Diese Prophezeiung haben wir kurz vor unserer ersten Tour bekommen. Erst unterwegs habe wir nach und nach begriffen, wie viel Wahrheit darin steckt. Denn ein halbes Jahr zu zweit mit Pferden unterwegs zu sein bedeutet auch, ein halbes Jahr keine «eigene Zeit» zu haben. Man tut alles gemeinsam, ist 24h am Tag zusammen. Und trotz des gemeinsamen Traumes sind wir ja doch immer noch zwei Individuen, die teilweise unterschiedliche Erwartungen und Einstellungen haben und anders mit Problemen umgehen. Wenn alles glatt geht und wir ausgeruht sind, dann ist das alles kein großes Problem. Aber irgendwann steckt jedem die Anstrengung in dem Knochen, und dann heißt es aufpassen. Dann klingt eine einfache Frage auf einmal vorwurfsvoll, und eine ironische Antwort aggressiv, und die kleinen Eigenheiten des anderen beginnen zu nerven. Zu solchen Zeiten ist es auch durchaus schon zu dem ein oder andere heftigen Streit gekommen. Ja, es ist nicht immer alles eitel Sonnenschein unterwegs. Natürlich ist das nichts, was man auf Social Media postet, dort zeigt man die idyllischen, schönen Momente, die gemeinsam erlebten und überstandenen Abenteuer. Aber wir sind hier ja unter uns, deshalb will ich euch auch einmal diese Seite des Lebens auf Tour nicht verschweigen.
Cordo stand ungünstig, deshalb kam ich zum Knoten legen nicht gut dran – zum Glück hatte Konni die Lösung
Ganz gut funktioniert es noch, wenn nur einer von uns, aus welchem Grund auch immer, völlig erledigt ist. Das kann daran liegen, daß einer einfach ein paar Nächte schlecht geschlafen hat, oder daß die Pferde unterschiedlich anstrengend waren (auch die sind ja nicht immer gleich drauf), oder daß die täglichen Probleme den einen mehr belastet haben als den anderen. Wie auch immer, dann ist der fittere durchaus ohne große Schwierigkeiten eine Weile in der Lage, die Situation zu entschärfen. Aber wenn wir beide nicht auf der Höhe sind, wird es schon schwieriger. Dann hilft oft nur ein Pausentag. Die machen wir ja ohnehin regelmäßig, aber manchmal muß man den eben etwas früher als geplant einlegen. Aber manchmal hilft alles nichts, manchmal muß sich so ein Gewitter einfach entladen. Ja, wir haben uns schon so richtig gefetzt unterwegs. Nicht oft, aber es kommt vor.
Aber in welcher Beziehung wird nicht gelegentlich gestritten? Warum sollte das anders sein, nur weil sich der Alltag anders gestaltet als im «normalen Leben»? Warum sollte das anders sein, wenn man so gar keine Zeit für sich hat? Wenn die täglichen Anstrengungen und Herausforderungen ihren Tribut fordern?
Es ist nicht anders, und das mussten wir auch erst mal lernen. Auch wenn wir hier und jetzt unseren Traum leben, läuft nicht immer alles traumhaft. Aber zum Glück haben wir unseren Weg gefunden, nach jedem Unwetter scheint auch wieder die Sonne. Wir wissen, welches Glück wir mit uns haben, daß wir uns gefunden haben. Wir sind dankbar, daß wir unseren gemeinsamen Traum leben können, mit allen Höhen und Tiefen. Wir kennen unsere Schwächen, aber vor allem auch unsere Stärken. Daher gibt es zum Glück nur selten ein Gewitter, und aufziehende Wolken pusten wir meistens resolut in die Flucht.
So, und jetzt wird es Zeit, etwas zu essen, denn eines ist mal sicher: Hunger ist definitiv nicht förderlich für die Harmonie!
Wir sind Pawel wirklich zu herzlichem Dank verpflichtet. Er hatte uns schon einmal zu einem Quartier verholfen und es sich sogar nicht nehmen lassen, dort persönlich aufzutauchen und mit uns den weiteren Weg zu besprechen. Und nachdem Bine ihm unser Pech mit meiner Verletzung berichtete, hat er erneut sein Netzwerk für uns ausgeworfen. Binnen weniger Stunden hat er für uns und unsere Tiere einen Platz aufgetan, wie er traumhafter und erholsamer nicht sein könnte: Ein Zimmer mit Toilette, Dusche und allem drum dran. In einer Hütte direkt am See; am See mit eigenem Steg und Zugang zum Wasser! Wer träumt denn nicht schon unter normalen Umständen von so was!? Für uns ein vielfach grösserer Segen. Das Agritouristica von Romuald Jadeszko in Plaska ist keine 5km von meinem „Unglücksplatz“ entfernt, so dass wir einfach unsere Tiere führen und zu Fuss gehen konnten. Denn Reiten hat mir die Tierärztin verboten, obwohl ich es mit sehr gut hätte vorstellen können. Seltsam, nicht? Wir sind hier bei den fürsorglichsten Gastgebern, die man sich denken kann. Ein liebenswerter Ort, an dem freundliche Hunde, Hühner und durchaus wachsame und kampfbereite Gänse ganz selbstverständlich herumlaufen. Wir fühlen uns alle, Mensch und Tier, wohl. Sogar unser Vagahund Bandit findet seine Kollegen so sympathisch, dass er mit Ihnen spielt, was wirklich nicht selbstverständlich ist.
Bella, die Schöne, Bandits Kurschatten
Unsere Gastgeber sind echte Pferdemenschen. Mit „Hand und Fuss“ und ein wenig Hilfe von Google Translator macht uns Romuald klar, dass sie als Familie hier früher bis zu 25 Pferde hatten. Für die Arbeit. Eine Aussage, die uns in der letzten Zeit schon öfter begegnete: Mehrfach haben wir schon erzählt bekommen, das bis vor ca. 15-20 Jahren hier Pferde noch ganz normal als Arbeitstiere täglich eingesetzt wurden und erst heute haben wir ein Verbotsschild für Pferdefuhrwerke auf der Schnellstrasse gesehen. Süffisant meinte Bine dazu: „Also von einem Reitverbot sehe ich hier nichts!“.
Ich finde, man merkt es den Menschen an, dass sie oft noch mit Pferden als Nutztiere Kontakt hatten: Es ist es ohne ein zusätzliches Wort vollkommen klar, dass das geöffnete Scheunentor sofort gegen Zufallen gesichert wird, – damit sich die Tiere nicht erschrecken; – auch dass eine Litze um die neben auf der Weide gelagerten Landmaschinen gezogen wird; -damit sich die Tiere nicht daran verletzen können – so etwas ist eine wortlose Selbstverständlichkeit.
Auch im Strassenverkehr haben wir den Eindruck, dass die Autofahrer ein relativ natürliches Verhältnis dazu haben, wie man sich verhält, wenn Pferde am Wegrand auftauchen. Zumindest bei nahezu allen. Einzelne Deppen gibt es scheinbar überall und haben tendenziell Kennzeichen aus Großstädten, lästere ich gerne.
Aber „einfach“ Führen und hierher gehen? Naja, wirklich einfach war das nicht. Vor allem für Bine. In meinem Arztbericht steht ziemlich deutlich: „Arbeiten mit der linken Hand ist verboten“. Bine nimmt das sehr ernst und verbietet mir so ziemlich alles an Tätigkeiten, auch wenn ich denke: „Dazu brauche ich nicht die betroffenen Finger und die Durchblutung fördern ist sicher auch nicht schlecht“.
Wie auch immer: Ich war daher mehr oder weniger zur Untätigkeit verdammt. Bine hingegen zu massivem Arbeitseinsatz: Alle 4 Equiden putzen, richten, satteln, bepacken …. Vorher Zelt, Schlafmatten und -säcke einpacken… Und natürlich noch die anderen tausendundeine Kleinigkeiten, von denen jeder Wanderreiter weiss, die aber zu kleinteilig sind um erwähnt zu werden und trotzdem gemacht werden müssen; – und auch Zeit und Energie kosten. Bine hatte also schon vor dem Abritt heftig zu tun. Auch die 2 Tage „Rumsitzen“, während ich im Krankenhaus war, war ja für sie sicher auch alles andere als einfach.
Und uns beiden gemeinsam steckte noch die Erschöpfung aufgrund des Schreckens und der Ungewissheit noch in den Knochen. Denn obwohl wir jetzt beide nicht viel zu arbeiten hatten, zehrte das doch ziemlich an den Nerven, was wir aber erst so richtig merkten, als wir zu Ruhe kamen. Daher ruhen wir auch relativ viel und holen die ein oder andere Mütze Schlaf nach.
Mindestens bis zur Nachuntersuchung meines Finger am kommenden Donnerstag dürfen (und werden) wir hier bleiben. Wir schöpfen von Tag zu Tag mehr Hoffnung, dass es weiter gehen kann.
Gibt es einen schöneren Platz für den ersten Kaffee?
Aber wie ist dieser unselige Unfall eigentlich passiert? Ganz genau weiss ich das eigentlich auch nicht, da alles so schnell ging. Auf jeden Fall war ich gerade dabei Sati anzubinden als Sati sich vor irgendwas „erschrak“ und einfach zurückwich. Keine Ahnung ob sich jetzt doch einmal eine (schon immer von mir panisch gefürchtete) Schlaufe beim Anbindestrick gebildet hatte… oder ob das Seil sich samt Finger beim Querbalken des Reitplatzzauns zusätzlich verfangen hat: Es war schneller passiert, als man es wahrnehmen konnte: Der Mittelfinger hatte einen offenen Bruch am 1. Glied und der Zeigefinger ebenfalls einen Knacks abbekommen. Auch wenn die Leute hinterher sagten: „Oh, Du bist im Krankenhaus für die armen Leute gelandet“- über die medizinische Versorgung kann und will ich mich nicht beschweren. Das lief (bis auf Wartezeiten aufgrund sprachlicher Missverständnisse) alles absolut professionell ab. Jetzt muss es nur wieder heilen und darf vor allen Dingen wegen des herausstehenden Kirschner- Drahtes nicht nass oder gar schmutzig werden.
Das Trio infernale – Bandit ist zu Recht vorsichtig, die greifen gerne mal hinterrücks an
Die Grenze zu Litauen ist nur noch 30km entfernt. Noch weniger ist es nach Belarus. Kaliningrad haben wir schon links liegen lassen. Wir bekommen von erhöhter Sichtbarkeit von Grenzpolizei erzählt. Ja, wir sehen sie fast täglich hier. Ob es uns aber ohne die Erzählung so auffallen würde, wage ich zu bezweifeln. Wenn unser Track nicht lügt, dann wären es ja „nur noch“ 600km bis zu unserem anvisierten Ziel: Tina bei Riga. Wäre doch zu doof, Tina schon wieder enttäuschen zu müssen. Irgendwie muss das doch zu machen sein!
Wir sind also zum Schlimmsten verbannt, was es für Bine gibt: Nichtstun. Auch wenn wir uns einen günstigen Mietwagen organisiert haben, damit wir nicht vollkommen „in Off“ leben müssen, uns mit notwendigen Einkäufen für Mensch und Tier, mit einer Kajaktour (meine Hand kommt so lange wasserdicht in eine Plastiktüte und Bine freut sich schon jetzt darauf, wenn ich das Klebeband von meinem haarigen Arm abmachen werde!), uns mit
der Pflege unserer Ausrüstung und uns beschäftigen- trotz diesem traumhaften Ort hier- wir würden viel lieber weiterziehen. Und wir sind vorsichtig optimistisch, dass es und gelingen wird.
Aber jetzt müssen wir los. Romuald ruft. Er lässt es sich nicht nehmen und will uns bekochen. Es gibt gefüllte Kohlrouladen mit Kartoffeln. Also auf, wenn das Essen fertig ist, darf man den Koch nicht warten lassen!
Wir wissen es noch nicht. Aber da war diese eine Sekunde, die alles geändert hat. Nach unserem Pausentag haben wir uns hochmotiviert auf den Weg nach Litauen gemacht, etwas über 30km weit kamen wir an diesem Tag trotz der Hitze, alle waren ausgeruht und fit. Einen tollen Platz auf einer großen, fertig eingezäunten Weide für die Pferde bekamen wir fast auf Anhieb, und wir konnten unser Zelt, vor neugierigen Pablozähnen geschützt, hinter einem Holzzaun aufstellen. Eigentlich lief alles toll. Am Morgen hatten wir dann schon alles gepackt, und waren dabei, die Pferde zum Füttern und Satteln an besagtem Zaun anzubinden. Ich war mit Schanchot und Cordobes schon soweit, auch die Kopfsäcke hatten die beiden schon und begannen fröhlich zu fressen. Konni war gerade dabei, Satis Seil zu verknoten, als sie sich vor irgendetwas erschrocken hat und panisch rückwärts rannte. Einen Moment später hörte ich Konni völlig unaufgeregt sagen: «Der Finger ist ab»
Akustisch hatte ich das durchaus verstanden, aber erst als ich sah, wie er das vordere Glied seines linken Mittelfingers wegklappte und es nur noch an einem Rest Haut hing wurde mir klar, daß er es völlig ernst gemeint hatte.
Definiton Notfall: Wenn was ab ist, was nicht ab sein soll…
Puh, jetzt die Ruhe bewahren! Unser Gastgeber Lukas war zum Glück noch da, er musste noch zu einem wichtigen Termin, und er hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit Konni so schnell wie möglich in ein Krankenhaus kommt, während ich einen sterilen Verband gemacht habe – und wir hatten so gehofft, daß unser Verbandskasten nie zum Einsatz kommen würde! Irgendwie habe ich es mehr oder weniger zeitgleich noch geschafft, die Pferde wieder auf die Weide zu schicken und Bandit zu sichern und mit Wasser zu versorgen.
Das Problem mit der Fahrt zur Klinik war: wir saßen hier mitten im
«Nirgendwo», 18km von der nächsten Stadt entfernt, und der Rettungsdienst weigerte sich zu kommen, da die Situation nicht lebensbedrohlich war. Aber Lukas hat tolle Freunde, und einer von ihnen kam sofort, und hat Taxi gespielt.
Im Krankenhaus dauerte erst mal alles ewig: Anmeldung an der Rezeption, Erstuntersuchung in der Chirurgie, Röntgen, und dann: warten auf den eigentlichen Arzt. Während Konni darauf wartete, endlich versorgt zu werden, hat er mich einkaufen geschickt. Eigentlich völlig irre, einen neuen Gaskocher und Ersatzklamotten zu kaufen, wenn der Finger fast amputiert ist, aber Lukas hat mit mir eine Tour durch Augustow gemacht, bis ich alles hatte. Und wir waren noch nicht zurück, da kam die Nachricht von Konni: er ist jetzt im OP, geht gleich los. Er müsse ohnehin bis zum nächsten Tag bleiben, also solle ich gar nicht erst in die Klinik zurück, sondern zu unseren Tieren. Ja, er hatte ja Recht, aber es fühlte sich miserabel an, sich in ein Taxi zu setzen (Lukas war jetzt auf dem Weg zur Arbeit) und weg zu fahren. Aber Bandit saß ohne Schatten angebunden auf der Wiese, und obwohl es ein bewölkter Tag war, wollte ich ihn so langsam erlösen. Er musste ja wohl auch mal müssen…
Zurück bei den Tieren war ich zum Glück erst mal beschäftigt, habe das Lager wieder aufgebaut, die Einkäufe versorgt und den Pferden frisches Wasser gebracht – was dann auch fast schief gegangen wäre…
Ich war wohl doch etwas durch den Wind, denn eigentlich wußte ich, daß wir das Wasser für die Tiere aus dem Brunnen nehmen sollten. Nur hatte ich den noch gar nicht gesehen, am Abend vorher hatte Konni das Wasser geholt. Ich hatte aber auch in Erinnerung, daß die eigenen Pferde des Hofes aus dem Teich auf der Weide trinken, und habe irgendwie alles durcheinander gebracht. Mit dem 30l-Eimer in der Hand ging ich also auf den schilfumrandeten Teich zu, und Lukas rief noch: «Auf der anderen Seite». Ja, jetzt sah ich dort drüben auch den freien Zugang um Wasser. Also, wie die Pferde es schaffen, dort zu trinken, ist mir ein Rätsel. Ans Wasser kam ich noch, auch wenn ich, barfuß in Gummischlappen, ziemlich
Warum packst du alles wieder aus?
eingesunken bin, aber OK, kann man ja wieder abwaschen hinterher. Aber als ich versuchte, das Ufer wieder zu verlassen, gingen die Probleme los. Jetzt weiß ich, wie man in einem Sumpf versinken kann. Habe ich den rechten Fuß versucht aus dem Modder zu ziehen, vorzugsweise, ohne den Schuh dabei einzubüßen, sank der linke einen halben Meter tiefer ein. Ich steckte, ehe ich es mich versah, bis über die Knie im Schlamm, mit Tendenz in die Tiefe. Also, egal, dreckig bin ich jetzt eh – ich habe mich nach hinten umfallen lassen, und so konnte ich, ganz langsam und mit Bedacht, Füße, Beine und sogar Schuhe allmählich befreien. Und habe dann Wasser aus dem Brunnen geholt.
Zum Glück hat der nahegelegenen Kanal sauberes Wasser und ist genau so tief, daß ich dort mich inklusive der verschlammten Hose direkt waschen konnte…
Und in der Zwischenzeit kamen auch endlich gute Nachrichten von Konni: die OP war vorbei, der Finger geflickt. Trotzdem wurden mir die Stunden bis zur Nachtruhe lang, so alleine am Zelt. Wie geht es jetzt weiter? Geht es überhaupt weiter? Muß ich mir, wie Konni vor der OP geschrieben hatte, Gedanken machen, ob ich die Reise auch alleine fortsetze? Aber alles Grübeln hat ja jetzt keinen Zweck, wichtig ist jetzt, daß alles gut heilt.
Einsames Abendessen am Lagerfeuer
The day after….
