig zu regnen. Na wunderbar, gefangen im Sturzregen zwischen zwei nahezu unpassierbaren Gräben… Ich überließ Konni mit den Tieren seinem Schicksal, wo sollten sie auch hin, und suchte nach einer Alternative. Zum Glück konnten wir die gefährliche Stelle umgehen, und die Wiese, über die wir zurück zum Weg gingen, war bereits gemäht. Hätten wir durch reifes Heu stapfen müssen, in diesem Moment wäre es uns egal gewesen!

Aber nicht nur die Wegführung treibt unerwarteterweise im Moment regelmäßig unseren Puls hoch, vor ein paar Tagen hatten wir eine zumindest für ein paar Augenblicke spannende Begegnung. Wir bogen im Wald um eine Ecke, der Weg war komfortabel breit, und sahen in einiger Entfernung vor uns ein Tier. Wie angewurzelt blieben unsere Reittiere stehen. Und dann dachte ich, ich höre nicht recht. Konni, der vor mir ritt, meinte: Oh, das ist ein Wolf….

Ja, das konnte sein. Er war noch ein gutes Stück entfernt, aber die Statur und Erscheinung passt, und er hatte einen sehr lauernden Ausdruck. Und auch wenn ich immer etwas großspurig sage, daß ich vor Begegnungen mit Wölfen oder Bären keine Angst habe, ging mein Puls in diesem Moment doch hoch. Würden die Pferde gleich durchgehen? Würde der Wolf angreifen? Ich beschloß, natürlich erst, nachdem wir ein Foto geschossen hatten, in die Offensive zu gehen und begann laut zu rufen, Konni stimmte mit ein. Als dann der vermeintliche Wolf auf uns zu kam, sahen wir, daß es zum Glück doch nur ein Hund war, sogar ein Halsband konnten wir bald erkennen. 

Ja, die Abenteuer scheinen nicht abzureißen, aber solange sie so gut ausgehen…

Und heute haben wir dann an ein kleines Abenteuer unserer letzten Tour anknüpfen können: Vor 2 Jahren haben wir in den tschechischen Wäldern im tiefsten Schlamm einen Endurofahrer getroffen, der seine schwere KTM in einer tiefen Pfütze versenkt hatte, und völlig erschöpft von vergeblichen Befreiungsversuchen am Wegrand saß. Mit vereinten Kräften und mit Hilfe unseres Notfallseils konnten wir ihn befreien. Und heute hat er uns in unserem Pausenquartier besucht. Dank Facebook hat Simon gesehen, daß wir keine 40km entfernt von seinem Zuhause sind, und so hat er sich an seinem freien Nachmittag auf den Weg zu uns gemacht. Es war uns eine echte Freude, diesen tollen Menschen wiederzusehen! 

Noch immer warten wir auf unsere Pizza, aber das große Gewitter scheint uns zu verschonen, mehr als etwas Donner und einem kurzen Nieselregen gab es bisher nicht. Ab morgen wird es zum Glück nicht mehr so heiß, und so wollen wir versuchen, diese landwirtschaftlich geprägte Region so schnell wie möglich zu verlassen, Polen wartet schon auf uns. Und wie schon so oft zuvor wird es uns wieder schwer fallen, unsere tollen Gastgeber zu verlassen, aber wir wollen schließlich zu Tina, also heißt es morgen Früh nach zwei trotz aller Erledigungen erholsamen Tagen wieder: Back on track!

Menschen

Wir werden oft gefragt was das Beste an unserer Reise ist:Es sind die Menschen denen wir begegnen. Ja, viele dieser Begegnungen kosten uns viel Zeit, führen dazu, daß wir nicht so voran kommen wie wir es uns vorgestellt haben, aber die Zeit die wir mit diesen tollen Menschen verbringen dürfen ist so viel wertvoller als das Erreichen irgendeines Zieles.
Wir haben in den letzten knapp drei Wochen viel erlebt: Dürre, Hitze, Gras- und Wassermangel, aber auch den Himmel für Wanderreiter und Dauerregen. Wir sind in brütender Hitze über die schattenlosen pannonischen Ebenen geritten, und tagelang durch schattige Bergwälder, über breite Schotterwege und schmale Trampelpfade. Wir haben an einem Schloß übernachtet und unser Lager bei einsetzender Dunkelheit auf einer abgemähten Heuwiese aufgeschlagen.
Und wir haben enorm viel Gastfreundschaft erfahren. Von ein paar Erlebnissen möchte ich heute einmal erzählen, sie stehen beispielhaft für viele andere!