Heute Morgen habe ich ausgeschlafen. Konni nicht, er wurde schon um 4.30h aus dem Schlaf gerissen, Medikamentenausgabe…. Nach der Visite war klar: er darf erst morgen gehen, auch wenn bisher alles super aussieht, aber mit der frischen OP-Wunde wollen ihn die Ärzte nicht ins Zelt zurück schicken… Irgendwie verständlich. Mittlerweile ist Konni aber optimistisch – irgendwie will er es schaffen, weiter zu reiten. Ich melde mich also nochmal bei Pawel, der uns hier in der Gegend schon gute Tips gegeben hatte, ob er eine Idee hat, wo wir mit den Pferden ein paar Tage an einem festen Quartier bleiben könnten, um dem Finger eine Weile Ruhe und vor allem Sauberkeit bieten zu können. Und er hatte! Nur 5km von unserem jetzigen Standort, und auch noch genau auf unserer geplanten Strecke, hat er uns ein Agoturystyka organisiert, das genug Gras und Platz für uns hat. Mein Taxifahrer hat auf dem Rückweg von der Klinik (auch wenn das jedesmal Geld fürs Taxi kostet, ich musste Konni einfach besuchen!) gerne den kleinen Umweg gemacht, und ich konnte mit unseren neuen Gastgebern
alles besprechen. Sobald Konni also morgen bei der Herde ist, werden wir uns auf den Weg machen, damit Konni sich von der OP und wir alle uns von dem Schreck erholen können. Und dann müssen wir einfach sehen, was möglich ist und was nicht. So, und ich finde, jetzt sollte es doch wirklich mal gut sein mit Abenteuer, den Quoten-Notfall der Tour hatten wir jetzt ja.
Heute will ich mal ein bisschen sachlicher schreiben: Wie finden wir eigentlich unseren Weg und unsere Quartiere, und wie gut klappt das?
Natürlich können wir auch ganz old school mit Karte und Kompass umgehen, aber sind wir mal ehrlich: wer will schon täglich mit der Papierkarte hantieren, wenn es auf dem Handy so viel einfacher geht? Außerdem hätten wir einen ganz ordentlichen Kartenverschleiß, wenn wir einen brauchbaren Maßstab nutzen wollen, das haben wir auf unserer ersten Tour vor 2 Jahren gemerkt. Durch eine Wanderkarte sind wir in ein, maximal zwei Tagen durchgeritten. Und gerade in Osteuropa kommen wir an diese Karten unterwegs auch gar nicht dran, sowas führen die Dorfläden einfach nicht. Also planen und navigieren wir per GPS auf dem Handy. Ein Garmin haben wir auch dabei, aber das nutzen wir bisher gar nicht. Das Display ist klein, die Bedienung gewöhnungsbedurftig. Für den Fall, daß die Handys und unsere beiden Powerbanks keinen Saft mehr haben oder starker Regen die Nutzung des Handytouchscreens unmöglich macht, ist es aber ein gutes Gefühl, ein Backup dabei zu haben.
Auf wanderreitkarte.de hört das Kartenmaterial kurz hinter der polnischen Grenze einfach auf.
Ja, und wie machen wir das jetzt konkret? Ich plane unsere Tracks ja am liebsten auf www.wanderreitkarte.de. Da bin ich die Bedienung gewohnt und kann ganz gut abschätzen, was geht und was nicht. Aber diese ansich tolle Seite hat zwei erhebliche Nachteile: Strecken über 100km kann sie nicht rechnen, und ab Polen gibt es dort kein Kartenmaterial mehr. Also musste ich quasi umschulen.
Der Gesamttrack an dem wir uns orientieren.
Eine Freundin hat mich in die Bedienung von Outdooractive eingeführt, und mit der Pro-Version kann man da schon recht gut planen, auch wenn ich einige Features von Wanderreitkarte vermisse. Dafür gibt es keine Beschränkung in der Länge der Tour. Und als Richtlinie habe ich auch einmal die komplette Strecke Schwarzwald – Riga auf dem Handy, alles, inklusive der entsprechenden Kartenabschnitte mit Reserve, offline verfügbar. An diesen Track halten wir uns «im Prinzip», wobei ich immer mal schaue, wo uns die Strecke so hinführt. Gerade die Überquerung von Flüssen lohnt einen zweiten Blick, denn die App wollte uns auch schon eine Eisenbahnbrücke nutzen lassen…. So wird die Route unterwegs immer wieder mal angepaßt und abgeändert, auch, wenn wir Einladungen etwas abseits unserer eigentlichen Strecke bekommen. Bis wir nach Polen gekommen sind, hat Outdooractive auch sehr zuverlässig die Art des Weges dargestellt, so daß ich problemlos zu viele Asphaltstrecken vermeiden konnte. Leider sind seit der polnischen Grenze diese Informationen nicht mehr zu bekommen, auch digitales Kartenmaterial ist hier kaum zu finden. Ein und dieselbe Wegekategorie laut Karte kann alles sein vom grasbewachsenen Feldweg über Sand- oder Schotterpiste bis hin zu Asphalt. So ist jeder Tag ein kleines Überraschungspaket
Nicht immer folgen wir akurat der Planung – so kann das Tracking am Ende auch aussehen
Auch ob die Wege dann wirklich da sind, wo wir sie erwarten, ist nicht selbstverständlich, allerdings haben wir gerade eine völlig andere Situation als vor unserer Ankunft in Polen. In Deutschland und Tschechien waren die Wälder oft ein kleiner Kampf: Wege verschwanden unauffindbar im Unterholz, Brücken waren unpassierbar, umgefallen Bäume zwangen uns zu abenteuerlichen Abstechern ins Unterholz. Oft waren wir froh, mal eine Weile ungehindert über Feldwege reiten zu können. In Polen war bislang noch jeder Waldweg, egal wie ungenutzt er am Einstieg aussah, problemlos passierbar, und es gab eigentlich immer deutlich mehr Wege, als die Karte vermuten ließ. Aber im «offenen» Gelände standen wir schon so manches Mal vor dem Problem, daß da einfach kein Weg mehr war. Finden wir stattdessen ein abgeerntetes Feld vor, dann reiten wir halt einfach weiter. Aber Maisfelder, besetzte Kuhweiden oder auf der Karte einfach nicht vorhandene, dichte Wäldchen zwingen zu so manchem Umweg.
Daß das Kartenmaterial nicht immer so ganz aktuell zu sein scheint erschwert natürlich meine Planung. Was wir unterwegs immer wieder brauchen ist Wasser für die Tiere und Gras für die Pferde. Eigentlich habe ich mittlerweile einen ganz guten Blick dafür, wo sich eine Pause oder eine Übernachtung lohnen könnte, aber manchmal sieht es vor Ort ganz anders aus, als die Karte vermuten läßt: Bäche sind ausgetrocknet, Lichtungen aufgeforstet, Teiche eingezäunt. Meist vergleiche ich das Kartenmaterial von Outdooractive und von Oruxmaps, der App, mit der ich navigiere und tracke, mit der Satellitenansicht von Google Maps. Viel Aufwand, der sich aber oft rentiert. So bestimme ich oft schon am Morgen unser potentielles Zielgebiet für den Abend. Und damit sind wir schon beim nächsten Thema, der Quartiersuche. Auf einer so langen Tour ist es unmöglich, im Vorraus die Übernachtungen zu planen. Also wissen wir meist am Morgen noch nicht, wo wir die Nacht verbringen werden. Ich schaue nach dem Abritt, wie weit wir vermutlich kommen können. Da wir je nach Anspruch der Strecke, Startzeitpunkt, Wetter und Tagesform zwischen 20 und 35km am Tag schaffen, schaue ich mir die Gegend in ca. 20km Luftlinie Entfernung vom Start an. Liegt das mitten im Wald? Dann muss ich genauer planen: Müssen wir vorher stoppen, oder sollten wir es rechtzeitig durch den Wald schaffen?
Schattenparkplatz vor dem Dorfladen – Diese Läden sind ein Segen für uns, so können wir uns mit Lebensmitteln versorgen, ohne in die Städte zu reiten.
Am liebsten sind uns gegen Abend kleinere Orte, gerne welche mit Dorfläden. Dort angekommen, fragen wir die erstbeste Person, die wir sehen, ob sie eine Idee hat, wo wir nach einer Wiese für die Nacht fragen können. Ein Verständigungsproblem gibt es eigentlich nur, wenn wir niemanden finden, der Deutsch oder Englisch spricht und wir keinen Empfang für den Übersetzer auf dem Handy haben, ansonsten kommen wir da sehr gut zurecht. Oft haben wir Glück, und schon die erste Anfrage ergibt ein tolles Quartier, manchmal müssen wir zwei oder drei Anwohner fragen, bis es klappt, oder werden «weitergereicht». Eine gute Methode ist es auch, eine Weile mit dem Tieren vor dem Dorfladen oder der Dorfkneipe zu stehen, da versammelt sich dann oft die halbe Einwohnerschaft und versucht alles, um uns einen guten Platz zu beschaffen. Und gelegentlich müssen wir gar nicht suchen, sondern werden quasi aufgelesen, und werden zum Bleiben eingeladen. Ein Horror für uns ist da immer die unangenehme Situation, wenn sich Menschen die größte Mühe geben, uns unterzubringen, aber der für die Pferde angedachte Platz einfach nicht geeignet ist. Wir kommen uns dann absolut undankbar vor, und ob wir unsere Ablehnung über den Translator taktvoll an den Mann oder die Frau bringen, keine Ahnung. Zum Glück passiert das nur selten.
Zusätzlich habe ich in einer polnischen Facebookgruppe unseren Track geteilt und um Tipps gebeten, und über diese Gruppe bekamen wir viele Einladungen. Viele waren leider komplett abseits unserer Route, aber einige haben wir angenommen. Und eine Weile sind wir in Westpolen dann von einem Gastgeber zum nächsten weitergeschickt worden, jeder kannte jemanden, der in unserer Richtung lag.
Im Großen und Ganzen klappt das wunderbar. Natürlich gibt es bessere und schlechtere Unterkünfte, sowohl für die Tiere wie für uns. Und nicht immer ist es objektiv nachzuvollziehen, wann eine Unterkunft sich gut oder weniger gut anfühlt. Ich will beispielhaft drei Nachtquartiere näher beschreiben:
Der «Lost place»
Wir kamen gegen Abend in einen kleinen Ort, und die junge Frau, die wir ansprachen, schickte uns etwa 2km weiter zum nächsten Dorf, dort sei ein Stall. Ein kurzer Check auf Google Maps: ja, ich konnte deutlich einen Springplatz erkennen. Dort angekommen waren wir allerdings erst nicht sicher, ob hier überhaupt noch Pferde leben. Die Zäune sahen marode aus, der Reitplatz heruntergekommen, neben einem Rohbau (so sah es jedenfalls aus) stapelte sich Schrott, auf dem ein paar Ziegen herumkletterten. Ein grasbewachsener Roundpen und ein paar rostige Container vervollständigten das Bild. Auf den zweiten Blick sah man aber überall Pferdeäpfel liegen, und stand da nicht ein Auto? Empfang ist hier auch, also den Translator bereit machen und mal nach jemandem suchen. Ja, hier gibt es noch Pferde, und ja, wir durften bleiben. Unsere Equiden bekamen den Roundpen und einen halben Rundballen gutes Heu (den haben wir natürlich außerhalb gelagert und nur so viel gegeben, wie sie auch fressen konnten), der Hund bekam Dosenfutter spendiert (ok, es war Katzenfutter, aber das sieht Bandit nicht so eng), und wir durften die Feuerstelle und die kleine Küche in einem der Container nutzen. Am Morgen wurden wir dann per Traktor noch über eine inoffizielle Route auf kürzestem Weg zurück auf unsere eigentliche Strecke geleitet. Hier haben sich alle wohlgefühlt, wir selber, Bandit und die Rösser.
2. Der Grusel-Hof
Wir wurden völlig überraschend gegen Nachmittag im Wald eingeladen, über Nacht zu bleiben. Ein Autofahrer hielt bei uns an, als wir eigentlich gerade nach einem Platz für eine Graspause suchen wollten, denn endlich kamen wir aus diesem endlosen Wald heraus. Jetzt schon für die Nacht stoppen? Naja, so wirklich Lust auf Weiterreiten hatte keiner, weit genug gekommen, um unser für morgen geplantes Quartier zu erreichen waren wir auch, also warum nicht? Unser Gastgeber schickte uns querfeldein über das Land seines Bruders zu seinem Hof, während er selbst mit dem Auto über Schleichwege nachhause fahren wollte – für die offizielle Strecke habe er schon zu viel getrunken… Nun gut, stockbesoffen wirkte er nicht, und was hätten wir schon sagen sollen? Er war so stolz auf seine mageren Deutschkenntnisse, daß er sich standhaft weigerte, den Translator zu nutzen, was die Kommunikation natürlich nicht vereinfachte. Egal, wenn er eine gute Weide für die Tiere hätte wollten wir bleiben – und er hatte. 2ha bestes Weidegras, das sollte reichen. Daß uns hier nach langer Zeit mal wieder ein Bier gereicht wurde, bevor wir eine Chance hatten, abzusatteln, hat uns jetzt weniger überrascht… Relativ schnell kam das Thema Wolf zur Sprache, schon seit einigen Wochen hören wir immer wieder von auf der Weide getöteten Rindern. Unser Gastgeber hat da seine eigene Lösung: die Kalaschnikow. Konni fragte da nochmal genauer, ja, er hat eine echte Kalaschnikow. Die hat er auch benutzt, um andere Probleme zu lösen: das Kalb mit gebrochenem Bein, oder seinen Hund, der ihm die Rebhühner tötet…. Nachdem wir die Weide verlassen und den eigentlichen Hof betreten hatten fiel uns dann ein dezenter Verwesungsgeruch auf…. Eigentlich sollte das reichen, um die Pferde eilig wieder zu beladen und die Flucht zu ergreifen, aber dieser Mensch hat uns nicht wirklich Angst gemacht. Bandit jedenfalls fand die Teile des Kalbes, die er entdeckte, recht appetitlich. Da wir aber im Haus schlafen sollten (in dem Zimmer, in dem offensichtlich der krebskranke Vater bis zu seinem Tod gepflegt worden war), wollten wir keine Sauerei riskieren und haben Bandit dann an die Leine gelegt.
Neben tonnenweise Hafer für die Pferde und einem Nachtlager wurde uns dann auch Abendessen angeboten – das musste Konni dann allerdings selber kochen. Eine wilde Mischung aus frischem Gemüse aus dem Garten, eingemachtem Letscho, Fleisch und Reis ergab eine ausreichende Mahlzeit für alle, und reicht unserem Gastgeber wohl noch zwei weitere Tage. Außer Bier hätten wir auch noch etwas zum Rauchen aus dem eigenen Garten bekommen können, was wir nicht nur aufgrund des etwas mitgenommenen Eindrucks seiner Pflanze abgelehnt haben…
Unser Gefühl an diesem Ort war irgendwie zwiespältig. Alle waren bestens versorgt, aber die Stimmung war seltsam. Bis Ende letzten Jahres war dies wohl noch ein 300ha-Hof. Aber im November war der Vater nach langer Krebserkrankung gestorben, die Mutter ist in die Stadt gezogen, der Hof wurde aufgeteilt. Nun sitzt dieser Mensch, der 15 Jahre lang in ganz Europa LKW gefahren ist und keine Familie hat, auf diesem Restchen Hof, weiß nicht wirklich etwas damit anzufangen, lebt mehr schlecht als recht von Gelegenheitsjobs im Gartenbau, und ist offensichtlich Alkoholiker. Was aus ihm und diesem Anwesen wohl wird?
3. Der Nobelstall
Den Tip für diese Unterkunft haben wir über die polnische Facebook-Gruppe bekommen. Ein kurzer Anruf, ja, sie haben Platz, wir dürfen gerne für zwei Nächte kommen. Sogar ein Zimmer über dem Stall gibt es für uns. Die Homepage sah vielversprechend aus, und da auch Reiterferien angeboten werden, hofften wir auf die Möglichkeit, uns vor Ort zu verpflegen. Leider war dies während des Wochenendes aber nicht möglich, also machten wir einen kleinen Umweg über den einzigen für uns auf dieser Tagesetappe erreichbaren Laden – der kleine Umweg machte leider ruckzuck aus 24km gute 30km, weil wir die vielbefahrenen Schnellstraße irgendwie vermeiden mussten, und die geplanten Feldwegen zum Teil wieder einmal nicht vorhanden waren. Egal, wir waren früh gestartet an diesem Tag, und so kamen wir gegen 17.00h am Stall an. Leider fühlte sich dort irgendwie so gar niemand für uns zuständig, die Besitzerin, mit der ich unseren Aufenthalt besprochen hatte, war mit ihrer Tochter auf einem Turnier, der Sohn war nicht da, die Reitlehrerin gab Unterricht. Ein Einsteller erbarmte sich schließlich und versuchte zu helfen, als dann doch der Sohn auftauchte. Er zeigte mir einen großen Paddock, in dem eine leere Heuraufe stand. Heu sei zur Genüge im Stall (ja, dort standen mehrere offene Rundballen), eine Schubkarre würde er uns geben, und Wasser müssten sie dann bringen. Unser Zimmer, die Sanitäranlage und einen Platz für unsere Ausrüstung zeigte er mir noch, und dann war er wieder weg. Also, erst mal absatteln. Aber auch, als die Pferde schon in die relative Freiheit entlassen waren, standen wir etwas hilflos da. Mutter und Tochter waren in der Zwischenzeit zurückgekommen, hatten im Vorbeifahren begeistert unsere Tiere auf dem Paddock bestaunt, aber es kam niemand auf uns zu. Da unsere 4 nach 15km in der Sommerhitze hungrig und durstig waren, haben wir uns einfach selbst geholfen. Ein Bottich stand herum, den haben wir requiriert, der nette Einsteller hat uns seine Eimer geliehen, und Schubkarren fanden wir selber. So waren unsere Rösser endlich versorgt. Es wurde schon dunkel, als wir endlich auch für unser leibliches Wohl sorgen konnten. Ja, wir haben hier alles, was wir brauchen: Betten in einem klimatisierten, sauberen Raum, Dusche und WC, einen überdachten Sitzbereich zum Kochen und Essen, einen sicheren Platz für die Pferde, gutes Heu und Wasser, so viel wir wollen. Und die Stallungen sind das ordentlichste, sauberste und gepflegteste, was uns in Polen bislang begegnet ist. Aber so richtig wohl fühlen sich weder die Pferde noch wir. Bisher waren wir ja von der polnischen Gastfreundschaft mehr als überwältigt – hier sind wir völlig verwirrt ob dieser offensichtlichen Gleichgültigkeit. Es ist uns nach Pausentagen oft sehr schwer gefallen, wieder weiter zu reiten, das wird morgen wohl nicht das Problem sein.