Frühstück im Regen

In Ungarn waren wir gegen Abend auf der Suche nach einer Unterkunft. Ich wusste noch, daß uns jemand auf Facebook eingeladen hatte, aber ich konnte den entsprechenden Beitrag mit dem Kommentar nicht mehr finden. Also doch Klinken putzen… Wir fanden einen kleinen Reitstall, der sich der Working Equitation und der klassischen Reitlehre verpflichtet hat, und Konni ging auf den Hof um um Unterkunft anzufragen. Ich wartete mit den Tieren derweil vor dem Tor. Nach kurzer Zeit kamen Konni und die Hofbesitzerin lachend um die Ecke – es war genau sie die uns eingeladen hatte! So konnten wir uns direkt häuslich niederlassen, die Pferde bekamen eine kleine Weide und Heu, und wir durften unser Lager in der Reithalle, nein, sorry, im Mehrfamilienzelt, aufschlagen. Mehrfach hat Yvonne uns im Laufe des Abends eingeladen gerne auch länger als eine Nacht zu bleiben, aber wir hatten mittlerweile eine Verabredung – dazu später – und mussten in den nächsten zwei Tagen insgesamt 55km zurücklegen. Also hieß es am Morgen früh aufstehen, alles packen, Kaffee kochen und die Tiere beladen. Nur daß wir soweit nicht kamen. Also zum beladen. Denn Yvonne ließ uns förmlich keine Wahl: Das Angebot uns am Nachmittag in die Therme und die Rösser am nächsten Tag mit den Pferdehängern nach Illmitz zu fahren konnten wir einfach nicht ausschlagen! Und so genossen wir ihre Gastfreundschaft und die Therme, ritten am Abend eine Runde auf ihrem Trailparcour, nahmen am nächsten Vormittag ihre Tochter auf einen ausgiebigen Ausritt mit und kamen dennoch pünktlich zu unserer Verabredung.

Yvonne, die uns zum Thermenbesuch «genötigt» hat – danke für die tollen Tage

Achja, die Verabredung: Wer unseren Blog schon länger liest erinnert sich vielleicht, daß wir aufgrund von Neuschnee die Pferde am Reschenpaß verladen hatten. Der Hänger gehörte Monika, die wir bis dato nur über Facebook kannten und die zufällig zeitgleich mit uns in dieser Gegend ein paar Tage reiten wollte. Wir verbrachten in Nauders mit ihr und ihrem Begleiter einen netten Abend, dann ritt jeder seines Weges. Nun waren wir auf dem Weg zu Yvonnes Stall schon den ganzen Tag am Grübeln: Sollten wir auf direktem Weg zum Neusiedler See reiten, oder nehmen wir die Einladung eines ungarischen Reitstalls an, was uns einen Umweg von ein paar Tagen kosten würde? Beide Optionen hatten Vor- und Nachteile, wir konnten uns einfach nicht entscheiden. Da klingelte am späten Nachmittag Konnis Telefon: Monika rief an, sie hätte ein paar Tage frei, ob sie eine kurze Weile mit uns reiten dürfe? Unsere Überraschung war groß, unsere Freude sie wiederzusehen nicht weniger, und so war schnell alles geplant, und uns unsere Entscheidung abgenommen: die Zeit reichte nicht um den Umweg zu reiten und Monika zu treffen.

Keine zünftige Kutschfahrt ohne Einkehrschwung

Die Tage mit ihr und ihrem Pferd Johnny waren toll! Es ist ja immer ein gewisses Risiko mit fremden Reitern unterwegs zu sein, aber es harmonierte bestens zwischen uns, und Monika war wirklich eine angenehme, unterhaltsame und immer gut gelaunte Begleitung. Und das, obwohl sie am ersten Tag von ihrem bockenden Pferd fiel und sich am Arm so blöd verletzte, daß sie zwei Wochen später deswegen ins Krankenhaus musste! Als sie uns nach vier Tagen wieder verlassen musste haben wir sie vermißt…

Die Lacken im Seewinkel waren fast alle ausgetrocknet

Bei über 30° und kaum Schatten auf der Strecke das Beste was man tun kann: eine ausgiebige Mittagspause

Unsere ersten Tage in der Slowakei waren ein wahr gewordener Wanderreitertraum: schattige Wälder, immer wieder Lichtungen voll mit üppigem Gras, Quellen mit Trinkwasser, schönste Waldwanderwege. Wir konnten unser Lager aufbauen wo wir wollten, konnten unser Glück kaum fassen. Leider hatten wir die kleinen Karpaten aber bald hinter uns, und die Trockenheit hatte uns wieder im Griff: die Wiesen abgemäht, nichts nachgewachsen, die Quellen vertrocknet.