Ja, wir sind jeden Tag gespannt, wo wir wohl unterkommen. Und in zwei oder drei Tagen kommt eine ganz neue Spannung dazu: wie werden die Menschen in Litauen wohl sein? Gibt es dort gutes Gras? Können wir vielleicht sogar mal wieder wild campen? Oder ist dort, wie in Polen, alles Land privat, wo Gras wächst? Wie viele Dorfläden gibt es, und finden wir vielleicht mal wieder Gaststätten, um unterwegs einzukehren? Funktioniert meine Routenplanung dort wie gewohnt, oder müssen wir komplett umdenken? Wie gut ist unser Kartenmaterial? Wie funktioniert die Kommunikation mit den Menschen? So viele offene Fragen, auf die es im Moment nur eine Antwort gibt: Es wird sich fügen!
Eigentlich wollte ja Konni den nächsten Blog schreiben, aber die Muse ist eine sehr launische Geliebte, die küßt nur, wenn sie es möchte. Und wir hatten auch wenig Muße, denn wir werden nach wie vor hier in Polen sehr oft eingeladen. Dann sitzen wir am Abend natürlich lange mit unseren Gastgebern zusammen und müssen erzählen, was wir so alles erleben auf unserer Reise. Aber so lang diese Abende oft auch werden, sie sind irgendwie immer zu kurz. Wir treffen so tolle Menschen, und wir würden gerne so viel mehr über sie erfahren. Aber natürlich müssen wir erst mal deren Neugier befriedigen, und oft sind die Gespräche sehr langwierig, wenn wir keine gemeinsame Sprache sprechen und mühsam über den Übersetzer auf dem Handy kommunizieren müssen. Jedes Mal, wenn wir uns am Morgen, meist reichlich übermüdet, verabschieden, ist es daher etwas traurig. Wir lernen Menschen kennen, aber wir wissen so wenig über sie. Wir wollen erfahren worüber sie lachen, was sie traurig macht, was ihnen wichtig ist, worüber sie sich ärgern. Ein Abend ist nicht genug – und doch so viel.
Kiefernplantagen. Stadien des Anbaus auf einem Bild. Mit Wald hat das nicht viel zu tun.
Aber hier, auf dem abgelegenen Agroturystyka Majdan habe ich endlich wieder die Gelegenheit. Wir dürfen hier drei Nächte bleiben. Die Pause war nötig für einen Termin beim Hufschmied, und wir haben einfach noch einen Tag drangehängt, um mal wieder zur Ruhe zu kommen. Unsere Zeit in Polen war zwar geprägt von einer unfaßbaren Gastfreundschaft und Großzügigkeit, aber es gibt hier doch einen Wehmutstropfen, der uns immer wieder vor Probleme stellt: das Heu.
Das war besonders in Westpolen, wo es kaum gutes Futtergras und teilweise überhaupt kaum Gras gab, ein Thema. Denn Heu, wie wir es aus Deutschland kennen, gibt es hier fast nirgends. Die Rundballen werden eigentlich überall im freien gelagert, ohne Abdeckung, und oft auf der blanken Erde. Wir sind schon froh, wenn wir in dem Heu, daß wir füttern sollen, keine dicken Schimmelnester finden. Es ist bei keinem Pferd ein gutes Gefühl, das anzubieten, aber mit Sati, die allergisch auf Schimmelsporen ist, müssen wir leider oft auf Zufütterung verzichten. Zum Glück ist das Heu an unserem jetzigen Quartier in Ordnung, so daß sich unsere 4 richtig satt essen können. Und unser Vorrat an Gerste ist auch wieder aufgestockt – die letzten Körner hatten wir zur letzten Tagesetappen gegeben. Das immerhin bekommen wir überall in rauen Mengen: Hafer oder Gerste.
Gras satt! Verdiente Grasspause bei exakt 2000 km Reisestrecke. Unsere Kumpel zeigen uns täglich neu, wo der Frosch die Locken hat!
Und hier in den Masuren finden wir auch fast überall bestes Gras, man merkt, daß der Boden hier fruchtbarer ist als im Land der endlosen Kiefernplantagen im Westen. Diese Gegend vermissen wir wirklich nicht! Tagelang nichts als Kiefern in Reih und Glied, ein paar Birken und endlose, schnurgerade Sandwege. Ein Traum für lange Galoppaden, für uns gähnende Langeweile und das Problem, über lange Strecken weder Wasser noch Gras zu finden. Aber immer wieder fanden wir doch schöne Ecken und tolle Gastgeber, und wir haben immer alle satt bekommen. Und ab Sagan sind wir quasi auf der Welle geritten – wir wurden von Gastgeber zu Gastgeber weitergereicht, jeder wusste wieder irgendjemanden in unserer Richtung. Und so landeten wir irgendwann bei Gregor.
Gregor sprach nach 33 Jahren in Deutschland perfekt deutsch, und hat sich mit seinem kleinen Hof einen Traum erfüllt. Es ist längst noch nicht alles so, wie er es sich vorstellt, aber er ist fleißig am bauen und renovieren, und man sieht überall sein Auge fürs Detail. 2 Nächte wollten wir hier verbringen, und trotz Gregors mehrfacher Einladung, doch etwas länger zu bleiben, saßen wir pünktlich zum Abritt an Tag 3 im Sattel. Aber nicht lange. Cordobes machte einen etwas müden Eindruck, und stolperte nach ein paar hundert Metern bereits so ungeschickt, daß er fast gestürzt wäre. Nein, so wollen wir nicht weiter. Gregor wartete ohnehin an der Straße auf uns, um uns bei der Überquerung der vielbefahrenen Raserstrecke zu helfen, und mit unserer Bitte um einen kleinen «Urlaub» haben wir bei ihm offene Türen eingerannt. Und eine weitere Idee kam uns auf dieser kürzesten aller unserer Tagesetappen: warum nicht versuchen, einen Transport für uns und die Tiere zu organisieren? Wir könnten ein paar hundert Kilometer einsparen und so den Zeitdruck etwas minimieren, und müssten uns keine Sorgen mehr machen, wie wir wohl die Weichsel überqueren. Zwei ehemalige Gastgeber waren uns hier eine unschätzbare Hilfe: Woitek hat innerhalb weniger Tage einen Transport für uns organisiert, und Marcin einen Stall für die Ankunft. Einen Ort, wo uns Michal von Happy Horse Taxi einladen konnte, fand ich schnell, denn da war doch noch eine Einladung aus der polnischen Facebookgruppe nicht weit entfernt? Es lief tatsächlich wie am Schnürchen, und eine gute Woche später waren wir innerhalb weniger Stunden plötzlich nicht mehr in West- sondern in Nordpolen.
Ein Beispiel was Gregor in 9 Jahren aus dem Hof gemacht hat. Die 1000 Bäume, die er auf seinen 70ha gepflanzt hat, passten, wie vieles andere nicht aufs Bild.
Es ist erstaunlich, wie schnell das geht. «Weit» ist ein Begriff, der sich für uns in den letzten Monaten gewandelt hat. Der nächste Laden ist 5km entfernt? Puh, dann müssen wir halt mit dem leben, was wir haben. Google Maps sagt 50km bis zu dem Stall, in den wir eingeladen sind? Vor übermorgen sind wir nicht da. Können wir mit unseren Tieren die Fähre über die Oder nehmen oder dürfen wir nicht drauf? Wenn es nicht klappt, kostet uns das zwei Tage, da die nächste Brücke 20km Luftlinie entfernt ist.
Marienburg- Zu riesig um auf ein Bild zu passen. Unsere Führung ging 6h und man war noch nicht überall.
Der Pelikan- angablich nährt dieser seine Jungen mit seinem Blut bis er stirbt- und wurde daher als Symbol ausgewählt.
Im Vordergrund vor.. im Hintergrund nach den Aufbauarbeiten nach dem Krieg.
Und jetzt sind wir mit einem Wimpernschlag ganz woanders als am Morgen. Aber wir haben eine Wiese mit mehr als genug Gras für 2 Tage, und so können sich alle von der Aufregung gründlich erholen – und wir mal so richtig Tourist sein.
Wir hatten ja schon das Glück, eine kleine Burg besichtigen zu können, und dank Woitek haben wir an einer Erlebnisführung in einem alten Schloß teilnehmen dürfen, aber hier wartete ein besonderes Schmankerl: wir durften einen alten Vito nutzen, um nach Malbork zu fahren, dort sei eine tolle große Burg. Naja, groß… Eher riesig. Irgendwann wurde mir auch klar, was wir hier für eine Burg besuchen würden: die Marienburg, ehemaliges Hauptquartier des deutschen Ordens. Auch wenn die Autofahrt ohne Tacho und ABS etwas abenteuerlich war, dieser Ausflug war toll. Und etwas später sollten wir wieder an diesen Tag erinnert werden, denn wir haben eine Nacht auf dem Schlachtfeld verbracht, auf dem der deutsche Orden gegen das polnische Heer verloren hat.
Vor den Denkmal, wo wir eine Nacht verbringen durften. Mit Grass satt und sogar eine Hütte war vorhanden 🙂
Dort ist heute eine Gedenkstätte, die selbst unter der Woche und bei nicht sooo tollem Wetter rege besucht wird – und wir waren so naiv, zu denken, daß wir bei diesem Regen bestimmt unentdeckt bleiben würden. Aber es hat sich keiner an unserer Anwesenheit gestört, im Gegenteil, wir brachen nach einem Kaffee am Imbiß mit einer Telefonnummer im Gepäck auf und der Einladung, doch auf eine Nacht zu bleiben, sollten wir mal durch den Osten Polens reiten.
Ja, und jetzt erleben wir also die Masuren. Es gefällt uns hier! Wir finden regelmäßig Wasser, das Gras ist frisch und nahrhaft, und es ist nicht mehr so heiß. Sogar eine Kanutour auf einem kleinen Fluß wurde uns ermöglicht, 13 herrliche Kilometer auf dem Wasser bei bestem Wetter. Und zu einem ehemaligen kleinen Kloster wurden wir gefahren, obwohl wir das auch zu Fuß hätten erreichen können. Die letzten Nonnen sind dort vor einigen Jahren verstorben, aber der Ort wird liebevoll erhalten und ist jetzt der Öffentlichkeit zugänglich. Dort haben wir übrigens unsere erste (und wahrscheinlich letzte) Quittenlimo getrunken. Sehr erfrischend, aber auch sehr gewöhnungsbedürftig…
Wenn man sich zu sehr über Schnacken aufregt, wird man mit «Designer-Kleidung belohnt»… Die einzige Mütze in der richtigen Grösse. Armer Schanchot!
Die vielen Gewässer in den Masuren haben allerdings einen Nachteil: Schnaken. Und die regen die Pferde irgendwie deutlich mehr auf als Bremsen, vor allem Schanchot. Ob es das Geräusch ist? Unser Fliegenspray ist jedenfalls bald wieder leer, mal sehen, wo wir neues bekommen. Morgens sehen Sati, Schanchot und Pablo oft aus wie Streuselkuchen. Nur Cordobes ist unter seiner Fliegendecke zumindest zu großen Teilen geschützt. Zum Glück sind die Quaddeln nach einigen Stunden meist wieder verschwunden, auch die in der Sattellage haben bisher keine Probleme gemacht.
Ja, auch nach mittlerweile über 2000km geht es unseren Tieren und uns gut, und dafür sind wir sehr dankbar. Jeden Tag sind sie aufs neue bereit, uns ein kleines Stückchen weiter Richtung Riga zu begleiten. Wir freuen uns schon jetzt darauf, ein für uns ganz neues Land kennen zu lernen: noch etwa 200km sind es bis Litauen. Ist ja quasi ein Katzensprung 😉
Es ist wie verhext, seit unserer Pause in Dubany, wo wir 3 Tage Erholung genießen durften, geht es irgendwie nicht voran. Nicht, daß wir nennenswerte Probleme hätten, aber irgendwie bleiben wir immer wieder «kleben». Es begann ganz harmlos, Bandit hatte sich an der Pfote verletzt und ging am Morgen lahm. So war an ein Weiterreiten natürlich nicht zu denken, und es war auch überhaupt kein Problem, auf der Gemeindewiese eine weitere Nacht zu bleiben. Eigentlich war das unser Glück, denn so kamen wir mit einer Gemeindemitarbeiterin ins Gespräch und erfuhren, daß unsere geplante Route nach Polen, die durch den Nationalpark führte, keine gute Idee war: dort darf man nur auf Straßen reiten, und 30km auf Straßen war für uns keine Option. Also planten wir spontan einen Umweg um den Park herum.
Immer diese Grenzformalitäten!
Endlich in Polen angekommen, wurden wir bereits nach 10km während unserer ersten Graspause von einem Pferdehalter «eingesammelt» – er konnte uns nicht ziehen lassen, ohne uns irgendwie zu helfen. Also gab es erst eine verlängerte Pause an seinem Stall, und aus der Pause wurde recht schnell eine Übernachtung. Es war einfach zu verlockend, diese netten und gastfreundlichen Menschen zu verlassen, um zurück in die brütende Hitze zu reiten.
Aber jetzt wollten wir endlich Strecke machen, schließlich haben wir ja ein Ziel! Ja, wir kamen genau 27km weiter, bevor wir wieder Pause hatten, und diesmal sogar fast eine Woche! Der Grund: mittlerweile sahen auch die Hufeisen der Kabardiner nicht mehr sehr vertrauenswürdig aus, und der Hufschmied sollte erst in einigen Tagen kommen. Wann genau? Keine Ahnung… Aber immerhin wurden wir in dieser Woche von Luisa bestens verwöhnt, und unsere Hütte war äußerst komfortabel!
Abschied von Louisa. Jetzt geht es endlich wieder los!
Und endlich, am Freitag, war der Hufschmied da, jetzt konnte es endlich wieder voran gehen! Wir hatten über eine polnische Facebookgruppe einige Einladungen bekommen, und die nächste war nur 4 Tagesritte entfernt. Gut erholt und voll motiviert ging es also los. Am zweiten Tag wurde es sehr anstrengend, es war wieder heiß, ein Großteil der Strecke war auf Straßen oder breiten, befestigten Wegen, und wir fanden einfach keinen Platz, wo wir hätten übernachten können. Am Ende waren es dann doch über 30km, als wir auf einem kleinen Gestüt mit Enthusiasmus zum Bleiben eingeladen wurden.
Da wir nun mit 36km nicht mehr viel Strecke übrig hatten, mussten wir uns überlegen, ob wir es doch an einem Tag versuchen, oder ob wir es ruhig angehen lassen. Das Wetter, die Anstrengung des Vortags und eine Burg direkt am Einstieg in unsere weitere Strecke ließen uns schnell entscheiden: es soll gemütlich sein. Ein bisschen wollten wir auch mal Sightseeing machen. Dennoch kamen wir auch an diesem Tag weiter als gedacht, da wir am späten Nachmittag in ein recht großes Waldgebiet kamen, und das musste erst mal durchquert werden, bevor wir eine Chance auf ein Nachtlager hätten. So blieben uns für den dritten Reittag nur noch etwas 10km, was sich schon ein wenig frustrierend anfühlte zunächst. Aber am Ende waren wir froh, daß wir nach der Ankunft und der Versorgung der Tiere noch die Zeit hatten, den kleinen Badesee unserer Unterkunft gründlich zu genießen! Hier ließe es sich wahrlich herrlich Pause machen, aber nein, nicht schon wieder!
Die Frühstücksrunde- und wir gehören wie selbstverständlich dazu!
Spät am Abend ergab sich dann auch schon unser nächstes Zwischenziel, wieder eine Einladung aus der Facebookgruppe, genau in unserer geplanten Richtung. Also quälten wir uns am Morgen aus den Schlafsäcken, obwohl wir am Abend unvernünftig lang am Lagerfeuer gesessen und uns mit anderen Gästen unterhalten hatten. Gegen halb acht hatten wir alles verpackt, und bereits jetzt war es in der Sonne kaum auszuhalten. Eine unserer Gastgeberinnen fragte uns, ob wir wirklich aufbrechen wollen, und nach einem kurzen Check der Wetter-App genügte ein Blick zwischen Konni und mir: 34° bereits am Vormittag, und dann heftige Gewitter. So sehr wir auch voran kommen wollen, nicht nur in unserem Interesse, sondern vor allem wegen der Tiere, allen voran Bandit, heute werden wir nicht reiten!
Ja, Polen will uns wohl nicht ziehen lassen, aber um ehrlich zu sein, wir genießen Polen gerade in vollen Zügen! Eigentlich hatten wir uns in Tschechien gerade so richtig eingewöhnt, und jetzt sollten wir uns schon wieder umgewöhnen? Aber Polen hat uns mit offenen Armen empfangen. Alleine schon Rafa, er war derjenige, der uns während unserer Graspause Hilfe angeboten hatte. Er und seine Frau hatten entweder das Gefühl, daß wir ein Problem haben, oder sie waren einfach total neugierig auf uns, jedenfalls war es unmöglich, ihre Einladung abzulehnen. Und so saßen wir dann mit ihnen zusammen, die Pferde wurden bestens versorgt, und bekamen unsere ersten Pirogi serviert, hausgemacht von Rafas Mutter, serviert mit einer klaren Rote Beete-Suppe aus der Thermoskanne. Da sowohl er als auch seine Frau Magda fast perfekt deutsch sprachen, haben wir uns lange und ausgiebig unterhalten. Und das nächste Highlight war auch schon das Agroturystyka, bei dem wir auf den Hufschmied warteten.
Atmosphäre hat der Platz ja… und einen besonderen Spassfaktor 😉
Luiza hat uns 3 leckere Mahlzeiten jeden Tag serviert, uns zum Einkaufen gefahren, uns ihre Waschmaschine zur Verfügung gestellt, und uns regelrecht umsorgt, ohne dabei aufdringlich zu sein. Diese Tage waren Erholung pur, aber natürlich mussten trotzdem die Equiden bewegt werden. Wir haben die Gelegenheit genutzt, daß wir ihren Reitplatz nutzen konnten, und haben ein wenig leichte Gymnastik gemacht, aber dann kam uns eine Idee für einen Ausflug: Auf dem Ritt zu Luiza wurden wir unterwegs gefragt, ob wir aus der Western City kämen. Western City? Etwa eine Art polnische Pullman City?