Frisches Gras fanden wir hier nur selten

Es wurde immer schwieriger die Tiere gut zu versorgen. Einmal fanden wir zum Glück einen kleinen Reitstall, wo wir mehr als großzügig mit Futter und Wasser versorgt wurden, aber nach einem Abend, an dem wir erst im Dunklen ein Notquartier auf einer abgemähten Heuwiese errichteten einfach weil wir dort aus einem kleinen Fischweiher Wasser für die Tiere schöpfen konnten beschlossen wir, uns ab jetzt schon am frühen Nachmittag nach einer Bleibe umzusehen. Am nächsten Tag kamen wir durch das Dörfchen Hrachovista.

Auf der Dorfstrasse von Hrachoviste haben wir bleibende Eindrücke hinterlassen

Hier wollten wir uns im Dorfladen mit Lebensmitteln versorgen, und dann die Augen offen halten nach einer geeigneten Wiese. Mitten auf der Hauptstrasse wurden wir von einer netten Dame angesprochen, die üblichen Fragen nach woher und wohin wurden gestellt, zum Glück konnte sie prima deutsch. Dann verselbstständigten sich die Dinge irgendwie: zuerst bestand Eleonora darauf, uns beim Einkauf zu helfen, dann lud sie uns auf einen Kaffee zu sich ein. Ehe wir uns versahen hatte sie das Stück sattgrüne Wiese hinter ihrem Garten für uns organisiert, und eine Nachbarin bestand darauf uns zum Frühstück auf einen Kaffee einzuladen. Wir konnten duschen (nach einer Woche ohne diese Möglichkeit war das mehr als willkommen) und sogar eine Ladung Wäsche waschen – auch das war mittlerweile dringend nötig.
Eleonora hat uns in dieser unwirtlichen Gegend wirklich zu einem Traumquartier verholfen!

Ruine über Bolinka – wir haben uns nicht getraut hinein zu reiten, zu viele frisch gefallene Steine lagen am Boden…

Von Hrachoviste aus waren es nur etwa 20km zu einem der wenigen Reitställe die wir ausfindig machen konnten, und obwohl Reitställe leider selten sehr gastfreundlich sind (ein großes Dankeschön an dieser Stelle an all die Reitställe die es eben doch waren, es gibt sie durchaus) wollten wir unser Glück versuchen. Dort gäbe es immerhin Heu und hoffentlich auch etwas Hafer, denn unser Vorrat war fast aufgebraucht. Und mit etwas Glück könnten wir auch länger bleiben, es war allen anzumerken daß mal wieder ein Pausentag fällig war.
Am Stall sprach leider niemand deutsch oder englisch, aber eine junge Frau, Sarah, die auf ihre Reitstunde wartete, bot ihre Dienste als Dolmetscherin an. Es war unser Glück daß ihre Reitstunde wohl vergessen worden war, sonst wäre sie bei unserem Eintreffen längst wieder weg gewesen. Leider haben wir den Gedanken dort mehrere Nächte zu verbringen schnell aufgeben müssen, unsere Tiere hätten fast durchgehend in Boxen stehen müssen. Eine Nacht geht das, aber länger auf keinen Fall. Aber die nette Sarah hatte schnell einen Plan: Wir durften für drei Nächte ihre Zweitwohnung beziehen, und die Pferde durften auf ihrem noch unbebauten Baugrundstück in der Nähe bleiben. Vom Reitstall dorthin war es nur ein kurzer Ritt von 12km, die wir sogar ohne Gepäck zurücklegen konnten. Drei Nächte in einer Wohnung, mit Küche, Bad und Waschmaschine – Luxus pur! Sogar den dringend benötigten Spiritus für unseren Trangia-Kocher fanden wir hier in Stará Turá endlich, gar nicht so leicht in der Slowakei (danke, Lenka, deine Idee mit dem Baumarkt war Gold wert!).

Bei dieser netten Familie in Stará Turá wurden wir und die Tiere verwöhnt – übrigens liebe ich diesen Ortsnamen!