Nichts wie hin! Nur 8 Reitkilometer entfernt betraten wir also diese Attraktion, nachdem wir unsere Tiere am dortigen Stall auf einer kleinen Weide «parken» durften. Naja, Pullman City war es nicht, aber wir haben lecker gegessen, ein paar lustige Fotos gemacht, und die Vorführung eines Peitschenschwingers (nennt man das so?) und einen absolut authentischen Banküberfall bestaunen dürfen. Und: Ich habe endlich wieder mal in Cordobes Sattel Platz genommen, da wir ohne Gepäck unterwegs waren!
Am Samstag dann waren wir endlich «back on track», und nach fast 30km kamen wir an ein Dorf, in dem es offensichtlich Vieh gab. Perfekt, und dort nach einem Platz zu fragen. Hinter dem mannshohen Gartenzaun des ersten Hauses hörten wir Stimmen, vom Pferd aus hatte ich einen perfekten Blick auf ein gemütliches Abendessen in einem tollen Garten. Ich rief einen Gruß hinein, und fragte ob jemand Englisch könne, aber stattdessen würde ich auf deutsch zurück gegrüßt. Und so schnell konnten wir gar nicht gucken, wie wir einen Platz für die Pferde auf der von außen nicht einsehbaren, riesigen Wiese hatten und mit einem Teller voll Essen bei unseren Gastgebern am Tisch saßen. Als dann Wind aufkam und erster Donner zu hören war, wollten wir vor dem Regen noch schnell unser Zelt aufstellen, aber kaum war das aus dem Sack, durften wir es auch schon wieder verstauen – ein Gästezimmer mit eigenem kleinen Bad wurde unser Nachtdomizil, und so saßen wir noch eine ganze Weile beisammen, unser Gastgeber, sein deutschsprechender Gast und deren Frauen wollten alles über unsere Tour wissen. Nach einem üppigen Frühstück ging es also gut gelaunt weiter, und dieser Tag hatte es dann in sich. Immer wieder führte unsere Strecke kilometerlang über Asphalt, Alternativen waren nicht zu finden, und als es Abend wurde hatten wir immer noch keine Ahnung, wo wir die Nacht verbringen sollten. Um uns Acker um Acker, dazwischen kleine Waldstücke, oder Brachwiesen, auf denen fast nichts freßbares wuchs. Nach wieder einmal 4km auf einer Straße, ich hatte nebenher die Karte mit Google Maps abgeglichen, ob wir eventuell abseits unseres Tracks bessere Chancen hätten, hatten wir gerade beschlossen, auf einen Feldweg westlich abzubiegen, statt weitere 3km Asphalt zu reiten. Kurz vor dem Feldweg standen am Rand einer Kreuzung ein paar Fahrradfahrerinnen, und spontan fragten wir sie, ob sie eine Idee hätten, wo wir um Unterkunft mit den Pferden bitten könnten. Und ja, sie hatten: genau auf unserem Track, dort, wo wir gerade beschlossen hatten, nicht hin zu reiten, sei ein kleines Gestüt. Also, kurze Graspause für die Laune der Equiden, A…backen zusammenkneifen, und noch etwas Straße. Am Ortsanfang sahen wir den erwarteten Stall, und fragten uns gerade, wo wir jemanden finden können, der zuständig ist, als eine kleine Stutenherde mit Fohlen, geführt von einer ganzen Horde junger Mädchen und begleitet von einem jungen Paar, um die Ecke kam und Richtung Stall strömte. Unsere Rösser waren vor Aufregung kaum zu halten, also schnell absteigen und Ruhe in unsere kleine Herde bringen. Kaum war die Ordnung wieder hergestellt, standen Sebastian, Laura und die Kinder auch schon bei uns, neugierig geworden von unserem Aufzug. Ob sie etwas für uns tun könnten, ob wir irgendetwas bräuchten, war die erste Frage, und völlig unkompliziert wurden wir von allen zu einer tollen Weide im Ort geleitet, für die Pferde wurde zusätzlich Heu und Hafer besorgt, die Wasserwanne auf der Weide gereinigt und neu befüllt, und der Hund gefüttert bis er nicht mehr «Papp» sagen konnte.
Spontane Gastfreundschaft- bei Laura und Sebastian.
Wir bekamen ein Zimmer und ebenfalls etwas zu essen, und später saßen wir noch lange zusammen. Eigentlich hatten wir gehofft, daß der Besitzer der Pferde (Sebastian gehört nur der Hof), den wir an der Pferdeweide getroffen hatten, auch kommen würde, aber Laura hat ihn entschuldigt: er sei total neugierig auf uns, könne aber kein Wort Deutsch oder Englisch. Dabei hätten wir ihn wirklich gerne kennengelernt. Schon von weitem hatten wir ihn kommen sehen, in perfekter Haltung auf einem großem Schimmel kam er im Trab die Straße entlang geritten und hielt bei uns an. Es war ein Genuß, die beiden zu beobachten, anscheinend ein richtiger Pferdemensch vom alten Schlag. Naja, man kann nicht alles haben. Aber – wir haben ihn dann doch noch getroffen!
Wir mit allen Tieren in der Burg. Ein besonderes Erlebnis.
Die Burg oberhalb des Dorfes hatte es uns angetan, zum Teil renoviert, mit Bewirtung, könnte sie doch ein schönes Ausflugsziel sein. Laura hat uns bestätigt, daß wir mit den Pferden bis an die Burg reiten können, und so machten wir uns am Morgen an den Aufstieg. Durch das erste Burgtor konnten wir sogar reiten, und unter ein paar Bäumen fanden wir sogar Anbindebalken. Perfekt! Wir wollten uns abwechseln mit der Burgbesichtigung, ich betrat als erstes den inneren Burghof, während Konni vorerst bei den Tieren blieb. Aber ich hatte kaum den Eintritt bezahlt und begann, mich umzusehen, als ich gerufen wurde. Winkend kam der Herr vom Vorabend, der mit dem Schimmel, auf mich zu. Richtig, Laura hatte ja erwähnt, daß er auf der Burg arbeitet! Kurzum hat er uns das innere Tor geöffnet, so daß wir die Tiere hereinholen konnten. Neben der Folterbank fanden sich Anbindemöglichkeiten, und während Konni sich mit dem Fotoapparat auf die Außenansichten konzentrierte, bekam ich eine exklusive Burgführung von Wielaw, einfach fantastisch! Nach einem leckeren Bigos für uns und einer ausgiebigen Graspause unterhalb der Burg ging es dann endlich wirklich auf die Strecke.
Na? Wer mag sich mit der Burgfäulein anlegen?
Cordobez war von den Foltergeräten nicht sehr beeindruckt.
Und heute gab es Kiewitt-Adventure-Trails. Der breite, grob geschotterte Wanderweg war furchtbar, also habe ich uns über alternative Wege kreuz und quer in die passende Richtung geführt. Teilweise waren die Wege kaum mehr zu erkennen, aber auf echte Hindernisse stießen wir nicht, wir fanden sogar endlich ab und an Wasser für die Tiere. Allerdings hat uns dieser Spaß Zeit gekostet, und daher waren wir froh, als wir direkt am Waldrand bei einem Bauern einen Platz für alle fanden.
Ja, dank dieses doch recht großen Waldes hatten wir nun also nur noch knapp 10km bis zu Lucja, die uns auf ihr Agroturystyka eingeladen hatte. Wir ließen uns Zeit, wollten nicht unhöflich früh dort auftauchen, aber wir hätten uns darüber nicht sorgen müssen. Lucja und Beata leben und arbeiten hier auf einem Hof mit Pferden, Hunden, Hühnern, einem Schwein und einer Kuh, bauen Obst und Gemüse an, und strahlen eine solche Ruhe und Herzlichkeit aus, es war überwältigend. Gekocht wird vegetarisch, und das extrem lecker! Sie haben den ganzen Tag zu tun, da sie neben dem Hof auch noch die Gäste versorgen, aber man merkt ihnen an, daß sie diese Arbeit mit Leidenschaft und Liebe machen. So fällt es uns (mal wieder) nicht schwer, der Einladung zu folgen, und Hitze und Unwetter hier abzuwarten. Wir helfen Lujca und Beata beim Einkaufen und kochen, ich schaue mir das von Fliegen arg mitgenommene Auge der Kuh an und helfe, die richtigen Medikamente zu holen, und baden noch einmal im See. Die Equiden haben eine 3ha große, unberührte Weide mit Wald, Offenstall und Seezugang für sich, und Bandit kann der Hitze und dem Gewitter gemütlich im gut belüfteten Heustock, wo auch unser Bett steht, aus dem Weg gehen – natürlich erst, nachdem auch er im See schwimmen dürfte.
Suchbild: Ja, unsere Huftiere sind tatsächlich irgendwo auf dieser Weide.
Ja, Polen ist bisher gut zu uns, und bereits in zwei oder drei Tagen sind wir wieder bei einem Stall, zu dem wir eingeladen wurden. Und die vielen weiteren Einladungen heißt es jetzt sortieren, welche für uns in Frage kommen.
Im Moment ist unsere größte Sorge, wie wir mit den Pferden über die Weichsel kommen, davor wurden wir explizit gewarnt. Der Fluß ist extrem breit, und die wenigen Brücken sind stark befahren. Aber wenn wir eines gelernt haben seit unserer ersten Tour: Es wird sich fügen!
Wir sitzen in einer kleinen tschechischen Kneipe, in der wir vor 2 Tagen eine der besten Pizzen unseres Lebens gegessen haben, und müssen erfahren, daß es wegen einer Großbestellung 2 Stunden dauert, bis wir essen können. Um uns beginnt nach dem bisher heißesten Tag, den wir mit leichten Arbeiten oder schlafend hauptsächlich im Schatten verbracht haben, ein vermutlich etwas eskalieredes Gewitter. Aber wenn wir eines haben, dann ist es Zeit. Außer ins Zelt zu kriechen haben wir heute nichts mehr zu tun, also warten wir. Die Pizza ist es definitiv wert.
Ja, der Sommer ist da. Und mit ihm Hitze und die nervigen Insekten. Jetzt müssen die Fransenteile zeigen, was sie können, und sie können einiges. Aber was mich am meisten nervt sind die kleinen Mücken, die mir mit schönster Regelmäßigkeit in die Augen fliegen – und das Autan ist offensichtlich Zuhause geblieben… Aber unsere Gastgeber in Dubany, Misa und Petr, sind unglaublich. Völlig selbstverständlich macht Misa mit uns eine Shoppingtour nach Pardubice, erst in ein Reitsportgeschäft, dann zu Dekathlon. Großeinkauf! Und auch sonst lassen sie keine Wünsche offen, dafür aber ihre Haustüre, damit wir jederzeit auf die Toilette oder unter die Dusche können, was wir weidlich ausnutzen. Wann haben wir uns zuletzt so sauber gefühlt?
Diese Pause war aber auch dringend nötig. 10 Tage sind wir jetzt am Stück geritten, und es waren fordernde Tage. Erst war es immer wieder naß, so daß wieder einmal die Schlafsachen kaum mehr trocken zu halten waren, dann kam die Hitze, quasi von heute auf morgen. Und wir reiten mittlerweile durch eine Region, die dominiert wird von Getreidefeldern und riesigen Heuwiesen, also ist die Quartiersuche jeden Abend eine Herausforderung. Mittlerweile sind wir dazu übergegangen, gegen Abend, wenn möglich, eine Dorfkneipe anzusteuern. Bei einem kleinen Bier fragen wir dann in die Runde, ob jemand eine Idee hat, wo wir unterkommen können. Das klappt zum Glück meistens sehr gut. Aber nicht immer liegt gerade eine Dorfkneipe auf dem Weg, und einen Abend vor unserer geplanten Ankunft in Dubany wollten wir nur «noch schnell» Tremosnice und den darauf folgenden Aufstieg hinter uns bringen, um dann eine Wiese zu suchen. Der Anstieg wurde dann nach bereits 30km und hungrigen Pferden ein echtes Abenteuer. Der zunächst nette Pfad entlang eines Baches wurde immer felsiger und enger, längst waren wir abgestiegen und ließen alle bis auf das vorderste Tier frei laufen. Umgestürzte Bäume zwangen uns teilweise in das steinige Bachbett, immer wieder mussten die Tiere darüber springen. Ich bin immer noch sprachlos, wie selbstverständlich alle 4 diese knochenbrecherischen Passagen meisterten! Und dann war nach etwas mehr als 2/3 der Strecke Schluß, die Bäume waren einfach nicht mehr passierbar mit Pferden. Also alles wieder zurück, und das, bevor die Dämmerung einsetzt, denn sonst wäre es wirklich gefährlich geworden. Aber zurück am Fuß des Berges, kurz vor dem Stadtrand von Tremosnice, sahen wir weit und breit nichts als abgemähte Heuwiesen, kein Futter für unsere hungrigen und müden Partner.
Und dann traf uns das Wanderreitkarma mal wieder mit voller Wucht: die ersten Menschen, die wir im nahen Dorf ansprachen, hatten Nachbarn mit Pferden. Telefonisch haben sie niemanden erreicht, also liefen sie kurzerhand mit uns zu dem Platz, wo die Pferde standen. Und dort bekamen wir nicht nur eine Wiese mit Gras satt, sondern auch ein trockenes Plätzchen für unseren Schlafplatz, außerdem eine genaue Beschreibung, wie wir ohne Umweg auf sicheren Wegen den Berg erklimmen können.
Dieses Erlebnis war aber nur die Krönung dessen, was Tschechien uns in dieser doch eher flachen Landschaft an Problemen bereitet hat. Solche Schwierigkeiten erwarten wir im Gebirge, aber nicht in dieser sanften Hügellandschaft. Aber auch wenn Tschechien über ein formidables Wanderwegenetz verfügt, und wir teilweise über viele Kilometer sogar ausgeschilderten Reitwanderwegen folgen können, so sind die übrigen Wald- und Feldwegen oft ganz anders, als in der Karte angegeben. Und selbst die sogenannten Wander- oder Reitwege sind oft quasi nicht existent, selbst wenn wir Markierungen an den Bäumen finden. Oft genug werden Wege an Feldrändern von den Landwirten einfach in ihre Felder integriert – es macht echt Spaß (nicht!), mit Pferden durch ein Weizen- oder Maisfeld zu reiten… Oder es ist im Prinzip ein Weg da, aber er wird nicht gemäht. Ich sende oft ein Dankgebet an meine Lederhose, aber wenn die Brennnesseln mannshoch auf dem Weg wachsen muß man trotzdem gut aufpassen, wo man die Zügelhand hat. Oder der Wanderweg führt über einen tiefen Bach. Keine Brücke hilft bei der Überquerung, nein, der geneigte Wanderer möge bitte 5m über den dicken Baumstämme balancieren…. Erkläre das mal einem Kabardiner oder Muli…
Aber wenn es nicht gerade extrem sumpfig ist, machen unsere 4 mittlerweile viel mit. Aber da war diese eine Stelle, im eigentlich ebenen Waldstück. Eine tief eingeschnittene Rinne querte unseren Pfad, offensichtlich eine seit Ewigkeiten nicht mehr genutzt Fahrspur. Eine steile Böschung führte über eine Abbruchkante 3m in die sumpfige Tiefe, ein Horror. Mit sehr viel Mühe bekamen wir nach und nach alle überredet, uns zu folgen, nur um 10m weiter eine wirklich gefährliche Stelle vorzufinden: ein weiterer Graben, nicht so tief, aber ebenfalls sumpfig, und voll mit abgebrochenen Stämmen und Ästen. Ich konnte die Weigerung von Cordobes an dieser Stelle voll verstehen! Und zu allem Überfluß begann es in genau diesem Moment, heftig zu regnen. Na wunderbar, gefangen im Sturzregen zwischen zwei nahezu unpassierbaren Gräben… Ich überließ Konni mit den Tieren seinem Schicksal, wo sollten sie auch hin, und suchte nach einer Alternative. Zum Glück konnten wir die gefährliche Stelle umgehen, und die Wiese, über die wir zurück zum Weg gingen, war bereits gemäht. Hätten wir durch reifes Heu stapfen müssen, in diesem Moment wäre es uns egal gewesen!
Aber nicht nur die Wegführung treibt unerwarteterweise im Moment regelmäßig unseren Puls hoch, vor ein paar Tagen hatten wir eine zumindest für ein paar Augenblicke spannende Begegnung. Wir bogen im Wald um eine Ecke, der Weg war komfortabel breit, und sahen in einiger Entfernung vor uns ein Tier. Wie angewurzelt blieben unsere Reittiere stehen. Und dann dachte ich, ich höre nicht recht. Konni, der vor mir ritt, meinte: Oh, das ist ein Wolf….
Ja, das konnte sein. Er war noch ein gutes Stück entfernt, aber die Statur und Erscheinung passt, und er hatte einen sehr lauernden Ausdruck. Und auch wenn ich immer etwas großspurig sage, daß ich vor Begegnungen mit Wölfen oder Bären keine Angst habe, ging mein Puls in diesem Moment doch hoch. Würden die Pferde gleich durchgehen? Würde der Wolf angreifen? Ich beschloß, natürlich erst, nachdem wir ein Foto geschossen hatten, in die Offensive zu gehen und begann laut zu rufen, Konni stimmte mit ein. Als dann der vermeintliche Wolf auf uns zu kam, sahen wir, daß es zum Glück doch nur ein Hund war, sogar ein Halsband konnten wir bald erkennen.
Ja, die Abenteuer scheinen nicht abzureißen, aber solange sie so gut ausgehen…
Und heute haben wir dann an ein kleines Abenteuer unserer letzten Tour anknüpfen können: Vor 2 Jahren haben wir in den tschechischen Wäldern im tiefsten Schlamm einen Endurofahrer getroffen, der seine schwere KTM in einer tiefen Pfütze versenkt hatte, und völlig erschöpft von vergeblichen Befreiungsversuchen am Wegrand saß. Mit vereinten Kräften und mit Hilfe unseres Notfallseils konnten wir ihn befreien. Und heute hat er uns in unserem Pausenquartier besucht. Dank Facebook hat Simon gesehen, daß wir keine 40km entfernt von seinem Zuhause sind, und so hat er sich an seinem freien Nachmittag auf den Weg zu uns gemacht. Es war uns eine echte Freude, diesen tollen Menschen wiederzusehen!
Noch immer warten wir auf unsere Pizza, aber das große Gewitter scheint uns zu verschonen, mehr als etwas Donner und einem kurzen Nieselregen gab es bisher nicht. Ab morgen wird es zum Glück nicht mehr so heiß, und so wollen wir versuchen, diese landwirtschaftlich geprägte Region so schnell wie möglich zu verlassen, Polen wartet schon auf uns. Und wie schon so oft zuvor wird es uns wieder schwer fallen, unsere tollen Gastgeber zu verlassen, aber wir wollen schließlich zu Tina, also heißt es morgen Früh nach zwei trotz aller Erledigungen erholsamen Tagen wieder: Back on track!