Unerwartete Einkehr

Und Sarah hat nicht nur uns bestens untergebracht, sie hat viel Zeit und Mühe investiert um unseren Pferden auf der doch etwas kargen Fläche Wasser, Heu und Kraftfutter zu organisieren. So konnten wir gut erholt, mit frisch gewaschener Kleidung und wieder duftenden Schlafsäcken auf ausgeruhten Reittieren in unser nächstes Gebirge aufbrechen, die weißen Karpaten.Nur daß dieser Aufbruch wieder einmal nicht so flott ging wie gedacht, kaum hatten wir Stará Turá hinter uns gelassen wurden wir mal wieder «aufgelesen»: ein älteres Ehepaar beim Autowaschen hielt uns an, sie sprachen sehr gut deutsch, und schon saßen wir bei Kaffee, alkoholfreiem Bier, Keksen und Wassermelone im Schatten und hielten ein ausgiebiges Schwätzchen…Naja, irgendwann hatten wir es dann geschafft, wir waren in den weißen Karpaten. Unser erster Anlauf war direkt deren höchster Gipfel, und die schattigen Waldwege hatten uns wieder. Nicht ganz an der geplanten Strecke, aber auch ohne großen Umweg zu erreichen, fanden wir auf der Karte einen kleinen See. Den wollten wir ansteuern, dort hätten wir auf jeden Fall Wasser, und evtl ja auch etwas Gras. Ja, wir hatten. Direkt am Ufer konnten wir ein Stück Weide abzäunen, mit direktem Zugang zum Wasser für die Tiere. Wir selbst hatten ein ebenes Stück daneben wo wir im mittlerweile einsetzenden Regen unser Zelt aufbauten, und oberhalb des Sees gab es ein paar Häuser, wo wir um Trinkwasser für uns bitten konnten. Bevor wir aber mit unserem Wasserkanister dort ankamen tauchte jemand mit 5l Leitungswasser, einer Flasche Mineralwasser (medium, mein Favorit) und einer Flasche Holunderblütenwasser auf. Und noch bevor wir alle Arbeiten wie Zaun- und Zeltaufbau erledigt hatten bekamen wir noch eine Schüssel hausgemachte Gulaschsuppe mit Brot an den Platz. Wir hatten uns mangels gegenseitiger Sprachkenntnisse zwar kaum verständigen können, aber das tat der Gastfreundschaft der ersten Tschechen, die wir trafen, keinen Abbruch!

Ein toller Lagerplatz – mit unerwartetem Abendessen

Ist der Regen endlich vorbei?

Und jetzt, nach drei Tagen Dauerregen, heiß ersehnt und doch ungemütlich ohne trockenes Dach über dem Kopf, sitzen wir urgemütlich unter einem 6x12m großen Zeltdach. Wieder einmal hatten wir unverschämtes Glück und die richtige Begegnung zum perfekten Zeitpunkt. Nach einem späten Start (wir hatten eigentlich vor den angekündigten Starkregen am Sonntag auf einer Waldlichtung auszusitzen und daher keinen Wecker gestellt) in leichtem Nieselregen waren wir noch nicht weit gekommen, als uns auf unserer Karte eine Ecke auffiel, die vielversprechend für ein Nachtlager schien. Ein Campingplatz, ein Restaurant mit Gästezimmern und ein kleiner See kurz hintereinander, da musste doch etwas zu finden sein. Der Campingplatz war dann nur eine gemähte Wiese, darauf ein großes, zu den Seiten offenes Pavillonzelt. Neben dem Platz, etwas hinter Bäumen versteckt, schien aber mehr Gras zu stehen. Ich ging die Lage checken: eigentlich ein perfekter Platz für uns, nicht weit zum Restaurant (dort bekämen wir etwas zu essen, Trinkwasser und Strom), der Bach neben der Zeltwiese führte nach den Regenfällen Wasser, und Gras gab es genug. Aaaaaber: die Zufahrt zum Platz war mit einem Band abgesperrt, darauf stand (Google Translator hilft hier) Zutritt verboten, die Wiese mit Gras war eingezäunt und gehörte zu einem zwar offensichtlich unbewohnten, doch genutzten Bauernhof. Also zogen wir schweren Herzens weiter.
Am Restaurant angekommen waren wir wieder voller Hoffnung, in der Nähe sahen wir viele Wiesen und Weiden wo unsere Reittiere hätten satt werden können. Aber die Wirtin konnte uns keine der Wiesen geben, sie gehörten alle nicht ihr, und über die Besitzer konnte oder wollte sie uns keine Auskunft geben. Die Hoffnung auf eine trockene Nacht im Bett verflog. Wir machten uns auf zu dem kleinen See, doch hier war die Ernüchterung groß: alles Gelände um den See herum war gemäht, und wirkte wie ein Privatgrundstück. Was nun? Erst mal zurück, wir waren weit genug von unserer eigentlichen Richtung abgekommen. Zwischen dem Campingplatz und dem Restaurant sahen wir dann ein Auto stehen neben ein paar kleineren Gebäuden. Wir beschlossen dort zu fragen ob wir eine der Wiesen nutzen dürften. Es war nur leider außer einem knurrenden Hund niemand da, und bei näherem Hinsehen stellten wir fest daß das Auto wohl abgemeldet war. Einen Versuch wollten wir aber noch machen, und da ich in einem der Häuser (wieder ein Stück zurück Richtung See) Licht gesehen hatte ritten wir die paar Meter dorthin. Etwas frustriert waren wir schon als wir auch bei dieser Dame eine abschlägige Antwort bekamen. Sollten wir doch riskieren die Weide auf dem unbewohnten Hof zu nutzen? Da hielt ein Auto neben uns, eine junge Frau sprach uns auf englisch an, und tatsächlich bot sie uns eine Wiese an! Da die Wiese nur gepachtet war wollte sie nur eben den Besitzer informieren, und der tauchte genau in diesem Moment auf. Beide fuhren uns ein Stück vorraus, und wo fanden wir sie wieder? Auf der Zeltwiese! Unsere Befürchtung sie könnten diese völlig abgemähte Fläche für unsere Equiden zur Verfügung stellen wollen wurde schnell zerstreut, hier sollten nur wir ein geschütztes Plätzchen bekommen, die Pferde durften auf die Weide des Gehöfts. Und so steckten wir im hohen Gras die Weide ab, bauten unser klatschnasses Zelt unter dem Zelt auf, und konnten noch gemütlich im Restaurant essen gehen – nur die Hoffnung auf einen frühen Start am folgenden Tag mussten wir begraben, wir wurden von unserer Gastgeberin Clara auf 10.00h zum Frühstück eingeladen. Das Frühstück (bestehend aus einer Sesam-Thunfischtunke fürs Brot und kalten Schafsinnereieneintopf vom Vorabend) zog sich dank der tollen Gespräche mit Clara und ihrem Mann so in die Länge, daß es keinen Sinn gemacht hätte überhaupt noch aufzubrechen.

Regenlager: Zelt im Zelt

Bei Clara und Otmar haben wir sehr gerne einen Tag vertrödelt

Aber wie schon gesagt, die Begegnungen mit den Menschen sind es doch, die den Reiz einer solchen Reise ausmachen, und so tut es uns überhaupt nicht leid zugunsten weiterer interessanter Gespräche mit den beiden (wir sind auch zum Abendessen eingeladen worden) einen weiteren Tag zu «verlieren».Diese wenigen Erlebnisse sind wirklich nur einige der aktuelleren, alle aus den letzten knapp drei Wochen. Und nicht alle die wir hatten. Zum Beispiel mussten wir während unserer Zeit mit Monika einen Tag ungeplant aussetzen da Bandit sich mal wieder an der Pfote verletzt hatte, und wurden von unserem Gastgeber Franz spontan auf eine tolle Kutschfahrt mit seinem Zweispänner eingeladen. Und ein wildfremder Mann mit dem wir uns nicht verständigen konnten drückt uns auf einmal eine Flasche Bier in die Hand. Oder wir werden spontan zum Abendessen eingeladen. Oder die nette Tierpflegerin am Schloß bringt uns kiloweise Kraftfutter und drei Sorten Hundefutter ohne daß wir auch nur gefragt hätten – vom Kaffee der am Morgen schon parat stand ganz zu schweigen.
So erleben wir die Menschen seit unserem Aufbruch im Mai – und schon mehrfach hörten wir als Begründung, daß sie selber oder Familienmitglieder in der Vergangenheit enorme Gastfreundschaft im Ausland erfahren hätten und es Zeit sei, daß sie etwas zurückgäben. Eines ist sicher: Wir werden nach dieser Reise viel zurückzugeben haben!