Nach den Verwöhntagen bei Monika sind wir nur einen Tag geritten, dann hatten wir schon wieder zwei Tage Pause. Pünktlich zum Kabardinerfest kamen wir Freitag Abend am Gruselsberg bei Tobias und Karin an. Es grenzt ja fast an ein Wunder, daß unser Timing bei dieser Strecke so perfekt gepaßt hat. Am Samstag war der Hauptprogrammpunkt die Vereinssitzung des Kabardinervereins, und wir waren mehr als überrascht, als wir plötzlich Teil des Protokolls waren: Zweck des Vereins ist die Förderung des Kabardinerpferdes, und es wurde einstimmig beschlossen, daß Sati und Schanchot mit der Teilnahme an unserer Tour förderungswürdig sind – wir danken an dieser Stelle ganz herzlich für die finanzielle Unterstützung! Tobias hatte uns ja schon vor zwei Jahren sehr geholfen, als er uns einen Kontakt in Kärnten vermittelt hat. Toll, daß wir über dieses Netzwerk so viel Hilfe bekommen. Wir konnten uns dann ein wenig revanchieren, indem wir am Abend spontan in gemütlicher Runde unseren Vortrag gehalten haben, dank moderner Technik hatten wir ja alles zur Verfügung, was wir brauchten.
Bei gutem Essen und netter Gesellschaft verging der Abend dann wie im Flug. Am Sonntag gab es als Schmankerl ein Seminar zum Training von Distanzpferden, und auch wenn wir für 160km nicht einen Tag, sondern eher sechs brauchen, war es doch interessant, wie man ein Pferd auf eine solche Leistung vorbereitet. So verging das Wochenende wie im Flug, und trotz angekündigtem Starkregen sind wir am Montag gut erholt Richtung Tschechien aufgebrochen.
Mit etwas Motivation hätten wir die Grenze bereits am zweiten Tag überqueren können, aber der Abend bei Michael, Monikas Hufschmied, wurde lang. Sein Vater und er sind eingefleischte Rosserer, und so gab es viel zu erzählen. Da war die Kondition am nächsten Tag etwas beeinträchtigt…. Naja, auf ein paar Stunden soll es nicht ankommen, und auch, daß wir am Dorfladen von Eisenstein, bei der Kramerin, eine Weile aufgehalten wurden, hat uns nicht gestört. Zumal alle Vierbeiner begeistert willkommen geheißen und mit Leckereien gefüttert wurden: die einen mit Möhren, Bananen und Äpfeln, der andere mit Leberkäs. Aber dann rollten wir endlich mit vollen Bäuchen Richtung Grenze! Endlich war es soweit, endlich ging das eigentliche Abenteuer los. Schon auf der Strecke Richtung Eisenstein hatte sich dieses lang vermisste Gefühl von Freiheit eingestellt. Keine Unterkünfte, die man bis zum Abend erreichen muß, keine Termine, keine enge Planung. Nur der grobe Track vor einem und die Neugier darauf, wo wir wohl heute die Nacht verbringen.
Und jetzt ist die erste Woche schon wieder rum. Bisheriges Fazit: es klappt noch, das Wanderreitkarma hat uns nicht verlassen. Und gerade, als unser Zelt und die Schlafsachen so allmählich nicht mehr trocken zu bekommen waren, fanden wir eine feste Unterkunft. Am Telefon würde ich allerdings gewarnt: sehr luxuriös sei es nicht, was sie uns anbieten können…. Naja, Luxus ist relativ. Wir haben feste Wände, Betten mit sauberer Bettwäsche, eine kleine Küche mit Kühlschrank, ein Klohäuschen mit Trockentoilette, eine Outdoordusche mit heißem Wasser, eine riesige Weide für die Pferde, WLan, dürfen Wäsche waschen… Und Gastgeber, die alles, wirklich alles tun, damit es uns und den Tieren gut geht. Wenig Luxus? Ganz im Gegenteil!
Daß es hier auch für unsere Tiere so perfekt ist freut uns sehr, denn die haben uns täglich bewiesen, daß sie die besten Partner sind, die wir uns wünschen können. Besonders Pablo und Cordobes haben mal wieder gezeigt, was in ihnen steckt. Über dem Waldweg lag ein großer Baum quer, so groß, daß nicht einmal der Gedanke an die Klappsäge aufkam. Links dichtes Gestrüpp, rechts junger Wald. Ohne groß Unterholz, aber die Bäumchen standen teilweise sehr dicht. Nun ja, wir hatten keine Wahl, und so ist Konni voraus geritten in das Labyrinth. Immer nach den größten Lücken suchend, ging es kreuz und quer in die angepeilte Richtung. Und dann, kurz vor dem Ende der Umgehung, war sie da: DIE Lücke, die eigentlich zu schmal war. Pablos Packkisten passten zwar gerade so durch, nicht aber die Knoten der Befestigungsseile daran. Jedes Pferd, daß ich kenne, wäre jetzt hektisch geworden und entweder rückwärts oder vorwärts geflüchtet; nicht so Pablo. Kurz blieb er stehen und dachte nach, dann hat er das Problem geschickt mit ein paar kleinen diagonalen Schritten gelöst. Bedenken hatte ich dann, weil die Kisten von Cordobes sogar noch breiter sind. Und Schanchot hat in solchen Engstellen gerne Platzangst, was für meine Satteltaschen nicht immer gesund ist. Ich entschied mich also, abzusteigen. Cordobes habe ich das Führseil am Sattel befestigt, im Vertrauen darauf, daß er uns auch frei folgen würde.
Meinen Russen habe ich geführt, was sich als gute Idee herausgestellt hat, und dann konnte ich zusehen, wie Cordo sich seinen ganz eigenen Weg gesucht hat. Mit einer bewundernswerten Ruhe schlängelte er sich mit seiner breiten Last durch die Bäumchen, und als auch er auf die anscheinend unvermeidliche zu enge Lücke traf, konnte ich kaum fassen, wie intelligent diese Mulis sein können: er ist so in den Zwischenraum, daß die linke Kiste gerade so durch ging, während er mit der anderen vorsichtig einen nachgiebigen Baum beiseite bog, ohne einen Schaden am Material zu verursachen. Dann kam er direkt zu mir und sah mich an als wolle er sagen: «Wo ist das Problem?» In solchen Momenten zeigt es sich: die beiden Mulis tragen nicht deswegen das Gepäck, weil die Pferde besser zu reiten sind, sondern weil das schlauere Tier die schwierigere Aufgabe bekommen sollte….
Aber auch in weniger spektakulären Momenten beweisen alle vier immer wieder ihren Wert. Wenn wir beispielsweise mitten in der Innenstadt einkaufen oder eine Kleinigkeit essen wollen. Angebunden an Bäumen, Laternenpfosten, Straßenschildern oder Zäunen fallen sie sofort in den Ruhemodus, egal wie viele Passanten begeistert ankommen und sich mit ihnen fotografieren lassen oder sie streicheln. Oder als wir mitten im Nationalpark Böhmischer Wald ein kleines Bäumchen auf Brusthöhe über dem eigentlich breiten und gepflegten Weg vorfanden, und ich, als ich abgestiegen war, feststellen musste, daß sich Schanchot kurz vorher an einer Ablaufrinne eines seiner Hufeisen halb abgezogen hatte.
Pragmatisch nutzen wir das Hinderniss als Anbindebalken, und während Konni und ich das Eisen erst komplett entfernten und dann wieder frisch aufnagelten, dösten die anderen Rösser zufrieden im Halbschatten. Daß ihnen im Anschluß der kleine Baum quasi vor die Füße fiel, als wir ihn durchsägten, ließ alle vier völlig kalt. Naja, wenn selbst eine Baumfällung mit dem Ernteroder direkt neben dem Weg ihnen keine Angst macht…
Was wir ja im Moment sehr viel haben ist Wasser. Von oben wie von unten. Klar, kleinere Pfützen auf dem Weg werden in der Regel umgangen, man könnte ja nasse Hufe bekommen. Aber wir können nicht mehr zählen, durch wie viele kleine Furten, über wie viele volle Wasserrinnen, durch wie viele sumpfige Stellen und auf wie vielen zum Bachbett gewordenen Wegen wir geritten sind. Und während dies für Cordobes vor allem zu Beginn der Tour 2022 noch ein riesen Problem war, geht er mittlerweile überall entspannt durch und drüber. Und dann standen wir kurz vor Ankunft an unserem jetzigen Pausenquartier vor unserer ersten echten Furt. Der Weg führte zu einer Brücke, die definitiv nicht für das Gewicht von Equiden ausgelegt war. Aber ein kurzer Blick auf die Karte zeigt, der Abzweig nach links führt zu einer Furt. Naja, hatten wir ja jetzt oft genug, kein Problem. Als wir um die Ecke bogen musste ich dann doch kurz schlucken: kein Bach, sondern ein regelrechter kleiner Fluß lag in unserem Weg, mit einer ordentlichen Strömung. Wie tief? Keine Ahnung, das war nicht zu erkennen. Hilft nichts, werden wir wohl dann merken – vorausgesetzt, die Tiere wagen sich überhaupt hinein… Und dann war alles ganz unspektakulär. Daß die beiden Kabardiner das machen, da hatte ich eigentlich keine großen Zweifel, die mögen Wasser. Aber auch beide Mulis sind uns ohne Zögern gefolgt. Wir mussten dann übrigens tatsächlich die Steigbügel heben, um keine nassen Füße zu bekommen. Schwimmen musste aber nur der Hund, der sich trotz Strömung ins Wasser gewagt hat.
Ja, die neue Herde wird immer mehr zum echten Team, das merken wir von Tag zu Tag. Es ist anders als letztes Mal, das neue Mitglied Schanchot macht einen Unterschied. Aber so langsam ist die neue Routine gefunden, die neue Konstellation hat sich quasi gesetzt. Wenn wir jetzt noch die Morgenroutine optimiert bekommen… Aber das ist ein anderes Thema, für einen anderen, neuen Blog 😉
Fast 700km sind wir mittlerweile geritten, und den Hufeisen von Sati und Schanchot sieht man diese Strecke an. Gestern sind wir bei Moni im bayerischen Wald angekommen, und ihr Hufschmied wird heute dafür sorgen, daß die beiden wieder neues Schuhwerk bekommen. Die Eisen der Mulis sind dank Stollen noch einwandfrei, mal sehen, wie lange die noch halten.
Bei Moni können wir uns auch zwei Tage erholen, wir freuen uns riesig, daß wir dieses Jahr bei ihr vorbeikommen. Auf unserer Tour vor zwei Jahren haben wir sie kennengelernt, als sie uns spontan einen Hängershuttle über den frisch verschneiten Paß von Pfunds nach Nauders angeboten hat. Und damals ist sie ja spontan ein paar Tage in Österreich mit uns geritten. Das waren tolle Tage mit ihr, und so waren wir begeistert, als sie vor einer Woche wieder mit ihrem Pferd Johnny zu uns gestoßen ist. Da sie die Strecke schon einmal in umgekehrter Richtung geritten war, konnte ich die Navigation ganz bequem ihr überlassen, und sie hat sogar die Quartiere noch mal eben so vorher organisiert – wir konnten also ein paar Tage ein rundum-sorglos-Paket mit bester Gesellschaft genießen.
Monika hätte übrigens zu keinem passenderem Zeitpunkt bei uns ankommen können. Wir waren gerade auf dem Weg zu meiner Cousine Angela, bei einem Landwirt in ihrer Nähe durften die Rösser nächtigen, als irgendwie alles schief ging. Es war heiß, die Fliegen haben Mensch und Tier genervt, die Strecke durch einen kleinen Ort war stressig. Und als Konni auf einem engen Feldweg wieder aufsteigen wollte und Sati aus irgendeinem Grund scheute, stürzte er. Horrorszenarien von gebrochenen Knochen im Kopf, war ich mehr als erleichtert, als ich Konni stehen sah. Aber wir sind alle keine 20 mehr, und er hat Federn gelassen. Wieder einmal, wie schon mehrfach in unserem ersten Monat unterwegs, kam der Gedanke auf, ob wir überhaupt weitermachen können. Aber wie auch die letzten Male hatten wir Glück im Unglück, und während der nächsten Tage hat mir Monika geholfen, unsere 4 Tiere zu satteln und zu beladen, da Konni trotz Schmerzmitteln nichts Schweres heben konnte. Allmählich wird es jetzt besser, und nach den Pausentagen ist er hoffentlich wieder (fast) wie neu.
Ja, dieses Jahr hatten wir schon in den ersten Wochen geballtes Abenteuer, so langsam dürfte es mal etwas langweiliger werden. Es ist halt jede Tour ein neues Abenteuer, und die neue Herdenkonstellation macht auch einen Unterschied. Jetzt hat nicht nur einer von uns ein Handpferd, sondern wir beide. Eigentlich hatten wir ja wieder vor, alle zwei Tage die Packtiere zu wechseln, aber aus drei Gründen haben wir das bis auf einen Tag nicht gemacht: Zum einen konnten wir durch das zusätzliche Packtiere das Gewicht pro Tier deutlich reduzieren, inklusive Kisten trägt jedes nur etwa 40kg.
Zusätzlich hat sich unsere momentane Konstellation (vorne Konni auf Sati, hinten ich mit Schanchot, die Mulis als Handtiere) super bewährt, alle laufen die meiste Zeit im Pulk ein flottes Tempo. Und die Mulis haben gegenüber den Pferden einen erheblichen Vorteil: Sie passen selbstständig auf, daß sie, wenn es eng wird, mit den Packkisten nirgends hängen bleiben. Das schont Nerven und Material!
Aber auch wenn wir für unseren Geschmack schon ein wenig zu viel Abenteuer hatten für die kurze Zeit, die wir jetzt unterwegs sind, überwiegen doch die schönen Erlebnisse und die Freude an dieser Art des Reisens. Wir haben nicht nur viele lieb gewonnene Menschen wieder getroffen, sondern auch ganz tolle neue Bekanntschaften gemacht. Es würde wirklich ausufern, von allen zu berichten, beispielhaft möchte ich hier einfach mal von einem Quartier erzählen:
Wir waren schon ziemlich müde, der Tag war für alle anstrengend gewesen. Die Nacht davor, die wir auf einer Wiese verbringen durften, war wegen eines heftigen und anhaltenden Gewitters für keinen besonders erholsam gewesen, und wir mussten bei drückender Hitze eine Bahnlinie, eine Autobahn und den Lechkanal überqueren. Die Brücken bzw. Unterführungen zwangen uns zu einigen Umwegen, die Landschaft war uninteressant. So hofften wir auf freundliche Aufnahme, als wir auf dem Weg hinab zu einem kleinen Dorf rechter Hand ein paar Pferde auf der Weide sahen. Als wir allerdings direkt an der Ortsstraße einen Landwirt bei seinen Rindern im Stall sahen, haben wir ihn kurzerhand gefragt, ob er eine Idee hätte, wo wir bleiben könnten. Tja, weiter kamen wir nicht. Wir durften auf einer riesigen Futterwiese auf bestem Gras unsere Koppel abstecken, und auch für uns und Bandit wurde bestens gesorgt.
Nachdem unser Lager soweit stand, durfte ich duschen – in 18 Jahren Großtierpraxis habe ich in so einigen Milchkammern gestanden, aber daß ich mal in einer duschen würde, hätte ich mir nicht träumen lassen! Als ich zurückkam, dachte ich erst, da steigt eine Gartenparty, aber das waren nur unsere Gastgeber, ihre Verwandten und Nachbarn, die sich alle eingefunden hatten, um sich den spannenden Besuch anzusehen und ein wenig zu reden – und um uns Vorräte zu bringen: eine ganze Schubkarre mit Brot, Obst, Hundefutter, Wein und haltbaren Lebensmitteln hatte uns unsere Gastgeberin Conni zusammengesucht, und Bandit kaute bereits auf seinem zweiten Knochen.
Überwältigt von dieser Großzügigkeit gingen wir dann etwas später zum lokalen Griechen, um uns zu stärken. Ein wenig überrascht nahmen wir den schon zum Essen gereichten Ouzo dennoch gerne an, nicht ahnend, daß dies nicht der letzte sein sollte. Nachdem wir mit wohlig gefüllten Bäuchen beim zweiten Bier saßen, kam nicht nur ein weiteres Gläschen, sondern auch ein unverhofftes Dessert, und als wir nach Begleichen der Rechnung gerade aufstehen und gehen wollten, ein drittes Glas. Holla, na, hier ist der Wirt ja großzügig! Nun gut, so schläft es sich bestimmt umso besser, und nach einem kurzen Spaziergang fielen wir erschöpft in unsere Schlafsäcke.
Am nächsten Morgen ging es mit der Grosszügigkeit gerade so weiter. Wir waren kaum aus dem Zelt gekrochen und den obligatorischen ersten Gang (nicht ins Gebüsch!) erledigt und Konni wollte gerade den Gaskocher für einen ersten Kaffee richten, da tauchte unsere Gastgeberin schon mit einem Frühstückstablett auf! Wow, diese Frau beherrscht das Timing! Bei herrlichem Sonnenschein saßen wir also faul auf unseren Faltstühlchen, ließen uns von außen von den Sonnenstrahlen und von innen vom Kaffee und dem wohligen Gefühl, willkommen zu sein, wärmen und sahen unseren Tieren beim Grasen zu.
Schweigend hingen wir beide unseren Gedanken nach, und die waren bei uns beiden dieselben: Genau hier wollen wir einfach sitzen bleiben, wir wollen hier nicht weg, nicht heute! Nur traute sich irgendwie keiner, diesen Gedanken auszusprechen, hatten wir doch schon für den Besuch bei meiner Cousine Angela in wenigen Tagen einen Pausentag eingeplant… Aber irgendwann habe ich es doch gesagt, und Konnis Erleichterung, daß es mir nicht anders ging als ihm, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Unseren Gastgeber Peter fand ich im Stall bei seinen Kühen, und er war spontan begeistert davon, daß wir eine noch einen Tag bleiben wollten. Und was war das für ein herrlicher Tag! Bei herrlichem Frühlingswetter konnten wir nicht nur wunderbar faulenzen und uns erholen, wir haben auch unsere Wäsche gewaschen und einige kleinere Reparaturen erledigt, und zum Nachmittagskaffee wurden wie von einer Nachbarin auch noch eingeladen, inklusive extra für uns gebackenen Kuchen.
Am Abend gingen wir wieder zu unserem gastfreundlichen Griechen. Gab es wieder drei Ouzo? Na klar! Der Wirt hat mit uns angestoßen und uns begeistert über unsere Tour ausgefragt. Und als wir vorsichtig gefragt haben, ob wir statt des normalen Beilagensalats je einen kleinen griechischen Bauernsalat haben könnten, kam stattdessen ein riesiger Teller für uns gemeinsam, zusammen mit einer Portion Scampi. Und erneut das leckere Dessert, das wir schon am Vorabend spendiert bekommen haben. Es war sooooo lecker, genau wie die Kalbsleber mit karamellisierten Zwiebeln. Nach all der Schlemmerei und der Großzügigkeit wollten wir uns dann schon persönlich beim Wirt verabschieden und uns bedanken, und als dieser dabei kurz Richtung Trensen flitzte schwante uns übles – ein weiterer Ouzo wäre jetzt wirklich ein bißchen viel….. Wir haben ihn unterschätzt! Mit den Worten: «Irgendwann kommt eine Situation, da braucht ihr ihn!» hat er uns gleich eine ganze Flasche überreicht.
Der Abschied von Gaulzhofen fiel uns am nächsten Morgen aus zwei Gründen schwer: wegen der tollen Menschen, und weil der Ouzo doch noch ein wenig in den Knochen steckte….
A propos Ouzo: 2022 hatten wir ja etwas Bedenken, daß wir in den osteuropäischen Ländern mehr als uns lieb ist zum Konsum hochprozentiger Genußmittel genötigt werden würden, hatten uns schon Ausreden ausgedacht, um dem, wenn nötig, höflich aus dem Weg zu gehen – eine völlig unnötige Sorge, auch wenn es schon das ein oder andere Schluckerl gab, war es nie allzu bedenklich. Völlig unvorbereitet hat uns dieses » Problem» im vermeintlichen Bierland Bayern ereilt, hier haben wir wohl jetzt schon mehr «Kurze» jeglicher Art getrunken als auf der gesamten letzten Reise! Aber zum Glück sind es von hier aus nur noch einige wenige Etappen, bis wir wieder in der tschechischen Republik sind, und wir freuen uns schon wahnsinnig darauf, wieder in dieses Land und weiter nach Polen zu kommen, und damit endlich irgendwie an das Ende unseres letzten Abenteuers anzuknüpfen. Und darauf, diesmal hoffentlich auch ins Baltikum zu gelangen, das ja unser eigentliches Ziel ist. Aber wie sagt unser Wanderreitfreund Gerry einmal: Das ist der Unterschied zwischen einer Reise und einer Anreise. Besser kann man es nicht ausdrücken. In diesem Sinne hoffe ich, noch ganz oft ganz viel von unserer Reise berichten zu können.
Eigentlich wollten wir mit dem heutigen Pausentag den angekündigten Starkregen aussitzen, aber jetzt sitze ich auf unserer Station gemütlich im Schatten, den Hund neben mir, und versuche mich aufzuraffen, die anstehenden Arbeiten zu erledigen.
Wir müssen einiges ändern, von der Einstellung der Hinterzeuge bis zur Gepäckorganisation. Dadurch, daß wir die Packkisten diesmal mit Seilen befestigen kommen wir tagsüber nicht an die verstauten Sachen. Also kommt unser persönliches Gepäck jetzt auf die Packtiere, und in die Satteltaschen kommt Proviant, Wasser, Falteimer und anderes, was unter Tag nötig sein könnte. Vor allem der Falteimer muß zwingend greifbar sein, denn Brunnen oder für die Pferde zugängliche Bäche sind auf unserer momentanen Strecke Mangelware. Ja, Pausentage sind eigentlich nur für die Tiere wirklich Pause, wir haben immer zu tun. Trotzdem tut es gut, mal einen Tag nicht unterwegs zu sein. Es war eine anstrengende Etappe seit dem letzten Pausentag. Erst hatten wir kalten Dauerregen, bis sogar die Schlafsäcke und Isomatten nicht mehr trocken waren, dann hatten wir Sorgen wegen unserer Tiere.
Aber von vorne:
Nach den nassen Tagen kamen wir zu einem Wanderreitfreund, der uns auf seinen Hof eingeladen hatte. Dort konnten wir im Schopf und in einer mit Holzofen beheizten Ferienwohnung alles gründlich trocknen und wurden mit leckerem Essen verwöhnt. Auch wenn wir dort nur eine Nacht waren, hat es sich fast angefühlt wie ein Pausentag.
Mit frischen Kräften ging es also weiter, und am späten Nachmittag erreichten wir eine kleine Wanderreitstation, die uns gerne spontan aufnahm. Leider gab es dort keine Weide, sondern nur Gastboxen. Ein Alptraum mit Muli Pablo, der alles versucht, um aus einer Box auszubrechen! Aber für die Mulis gab es dann einen Paddock vor dem Stall, der extra für uns frei gemacht wurde. Aber es war der Wurm drin an diesem Abend. Nach anfänglicher Nervosität haben alle Equiden doch noch angefangen, sich zu entspannen und zu fressen, alle, bis auf Sati. Sie stand fast apathisch in ihrer Box und hat keinen Halm Heu angerührt. Aber so sehr konnte sie doch nicht unter der Unterbringung leiden, daß sie jegliches Fressen verweigerte? Box kannte sie doch… Dann der Schreck: auf einmal lief ihr dicker Schleim aus der Nüster! Umgehend haben wir Fieber gemessen, aber die Temperatur war absolut normal. Die Atmung aber war flach und frequent. Sofort haben wir Sati aus dem Stall in den Paddock zu Pablo gebracht, und Cordobes musste in die Box, wo er sich ohne Zögern über das von Sati verschmähte Heu hermachte. Jetzt war guter Rat teuer. Mussten wir abbrechen? Uns abholen lassen? Denn hier bleiben konnten wir mit Sati auf keinen Fall. Aber erst mal Schadensbegrenzung! Eine schnelle Rechnung im Kopf ergab: unser Vorrat an Kortisontabletten (falls mal wieder ein Wespenstich eskaliert) ist nicht genug für 500kg Pferd. Aber unsere Gastgeber waren unsere bzw Satis Rettung: eigentlich für den Inhalator gedacht, hatten sie Dexamethason zur Injektion im Stall, noch fast voll. Also habe ich mich als Tierärztin geoutet, und durfte mir eine Dosis nehmen. Diese Nacht war nicht sehr erholsam, alle paar Stunden sahen wir nach unserer kranken Stute.
Sati am nächsten Morgen. Noch nicht fit, aber deutlich besser als die Nacht zuvor.
Cordobes fühlte sich in der Box wohl.
Aber am Morgen war klar: es kann weiter gehen. Vom extra für sie ausgelegten bedampften Heu hatte sie zwar kaum etwas genommen, aber sobald wir mit ihr an den Grasstreifen vor dem Hof gingen, fraß sie mit bestem Appetit. Und endlich fing sie auch an, abzuhusten. Natürlich bedeutet das mindestens einen Tag zu Fuß, aber leichte Bewegung und frische Luft sollten ihr am besten helfen. Und so war es auch. Innerhalb von 2 Tagen war Sati so fit wie eh und je.
Tja, ab jetzt fallen Stationen mit Unterbringung im Stall für uns komplett aus…
Lagerplatz- Idylle am Morgen. Sati war hier prächitg genesen.
Daher waren wir froh, als wir am Abend, nach fast 20km Fußmarsch, eine herrliche Wiese zur Verfügung gestellt bekamen. Die Rösser standen fast bis zur Brust im Gras, keine 20m weiter sprudelte eine Trinkwasserquelle, Holz und ein geeigneter Platz für ein abendliches Lagerfeuer und ein pünktlich zur Vesper spendiertes Bierchen vollendeten unser Glück. So darf es weitergehen, dachten wir.
Am Morgen ging es Sati bereits wieder so gut, daß wir immer wieder auch ein Stück reiten konnten, die Wege waren leicht, das Wetter perfekt. Eigentlich ein richtig langweiliger Tag, aber ich dachte so bei mir, daß es gerne ein wenig langweilig weitergehen könnte…. Da hatte ich die Rechnung leider ohne die Pferde gemacht. Der Abend wurde nämlich mehr Abenteuer, als man haben möchte…
Es wurde langsam Zeit, nach einer Bleibe zu suchen. Direkt an unserer geplanten Strecke sahen wir ein Gasthaus namens «Reiterstuben», in einem winzigen Ort. Das müsste doch ein Omen sein, oder? Also hin, und es sah vielversprechend aus: mehrere Weiden, neben dem Gasthaus ein Stall und 2 Pferdehänger, im Biergarten saßen Gäste beim Essen. Leider wurde unsere Bitte um ein Quartier, die die Bedienung für uns bei der Wirtin vortrug, abschlägig beschieden, aber es gab einen Tip: keinen Kilometer weiter sei ein Hof, dort müssten wir doch willkommen sein. Also, weiterlaufen, und sich mit dem Gedanken anfreunden, statt Schnitzel nur Lagernahrung zu bekommen. Schon von weitem hörten wir die angekündigten Pfauen, aufgeregte Pferde galoppierten neben uns über die Weiden. Hier waren wir richtig! Ich war gerade dabei, Konni meine Führseile zu übergeben, um nach den Hof Leuten zu suchen, da brach das Chaos los. Direkt hinter den Kabardinern schrie wieder ein Pfau, und obwohl sie diese Schreie doch die ganze Zeit während unseres Marsch gehört hatten, war das wohl zu viel, sie gingen durch, und rissen die Mulis mit, Herde ist Herde!
Wir hatten keine Chance, sie zu halten. Hilflos mussten wir zusehen, wie die vier im vollen Galopp auf dem Teerweg zurück Richtung Gasthaus geflüchtet sind. Ich habe dort sofort angerufen, aber dort war einfach zu viel Platz, und so konnten sie nicht aufgehalten werden. Ein Nachbar kam uns dann in seinem Geländewagen entgegen und berichtete, daß sie geradewegs durch das kleine Örtchen und Richtung Straße gestürmt waren. Horrorszenarien von in Autos rennenden Pferden im Kopf fuhren wir hinterher, aber zum Glück war die Straße verlassen und leer. Hufspuren zeigten an, daß die Pferde genau den Weg genommen hatten, auf dem wir gekommen waren. Immer wieder stieg ich aus, um eine verlorene Trense oder einen gerissenen Strick aufzusammeln, aber zumindest bisher lag kein Stück vom Gepäck am Boden. Und dann, nach fast 6 km, bekamen wir sie zu sehen: Naßgeschwitzt und müde gingen sie mittlerweile im Schritt, nahmen aber sofort wieder Tempo auf, als sie uns sahen. Nur Cordobes machte einen Versuch, zu uns zu kommen, aber der Herdentrieb war dann doch stärker. Am Ende mussten wir uns vorsichtig mit dem Auto den mittlerweile wieder galoppierenden Flüchtlingen annähern, und konnten uns neben den als Schlußlicht laufenden Cordobes schieben. Aus dem offenen Fenster rief ich ihn und tatsächlich reagierte er auf mich. Er wurde gemeinsam mit uns langsamer, bis ich die Tür öffnen und sein Führseil greifen konnte. Und kaum hatte ich ihn sicher an der Hand, blieben die drei anderen solidarisch stehen. Unser Helfer hat mich dann beim Sichern der kleinen Herde unterstützt, bis der zu Fuß folgende Konni auch bei uns war. Die erste Erleichterung: wir sahen keinerlei offensichtliche Verletzungen, sämtliche Ausrüstung saß noch korrekt, und alle Eisen waren noch da. Soweit, so gut. Und nun? Ein kurzer Check des Standorts zeigt: wieder zum Gasthof war kürzer, als zurück zum letzten Schlafplatz. Wir haben erst ein Stückchen geführt, aber da alle gut liefen, saßen wir bald auf. In flottem Schritt ging es zurück, und da es mittlerweile doch schon spät war, machte ich einen weiteren Versuch bei den «Reiterstuben». Und tatsächlich, als die Wirtin hörte, daß wir nur eine Weide und einen Platz für unser Zelt brauchen, war es überhaupt kein Problem, zu bleiben. Was für eine Erleichterung! Zurück zu den Pfauen hätten wir auf keinen Fall gehen wollen, und jetzt noch weiterreiten und nochmal von vorne suchen war keine angenehme Vorstellung. Also doch Schnitzel, und nach der Versorgung der Tiere tat uns ein Bier heute besonders gut!
Als wir nach dem leckeren Essen im Dunkeln unser Zelt aufgebaut hatten und den Tag noch einmal Revue passieren ließen, erlebten wir einen magischen Moment: der Himmel über uns glühte rot, ein wahnsinnig toller Anblick! Erst am nächsten Tag wurde uns klar, daß wir das Glück hatten, tief im Süden Deutschlands Nordlichter zu erleben!
Am Morgen galt unsere Sorge natürlich den Pferden und Mulis: hatten sie den scharfen Galopp über Teer und Steine gut überstanden? Besonders Schanchot war da unser Sorgenkind, mit zwei ausgeheilten Fesselträgerverletzungen. Aber er lief klar, im Schritt und im Trab, und es war nichts warm oder geschwollen. Auch den anderen ging es gut, und so setzten wir unsere Reise fort, die nächsten Tage mit einem besonderen Augenmerk auf die Fitness der Tiere. Aber es war ihnen wirklich nichts anzumerken, was für eine Erleichterung!
Und daß sowohl die Packkisten als auch die Satteltaschen die wilde Jagd ohne Probleme ausgehalten haben, hat uns gezeigt, daß unser System gut funktioniert. Die verlorenen Trensen waren intakt, sie hatten nur lose über den Sattelhörnern gehangen. Einzig zwei Führseile sind gerissen, und ein paar Fransen von Satis Fliegendecken. Trotzdem können wir auf weitere Abenteuer dieser Art in Zukunft gerne verzichten!
Die Herde geniesst die Pause in Weizen bei Angela.
Tag 4 unserer zweiten langen Reise ist auch schon unser erster Pausentag. Es hat irgendwie Tradition, bei Angela in Weizen einen Tag länger zu bleiben. Aber hier lässt es sich auch gut faul sein: die Pferde haben eine riesige Weide mit frischem Gras, einen Unterstand gegen Regen, Sonne und Mücken, und Heu satt. Und wir lassen es uns im Gasthaus gutgehen.
Einen faulen Tag haben sich aber auch alle verdient. Die erste Tagesetappe war zwar mit 15km wirklich überschaubar, aber bereits am zweiten Tag wurden es merklich mehr Kilometer, als geplant. Wir mussten zwei tiefe Flusstäler, die Täler von Alb und Schwarzach, queren, um zu unserer Station in Brenden zu gelangen. Für den ersten Umweg sorgte eine Fußgängerbrücke über die Alb. Zu schmal, zu niedriges Geländer, das war uns zu riskant. Also auf zur nächsten Brücke, die auch für Autos befahrbar war. Und auch das Schwarzachtal sorgte dann für Extrastrecke, denn der kleine Wanderweg, der die kürzeste Route gewesen wäre, war in diesem steilen Gelände schlicht nicht machbar, und so nahmen wir den Forstweg, der sich über mehrere Kehren den steilen Berg hochzog. 30km mit 1000 Höhenmetern ist jetzt nicht gerade eine leichte Etappe. Und am dritten Tag wurden es dann sogar 33km, da unsere eigentliche Strecke durch Baumfällarbeiten gesperrt war.
Hier konnten wir noch filmen 😉
«Eselpferd» Cordobes zeigt wie es geht!
Der Versuch, über einen kleinen Wanderweg abzukürzen, wurde vereitelt: Nachdem wir uns auf dem schmalen, steilen Pfad bereits über drei ungünstig im Weg liegende Bäume gekämpft hatten, mussten wir leider wieder zurück, wir wären sonst direkt in besagte Baumfällarbeiten geritten…
Naja, und so richtig trainiert sind wir ja alle nicht gestartet, weshalb wir eigentlich erst mal gemütlicher starten wollten. Die Tiere scheinen die Anstrengung allerdings besser wegzustecken als wir Zweibeiner, vom vielen Laufen, vor allem bergab, haben wir heute gehörig Muskelkater!
Und wir genießen das Faulsein heute noch aus einem weiteren Grund: Die letzten Wochen waren für uns doch sehr anstrengend. Bis zuletzt waren wir mit den Vorbereitungen für unser Abenteuer beschäftigt, haben Kisten und Möbel geschleppt, Leder genäht, Routen geplant, die Homepage aktualisiert, Gepäck sortiert, Knoten geübt, Trainingsritte gemacht, und was eben so alles rechtzeitig erledigt sein will. Pause gab es kaum, und dazu kam noch die Sorge, ob Bandit wirklich mitkommen kann.
Hoppla. Tiefes grosses Loch! Mal markieren denn da waren ja schon Pferdeäpfel von anderen…
Der hat nämlich im Februar auf einmal gelahmt, und der (ohnehin längst zum allgemeinen Check abgemachte) Termin beim Hundeorthopäden zeigte, dass unser Hund sich wohl doch bei einem kleinen Unfall mit einem Graben im Herbst mehr verletzt hatte, als gedacht. Die Diagnose: Entzündung im Karpalgelenk. Aber nach 3 Behandlungen und entsprechender Schonung gab es Mitte April dann grünes Licht für unseren Senior, immerhin ist er mittlerweile 11 Jahre alt. Wir waren sehr erleichtert, es wäre für uns ein herber Schlag gewesen, unseren geliebten VagaHund zurücklassen zu müssen!
Ja, jetzt sind wir also wieder unterwegs, mehr als gebührend verabschiedet von unserer tollen Stallgemeinschaft am Gordihof und lieben Freunden. Es war unfassbar, wer alles den teilweise weiten Weg auf sich genommen hat, um uns mit seinen besten Wünschen auf die Reise zu schicken!
Jetzt heißt es wieder Weidezaun bauen statt staubsaugen, Quartiersuche statt Telefonkonferenz, Sättel schleppen statt Tiere behandeln, Zelt aufstellen statt Betten machen. Der andere Alltag. Und wir wurden schon während der ersten Tage wieder daran erinnert, wie es vor zwei Jahren war: das strahlende Lächeln der Menschen, die unsere kleine Karawane sehen, das Zücken von Handys, die Fragen nach woher und wohin. Zwei Jahre, ist es wirklich schon wieder so lange her? Am liebsten würden wir direkt an unserer letzten Tour anknüpfen. Aber zum einen hat uns der lange Transport abgeschreckt, und zum anderen ist das auch mental nicht so einfach. Gegen Ende der letzten Tour waren wir bereits an diese Art zu leben gewöhnt, das war für uns normal; nach 1 ½ Jahren im „zivilisierten“ Leben müssen wir uns auch erst mal wieder in die Vagabunden zurückverwandeln, die wir geworden waren. Und mit Schanchot haben wir ja ein neues Herdenmitglied, haben jetzt nicht mehr nur ein, sondern zwei Handpferde. Dies wird keine Wiederholung eines alten Abenteuers, das wird ein ganz neues.
Was gleich bleibt sind unsere Prioritäten: das Wohlbefinden und die Gesundheit unserer Tiere, die es sich ja nicht ausgesucht haben, diese Reise mit zu machen, und die uns schon jetzt wieder einmal mit ihrer Leistungsbereitschaft begeistert haben.
Wir wollen zwar dieses Mal wirklich versuchen, mit ein wenig mehr Disziplin (vor allem am Morgen 😉) endlich bei Riga anzukommen, aber nicht auf Kosten der Tiere.
Und wieder ist eine Woche rum. Und damit leider auch bereits die Hälfte unserer Zeit on tour. Bei diesem Gedanken muss ich mir fast schon ein wenig Mühe geben nicht jetzt schon das Gefühl zu haben daß es fast vorbei ist. Immerhin haben wir ja noch 3 weitere Monate vor uns.
Aber die Zeit fliegt irgendwie. Und andererseits kommt es mir vor als wären wir schon ewig unterwegs. Das Leben aus den Packtaschen, das Reisen mit den Tieren, jeden Tag ein neues “Zuhause”, das ist längst unsere Normalität, unser Alltag. Und dennoch noch immer etwas besonderes. Es ist schwer zu erklären. Aber jetzt freuen wir uns erst mal, daß wir ein weiteres Land erleben dürfen. Für Konni ist es sogar wieder ein Land in dem er noch nie war – Ungarn.
Auf dem höchsten Berg des Burgenlandes sind wir auf historischem Boden
Wir hatten uns so an die herrlichen Wanderwege in der Steiermark gewöhnt, daß die stark besiedelte Region, durch die wir kamen, uns ein paar Tage etwas frustriert hat. Viele Teerwege machten das Reiten in der Sommerhitze anstrengend, die Quartiersuche wurde mühsamer. Aber wie so oft hatten wir wieder das Glück auf unserer Seite.
Ein paar Tage nur werden wir hier sein bevor es zurück ins Burgenland geht, an den Neusiedler See. Das Burgenland hat uns bisher ein wenig vor Herausforderungen gestellt.
Wir hatten uns so an die herrlichen Wanderwege in der Steiermark gewöhnt, daß die stark besiedelte Region, durch die wir kamen, uns ein paar Tage etwas frustriert hat. Viele Teerwege machten das Reiten in der Sommerhitze anstrengend, die Quartiersuche wurde mühsamer. Aber wie so oft hatten wir wieder das Glück auf unserer Seite.
Wir betreten Ungarn – und haben vom Geschriebenstein einen tollen Blick über die Ebene
Wir bekamen eine Brachwiese neben einem Gemüsegarten im Nirgendwo zur Verfügung (dort durften wir uns sogar am frischen Gemüse bedienen), ein paar private Pferdehöfe waren so gastfreundlich uns aufzunehmen, bei einem Hotel durften wir eine Weide abstecken und zelten, und einmal wurden wir “aufgelesen”.
Vor allem Cordobes war in dieser Regennacht für das feste Dach über dem großen Kopf dankbar
An diesem Abend waren wir ratlos und gestresst. Mehrere Kilometer sind wir parallel zu einer viel befahrenen Schnellstraße auf einem Schotterweg in der prallen Sonne geritten. Die Vorfreude auf die vermeintliche Unterführung, die uns auf die andere Seite und in den schattigen Wald bringen sollte war groß, doch dann kam der Schreck als wir sahen, daß es weder eine Unterführung noch eine Brücke gab.
Wir hätten den Autobahnzubringer überqueren müssen, und das erschien dann doch zu gefährlich. Also haben wir uns über teilweise komplett überwachsene Waldwege weiter durchgeschlagen, um in einem Gewerbegebiet zu landen.
Dank großer Baustelle mit Umleitungen war es nicht ganz leicht einen sicheren Weg zurück in Richtung Track zu finden, und wo wir eine Unterkunft finden könnten war uns hier auch schleierhaft. Und dann hielt da ein alter Passat neben uns an. Aus dem Fenster wurden wir nett gegrüßt, und fast sofort gefragt ob wir denn einen Platz für die Nacht hätten. Da haben Petra und Manfred uns bei der Heimfahrt vom Einkaufen gesehen, sich gefragt wo wir wohl schlafen, und extra umgedreht um uns zu sich einzuladen falls wir noch keinen Schlafplatz haben!
Die beiden haben sich den Traum vom “anderen” Leben erfüllt, auf einem Hektar am Ortsrand haben sie sich ein kleines Holzhaus gebaut und pflanzen dort Obst und Gemüse an und pflegen liebevoll eine kleine “Wildnis”. Dort konnten die Vierbeiner nach Herzenslust grasen, wir durften im Wohnwagen schlafen und bekamen vorher noch ein fantastisches veganes Abendessen. Bis nach Mitternacht saßen wir zusammen bevor die viel zu kurze Nachtruhe began.
Schlafende Hunde beißen nicht – wenn wir Pause machen nutzt Bandit die Gelegenheit gerne zu einem Nickerchen im Schatten
Da sind sich die Fische über die Richtung einig
Nur die Schneise im Wald läßt erahnen daß hier ein Weg sein soll
Es passiert uns immer wieder: Hilfe kommt dann, wenn wir sie brauchen. Diese Situation war natürlich besonders beeindruckend, aber auch wenn wir nach mehreren Absagen via Telefon einen letzten Versuch bei einem kleinen Haflingergestüt machen und schon Ausschau nach Brachwiesen halten, um notfalls wild zu kampieren, um dann auf dem Hof mit offenen Armen empfangen werden kann ich unser Glück kaum fassen. Halbzeit.
Volltreffer!
Früh am Morgen – die Pferde lassen sich nicht beim Fressen stören von den fauchenden Geräuschen der Ballons
In der Sommerhitze nutzt Bandit jede Gelegenheit zum Abkühlen
Ab jetzt haben wir mehr Erlebnisse hinter uns als vor uns. Und es ist fraglich ob wir unser Traumziel Riga noch erreichen können. Wir versuchen längst etwas schneller voran zu kommen, die Tageskilometer zu erhöhen. Aber das heiße Wetter zollt seinen Tribut. Morgens brauchen wir einfach immer noch zu lang, sei es, weil wir einfach viel zu tun haben, sei es weil es am Quartier einfach so nett ist daß es schwer fällt aufzubrechen.
Das kühle Wetter nach dem Regen tut allen gut, aber vor allem Bandit fühlt sich wohler
Und dann ist es auch oft so, daß in der richtigen Richtung und Entfernung kein Übernachtungsplatz zu bekommen ist.
Aber ob wir in Riga ankommen ist am Ende auch nicht wichtig. Riga und unsere Zwischenziele Bodensee, Triglav-Nationalpark und Neusiedlersee haben uns eine Richtung vorgegeben, das eigentliche Ziel ist ja die Reise selbst. Und die werden wir noch solange genießen wie wir können!
Ja, ich weiß, wir haben mal wieder lange nichts von uns hören lassen, und unseren Ausflug nach Slowenien habt ihr bisher ganz verpasst – aber hier auf unserer Wochenendweide in Rottenstein habe ich endlich mal wieder Zeit.
Am Donnerstag kamen wir nach 2 langen Tagesetappen bei Thomas in Unterbergen an, wo wir für eine Nacht Obdach in seinem Wohnwagen bekamen und die Pferde sich im Offenstall an Unmengen Heu sattfressen konnten.
Unser Domizil für ein paar Tage – rustikal, aber sehr gemütlich
Am Donnerstag kamen wir nach 2 langen Tagesetappen bei Thomas in Unterbergen an, wo wir für eine Nacht Obdach in seinem Wohnwagen bekamen und die Pferde sich im Offenstall an Unmengen Heu sattfressen konnten.
Am Freitag sind wir dann bei herrlichem Reitwetter (Sonne, Wind und nicht zu heiß) einige wenige sehr gemütliche Kilometer nach Rottenstein zu seiner Weide geritten wo wir bleiben dürfen solange wir wollen oder das Gras reicht.
Hier können Mensch und Tier sich wohlfühlen
Aber erst mal die Heuvorräte vernichten 😉
Unser Gastgeber für mehrere Tage
Unser Domizil für ein paar Tage – rustikal, aber sehr gemütlich
Auf dem Weg dorthin bekamen wir am Reitstall in Laak nicht nur unsere Kraftfuttertüte mit Hafer bis zum Rand gefüllt, alle unsere Vierbeiner (ja, auch der Hund) wurden direkt gefüttert was das Zeug hielt, und wir bekamen literweise Schorle (Saft, nicht Wein, obwohl wir das auch hätten bekommen können).
Der Samstag war dann wenig erholsam für uns, per Taxi – Busse fahren hier am Samstag nicht – ging es nach Klagenfurt, erster Stop: Equiva, alle zu Fuß erreichbaren Outdoorläden folgten, außerdem eine Apotheke und ein Lebensmittelladen. Danach waren wir froh daß der öffentliche Nahverkehr uns so schmählich im Stich gelassen hatte, unsere Tagesbeute füllte problemlos den Kofferraum unseres Taxis!
Badezimmer – geht auch nur wenn das Plätzchen so abgelegen liegt wie dieses
Nur noch die Öllampe löschen, dann können wir gemütlich einschlafen
Da Wasser holen etwas aufwändig ist sind wir zum waschen direkt zur Quelle gegangen
Zurück an unserer Hütte war dann Großwaschtag angesagt, erst für uns (was waren wir bei dem eiskalten Quellwasser dankbar für die warme Sonne!), dann für unsere Klamotten.
Mehr Tag war dann auch gar nicht mehr übrig, bei Steak mit Salat genossen wir noch ein wenig den Abend bevor wir uns in unser “Schlafzimmer” zurückzogen…
Insgesamt «tranken» unsere Sättel un Zubehör ein Liter Sattelöl!
Und heute sind wir faul. Naja, was man halt so “faul” nennt 😉 Konni putzt und ölt das Sattelzeug, ein paar Löcher in den Taschen werden (mal wieder) geflickt, Satis Vorderzeug besser angepasst, die noch feuchten Klamotten der Sonne folgend umgehängt wenn es nicht gerade nieselt, für Cordobes eine Reitfliegendecke gebastelt, Blog geschrieben und was hält sonst noch geeignet ist die Langeweile fernzuhalten…
Die fehlenden 9 Tage ...
A propos Blog – da fehlen ja noch 9 Tage, die will ich euch natürich nicht vorenthalten 😉 Zuletzt waren wir ja noch in Italien, aber nach dem Pausentag auf dem wunderschönen Agriturismo in Venzone ging es direkt nach Slowenien, Richtung Triglav-Nationalpark, Konnis großer Wunsch für diese Tour.
Italien verabschiedete und mit ganzen 3 Gewittern an einem Tag – einen eher kräftigen Guß sitzen wir ein paar Minuten geschützt unter dem Blätterdach aus
Eine trockene Hütte für uns, eine verwilderte Weide für die Hotties. Schade nur daß die Trattoria geschlossen hatte…
Über einen netten kleinen Schotterpaß kamen wir über Musi, wo wir neben einer leider geschlossenen Trattoria auf einer reichlich verwilderten Weide nächtigten nach Žaga, wo wir zu unserer Erleichterung festgestellt haben daß wir mit Englisch hier wirklich gut zurecht kommen – zum Glück, die slowenische Sprache hat es in sich. Eine leckere Pizza später und ein paar wenige Kilometer weiter durften wir unsere Reittiere über Nacht auf die Schafweide einer kleinen Osteria stellen. Da wir noch nicht den Nationalpark betreten hatten (gerade so) war es auch kein Problem direkt daneben unser Zelt aufzubauen – ab morgen sollte das anders sein!
Der Traum vom Reiten im Triglav-Nationalpark wurde zu einem kleinen Alptraum
Die erste von vielen unpassierbaren Brücken – aber immerhin gut zu furten
Aber immerhin fand ich Trampelpfade in den Fluß und auch wieder hinaus, wir kamen also weiter. Allerdings nicht ohne vorher noch ein kühles Bier ausgegeben zu bekommen – das sollten wir später noch bereuen… Die Furt stellte kein größeres Problem dar, Cordobes fand zwar erst die Strömung und das ungewohnt tiefe Wasser etwas gruselig, ging dann aber brav durch, die beiden anderen folgten anstandslos.
Es wurde eh alles anders… Netterweise verlief der Alpe Adria Trail genau in unserer geplanten Richtung, wir freuten uns auf einfache Navigation. Zunächst war auch alles toll: der Weg war wirklich bestens ausgeschildert, das Wetter super, die Pfade einfach herrlich. Bis wir an einem Campingplatz bei Bovec an eine Hängebrücke kamen. Konni passte auf die Pferde auf, während ich die Lage checken ging – Nein, diese Hängebrücke war wirklich nicht für Pferde geeignet!
Definitiv nix mit Pferden…..
Das unselige Mittagsbier
Aber nach wenigen Metern auf dem schmalen Trail warnten uns entgegenkommenden Mountainbiker daß es noch deutlich enger und steiler werden würde. Da es jetzt schon grenzwertig war bogen wir hier dann doch lieber ab.
Hier war der Weg noch machbar
Und ab jetzt wurde es anstrengend! Kilometerlang folgten wir der Hauptstrasse, obwohl auf der anderen Seite der Soča ein mittlerweile breiter Wanderweg verlief – aber es gab nur diese kleinen, wackeligen Hängebrücken! Und hier schreiben wir es jetzt dem Bier in der Mittagshitze auf nüchternen Magen zu, daß wir da nicht schneller auf die Lösung kamen: einfach wieder den hier breiten und flachen Fluß furten! Nachdem wir diese Idee dann endlich hatten ging es wieder besser. Nicht ganz ohne Straßenabschnitte, aber doch meist auf Feldwegen erreichten wir das Kamp Jelinc.
Lotterlagerleben – aber dringend benötigt
Dieser sagenhaft schöne Campingplatz gehört zu einem Bauernhof, und so war man gerne bereit uns mitsamt unserer Tiere zu beherbergen. Auf der Zeltwiese war Platz genug, wenn auch wenig Gras, aber bestes Heu gab es dazu soviel wir brauchten. Wir waren hier natürlich die Attraktion! Keiner der Nachbarn um uns herum hatte etwas gegen die tierischen Camper, jeder wollte mal Hallo sagen, die Mulis streicheln oder fotografieren. Im Restaurant, wo zum Großteil hofeigene Produkte verwendet werden, konnten wir uns nach dem anstrengenden Tag stärken, und dann versuchten wir die weitere Route zu planen. Mit ernüchterndem Ergebnis. Die Berge waren hier so steil und schroff und die Täler so eng, daß es außer den Hauptstraßen und den meist für Pferde nicht passierbaren Trails keinerlei Wege gab.
So leicht hat es uns der Nationalpark nur selten gemacht
So schwer aber ebenso selten: nur allzu verlockend wäre es hier Weide und Zelt aufzubauen!
Auch die drei freuen sich über die unerwartete Pause
Nach ein paar hundert Metern auf der Teerstraße erreichten wir gegen Abend dann eine Hütte. Leider war das Gras hier bereits größtenteils von Schafen abgeweidet, aber, siehe oben: wir hatten keine Wahl, wir mussten auf Ticarjev Dom bleiben.
Erschwerend kam hinzu daß wir für die Überachtungen auf Campingplätze und Hütten angewiesen waren, denn im Nationalpark ist nicht nur wildes campen strengstens verboten, auch Privatleute dürfen uns nicht erlauben unser Zelt auf ihrem Grundstück aufzustellen, es drohen hohe Geldstrafen und es wird engmaschig kontrolliert.
Frustrierend, hatten wir uns doch auf den Triglav-Nationalpark so sehr gefreut, besonders Konni. Wir kamen kein Stück weiter, unsere Gedanken drehten sich im Kreis, und so war klar: morgen geht es erst mal nicht weiter! Zum Glück durften wir die Tiere auf der anderen Seite der Straße auf eine im Moment ungenutzte Schafweide stellen, dort hatten sie genug Gras, und die Zeltwiese war wieder frei für die jetzt Anfang Juli zahlreich ankommenden Gäste.
Und mit der Erholung kam auch die Lösung, und unsere nette Gastgeberin war hier auch eine große Hilfe. Der schnellste Weg raus aus dieser Gegend ging über den Vrsizu-Paß, und zum Glück waren dort zumindest einige Teile des Alpe Adria Trails mit Pferden gangbar. Wir sollten es zwar nicht wie gehofft an einem Tag schaffen den Natinalpark zu verlassen, aber ganz entgegen unserer Erwartung daß diese Strecke einfach nur anstrengend werden würde hatten wir zwei zwar nicht ganz leichte, aber grandiose Tagesetappen! Über einen ehemaligen Militärweg (oder eher Pfad) ging es in die Höhe.
Tolle Aussicht- aber leider macht das die Viebereiner nicht satt.
Immerhin waren wir Zweibeiner bestens versorgt. Nach einem guten Abendessen und einem legendären Abend mit dem Wirt und den Angestellten starteten wir allerdings eher unausgeschlafen und leicht verkatert in den nächsten Tag. Aber da die Pferde ohnehin hungrig waren ließen wir uns Zeit. Bis wir an der nur wenige hundert Meter entfernten nächsten Hütte waren war es schon Mittag, da wir uns den Weg entlanggegrast haben.
Es kann mir keiner erzählen daß Tiere nicht auch ein tolles Panorama genießen können
Wunderschön.. aber nicht überal für Leute mit Equiden zu empfehlen
Erst nach einem deftigen Sauerkrauteintopf mit Wurst saßen wir auf, und über wunderschöne Wanderwege ging es hinunter ins Tal, und raus aus dem Nationalpark.
Dieser Teil auf dem Weg ins Tal war aber einfach nur Genuß pur
Dennoch hatten wir am Abend tatsächlich etwas Probleme eine Unterkunft zu finden, das Örtchen Kranjska Gora war nicht gerade gastfreundlich. Aber wir sind ja stur, und wir hatten mal wieder Glück. In einer kleinen Bar trafen wir eine junge Frau, deren Familie nur etwa 2km weiter einen kleinen Reitstall betreibt. Und hier waren wir willkommen!
Routenplanung mit den grandiosen Gastgebern
Es sollte unser letzter Abend in Slowenien sein. Mit quasi gemästeten Pferden ging es wieder einmal aufwärts, Richtung Kärnten. Und wenn ich aufwärts sage dann meine ich in diesem Fall auch aufwärts! Es gab auf dem Weg über den Berg an einer Routenplanung mit netten Gastgebern am letzten Abend in SlowenienStelle die Möglichkeit, eine sehr ausladende Kehre über einen steilen, kleinen Wanderpfad abzukürzen.
Auch in Slowenien treffen wir auf trockene Flußbetten – hier muss allerdings ordentlich Wasser gewesen sein, der Weg war auf 50m komplett weggerissen
Eigentlich wollte ich es uns offen lassen ob wir diese Abkürzung nehmen, abhängig davon wie der Weg aussieht. Aber dann war der Hauptweg leider wegen Baumfällungen komplett gesperrt, also hatten wir keine Wahl.
Und hier hatten wir unseren Rekord: über 40% Steigung hatten wir kurzfristig! Und das auf einem keinen halben Meter breiten und immer wieder mit umgefallenen Bäumen erschwerten Pfad. Obwohl wir im Sattel saßen marschierten unsere Tiere dort souverän hoch – danach gab es natürlich eine mehr als verdiente Graspause!
Nur den Verlust eines Woilachs mussten wir hier beklagen, er war auf dem Gepäck festgeschnallt und unterwegs verloren gegangen, und keiner von uns wollte da wieder runter!
Jetzt war es nicht mehr weit nach Österreich, aber dafür fingen jetzt andere Probleme an, die die folgenden Tage immer wieder für Zeitverlust und unnötige Tageskilometer sorgen sollten: Wege die wir sahen waren nicht auf unseren Karten, und Wege die wr erwarteten waren in natura einfach nicht da! Aber irgendwie kamen wir bei einsetzendem Gewitter auf dem Trabinerhof an. Typisch Landwirt – wir bekamen ohne Zögern ein Stück fette Wiese, und unser Schlaflager durften wir unter Dach auf einem Traktoranhänger aufschlagen.
Blick aus dem “Bett” kurz nach dem wach werden
Wunderschönes REitgelände entlang der Drau- die wir bisher schon 5 mal ünerquert haben
Aufhalftern mal ganz gemütlich – und Cordobes wollte auch etwas von den Streicheleinheiten abhaben
Danke, liebe Alice, du und deine Söhne habt uns verwöhnt!
Was gibt es schöneres als fleißig marschierende Vierbeiner unter dem Sattel bei Traumwetter?
Zu essen gab es dort in der Weinstube zwar nur kalten Imbiss, aber der war reichlich, deftig und lecker – und gut erholt machten wir uns am Morgen wieder auf den Weg, nicht ohne von der Wirtin noch belegte Brote und ein großes Stück von der sagenhaften Leberwurst zugesteckt zu bekommen! Leider waren wir am Vortag nicht allzu weit gekommen, und wir hatten ein “Date” in Unterbergen bei Thomas, ein Kontakt den uns Tobias vermittelt hatte. Dorthin hatten wir ein paar dringend beötigte Sachen bestellt, und er erwartete uns schon in zwei Tagen. Also versuchten wir so weit wie möglich zu kommen, da nach dem kurzen Stück vom Trabinerhof ins Tal die Strecke eigenlich keine großartigen Höhenmeter mehr haben sollte. Naja, ein paar gab es dann doch noch. Und Hitze.
Aber wir hatten wieder mal Glück unterwegs, eine nette ältere Dame versorgte unsere Tiere mit Wasser, Möhren und Äpfeln und war ganz begeistert von unserer Truppe! Leider mussten wir für die Quartiersuche einen kleinen Umweg inkauf nehmen, wir fanden sclichtweg keine Wiese auf der auch nur annähernd genug Gras für eine Übernachtung stand. Daher folgten wir einem Tip, daß bei Rosegg in der Drauschleife ein kleiner Reiterhof sein solle, dort würden ir hoffentlich Heu bekommen! Aber auf den letzten Metern kam nach Konnis Kommentar zu einer ungemähten Wiese (“Wenn wir nur wüßten wem diese Wiese gehört…”) eine Stimme aus dem Off: “Da könnt ihr drauf wenn ihr wollt!” Ja, der Besitzer wohnte genau gegenüber und war offensichtlich gerade am Aufbrechen, aber wir hatten einen Platz! Und unsere Sorge bezüglich der Wasserversorgung war auch schnell erledigt: Konni war am Zaun abstecken während ich noch mit Absatteln beschäftigt war, da rief die Nachbarin zur linken über den Gartenzaun und bot uns weitere Stecken an.
Jetzt waren es noch etwa 35km bis zu Thomas, jedenfalls laut unserer Routenplanung. Spoiler: es wurden ein paar mehr… Und ordentlich Höhenmeter kamen auch noch dazu. Aber gegen halb acht waren wir dann endlich angekommen, und nachdem die Tiere versorgt waren saßen wir etwas erledigt, aber froh über die Möglichkeit uns hier ein paar Tage auszuruhen bei Pizza und Bier zusammen. Und zum Glück haben alle in der Truppe mittlerweile eine ganz ordentliche Kondition, von den anstrengenden Etappen seit der letzten Pause in Slowenien war keinem der Tiere am nächsten Tag etwas anzumerken!
Unsere Nacht im Stall war zwar trocken und bequem, aber nicht erholsam. Mitten in der Nacht kam noch ein Pferd an das von der Alm geholt worden war, und wir haben zum ersten Mal erlebt wie Bandit ist wenn er uns wirklich bewacht – das klang wirklich als ob er die “Eindringlinge” zerfleischen würde wenn er dran kommt! Zum Glück war er angebunden, und Konni hat die Situation (nur bekleidet mit seinem Schlafsack) schnell beruhigen können. Aber viel Schlaf gab es trotzdem nicht, die Pferde haben einfach zu viel Radau gemacht…
Duplo nach 650km
Am Morgen mussten wir dann vor dem Abritt noch ein paar Duplos entfernen, nach 650km sahen die mittlerweile nicht nur mehr als mitgenommen aus, sie saßen auch einfach nicht mehr gut. Jetzt liefen Pablo und Cordobes barhuf, und Sati hatte nur noch zwei Duplos. Es wurde dringend Zeit für einen Schmied, aber es war so einfach nicht einen zu finden. Aber alle drei haben ja eigentlich super Hufe, hatten viel Material drauf, und ein paar Tage sollte es schon gehen.
Nach der Durchquerung des Sarntals fand ich schnell den Wanderweg Richtung Reinswald. Das war zwar ein kleiner Umweg für uns, aber nachdem wir dort schon zwei wunderschöne Kurzurlaube genossen hatten wollten wir uns diesen Abstecher nicht nehmen lassen.
Und der Abstecher hat sich gelohnt! Über wunderschöne, einsame Waldwege erreichten wir unser Zwischenziel, und auf der ersten Almhütte gab es eine ausgiebige Pause.
Hier war ich mal wieder am Zetern und Jammern, meine Höhenangst schlug zu. Aber Absteigen habe ich mich auch nicht getraut…
Erster Blick auf Reinswald und “unser” Hotel, die Panoramic Lodge
Unser bisher malerischstes Quartier der Tour
Ein trockener Platz für unsere Ausrüstung…
…. und für uns und einen offensichtlich müden Bandit
Danach war es nicht mehr weit zur Gertrumalm, wo wir um Quartier bitten wollten. Die Hütte hatte zwar schon zu als wir ankamen, aber die Wirte saßen noch beim Feierabendbier im Schatten. Sie schickten uns ein paar Meter weiter, zu einer kleinen Jagdhütte. Die stünde offen, und wir könnten dort ohne weiteres eine Nacht verbringen. Also nichts wie hin, absatteln und ein Stück Alm für unsere hungrigen Vierbeiner abstecken! Wir waren gerade dabei die Litze zu ziehen da kamen ein paar Hirten mit ihren Schafen vorbei. Oje, dachten wir, jetzt gibt es Ärger! Aber mitnichten: wir wurden eiligst von unserem Tun abgezogen (schnell fertig eingezäunt haben wir aber doch noch, damit die Pferde fressen konnten) um zu helfen die Biervoräte im Kofferraum zu dezimieren.
Bis kurz vor dem Dunkelwerden standen wir beisammen, bis auf einmal 2 Pferde kamen, sahen und weitergingen. Das Tor wurde hinter ihnen geschlossen, und dann waren wir innerhalb von Sekunden mit guten Wünschen und dem Versprechen am Morgen ein Lammfell vorbeizubringen alleine gelassen – sie hatten nur auf die beiden Rösser gewartet.
Die Hütte war dann unerwartet komfortabel: Zwei Räume, Matratzen, fließend Wasser und Strom sowie eine fast komplett ausgestattete Küchenzeile erwarteten uns.
Unter der improvisierten Decke fühlte Cordobes sich sichtlich wohl
Noch verschont uns das Wetter
Zimmer mit Aussicht
Hier fanden wir die Erholung die die Nacht davor ausgeblieben war, und als wir am nächsten Morgen in den kalten Regen traten waren wir umso dankbarer für unser behagliches Nachtquartier. Die Pferde draußen hatten es leider nicht so gut getroffen, und Cordobes stand zitternd vor Kälte im Regen. Wie dankbar er war als ich ihm einen Woilach und darüber einen BW-Poncho aufgelegt habe!
Zum Glück besserte sich das Wetter bis wir mit dem Frühstück fertig waren, und das versprochene Lammfell wurde uns tatsächlich gebracht! Bis zur Mittagspause auf der Stöffl-Hütte blieben wir dann auch trocken. Nach einem ordentlichen Anstieg durch den Wald genossen wir die Aussicht über die Hochebene bevor wir dort einkehrten.
Der Rest des Tages war dann nur noch eines: anstrengend! Wir mussten bis Villanders, wo wir einkaufen und eine Unterkunft suchen wollten, 1500HM in kaltem Dauerregen absteigen. Da es immer wieder sehr steil und rutschig war oder auf Teerstraßen entlang ging liefen wir. Während die Mulis bis auf gelegentliche Freßattacken tapfer marschierten bekam Sati zunehmend Schwierigkeiten. Ein weiteres Duplo ging ab, und obwohl sie zuhause im Schwarzwald ohne größere Probleme zumindest eine Zeit lang gut ohne Beschlag zurecht kam sah es hier ganz anders aus. Vermutlich war es einfach das nicht enden wollende Gefälle, jedenfalls mussten wir am Ortsrand von Villanders das Gepäck auf Pablo umladen damit sie es leichter hatte. Und die Anstrengungen sollten noch lange nicht vorbei sein! Auf dem erstbesten Hof an dem wir vorbeikamen stellten wir unsere übliche Frage nach einem Stück Wiese, aber hier, wo jeder Grashalm nur dank Bewässerung wächst, ist trotz riesiger grüner Flächen quasi keine Weide zu bekommen, es wird alles für die Kühe benötigt.
Aber wir bekamen eine Wegbeschreibung zu jemandem der Pferdeboxen hat, also schleppten wir unsere müden Knochen weiter die Straße entlang und einen steilen Weg bergan. Leider umsonst, die noch leeren Boxen warteten nur auf die Ankunft ihrer Bewohner die noch heute von der Alm kommen sollten… Aber wieder gab es nach einigem Grübeln eine neue Wegbeschreibung: nur ein kurzes Stück zurück sei ein jetzt leer stehender Stall, die Besitzer seien vor einem Jahr verstorben, aber die Schwester wohne nebenan, da könnten wir fragen. Mit schmerzenden Gliedern und hungrigen Pferden gingen wir also das “kurze Stück” (etwa 2,5km). Und dann die Ernüchterung: keiner zuhause! Ein Gast der Pension konnte uns immerhin versichern dass Warten sich lohne, da die Wirte in der Kirche seien und das sicher nicht mehr lange ginge. Und tatsächlich, obwohl es mir wie eine Ewigkeit vorkam da ich kaum mehr stehen konnte fuhr bald ein Auto in den Hof. Und dann war die Erleichterung groß: wir konnten nicht nur ein Zimmer beziehen und die Pferde auf einer baumbestandenen Weide direkt unterhalb des Hauses unterbringen, wir durften auch ein paar Tage bleiben um endlich einen Hufschmied zu organisieren und auf Konnis Bruder zu warten, der uns einigen Nachschub liefern kommen wollte.
Das Thema Hufschmied wurde dann aber noch zum Krimi! Es war wie verhext, keiner konnte oder wollte kommen. Unser Timing war ungünstig, am kommenden Wochenende stand der Oswald von Wolkenstein – Ritt im nahegelegenen Kastelruth an, ein Großereignis, wegen dem die meisten Hufschmiede komplett ausgebucht waren. Aber ein Hufschmied konnte uns einen Kollegen vermitteln, der zwar kein Deutsch sprach, aber schon an unserem ersten Tag in Villanders kam. Wir wollten Sati zuerst machen lassen. Leider brauchen wir für sie im Moment eine Sedation. Beim letzten Beschlag vor dem Abritt kam ein Hufnagel etwas nah “ans Leben”, und auch wenn das ansonsten keinerlei Folgen hatte sagt sie seitdem sehr deutlich NEIN zum Schmied…. Aber ich bin ja ausgerüstet, uns so zücke ich mein Fläschchen mit dem Wundermittelchen – und es ist leer, ausgelaufen! Der Schmied macht sich also erst mal an die Mulis, und ich versuche einen Tierarzt zu finden der mir spontan helfen kann, aber vergeblich… Nach einem fast zweistündigen Telefonmarathon ist klar: das wird heute nix mehr. Mutig versucht Francesco dennoch bei Sati etwas zu erreichen, aber wenn eine Kabardinerstute nein sagt sagt sie nein, das sieht er dann auch ein. Er macht uns Hoffnung dass er nochmal kommt wenn wir ein Sedativum haben, dann zieht er seiner Wege.
Am nächsten Tag schaffe ich es die nötigen Medikamente zu organisieren, die Kollegen sind durchaus hilfsbereit. Also versuchen wir unseren Schmied zu erreichen, aber er scheint sich tot zu stellen. Keinerlei Antwort, nicht mal eine abschlägige. Bis nach dem Frühstück am Freitag wissen wir nicht ob wir heute selber versuchen müssen Sati zu beschlagen. Dann hat unser Gastgeber noch eine Idee: er kennt jemanden im Ort, der ist zwar kein Hufschmied, beschlägt aber seine Pferde seit 10 Jahren selber. Und er kommt! Besser und schneller als wir bekommt er es auch hin, da frage ich dann nicht nach einem Zettel auf dem steht dass er es kann…
Jetzt sind alle 3 frisch beschlagen, diesmal mit Eisen, und unser Vorrat an Duplos ist für den nächsten “Reifenwechsel” dank Hubert wieder vollständig.
Bandit hat sich auch gefreut Hubert wieder zu sehen
Die gerissenen Taschen sind repariert, Pablo hat jetzt auch einen Lammfellgurt, der Rest Fell kommt an Vorder- und Hintergeschirre. Es hat zwar keiner offene Stellen, aber bei den Mulis sieht man doch teils deutlichen Haarbruch, und wir wollen schlimmeres verhindern, sie sollen uns schließlich noch eine ganze Weile schmerzfrei begleiten. Wir haben auch nochmal einiges an Gepäck aussortiert um Gewicht einzusparen. Wir sind mehr als bereit morgen endlich wieder zu starten!
Nach dem netten Willkommen der Alpen haben diese uns dann doch noch gezeigt dass mit ihnen nicht zu spaßen ist…
Der erste kleine Pass der in unserem Weg war war der Schrofenpass – mit Pferden nicht zu schaffen, da es über seilgesicherte Steige und schmale Metallbrücken geht. Aber es gab da die Möglichkeit den Pass über sogenannte Eselpfade auf eine Hochalm zu umgehen. Anfangs waren diese auch noch ganz gut zu sehen, aber nach einer kleinen Mittagsrast auf etwa 1700m Höhe, begleitet vom Pfeifen der Murmeltiere (unsere Equiden fanden das übrigens sehr gruselig) mussten wir schon sehr genau hinsehen. Das letzte Stück aufwärts, wir waren längst abgestiegen, wartete sogar mit Restschnee auf. Dann war der Weg wirklich gar nicht mehr zu erkennen. Auf einem winzigen ebenen Stückchen mussten unsere Vierbeiner geduldig warten bis wir den Stacheldraht vor uns geöffnet hatten, denn etwas weiter sahen wir tatsächlich Wanderwegschilder!
Wie sich später herausstellte war das zwar nicht unser eigentlicher Track, aber der schmale, steinige, schlammige und teilweise sehr steile Wege führte uns dennoch am Ende nach Warth, wo wir bei gewittrigem Regen ankamen.
Weg da…..
—Weg weg!
Steiler als es aussieht…
Leider hat uns diese Etappe Konnis Kamera gekostet: Der Pfad führte zwischen 2 alten, fast verfallenen Ställen hindurch, rechts und links so weit man sehen konnte stabile, hölzerne Zäune, zwischen den Mauern eine schmale Tür durch einen hohen, massiven Holzzaun. Und natürlich war die Tür nicht breit genug für das Packtier. Also schnell Fotos von der Situation gemacht, Packtaschen runter, Packtier durch die Tür und wieder aufladen. Da war die Kamera natürlich im Weg…. Leider dachte Konni hinterher nicht mehr daran dass er sie abgelegt hatte, erst im Tal fiel es ihm auf, aber umkehren kam da schon nicht mehr infrage. Schade vor allem um die vielen Fotos die uns damit verloren gegangen sind…
Kurz vor der gefährlichen Galerie – die Polizei gab uns Geleitschutz
Augenblicke
Da half nur noch der Wasserschlauch
Nach einer trockenen Nacht in einem kleinen Geräteschuppen auf der Weide unserer Equiden gab es ein kurzes Frühstück im örtlichen Imbiss, wo wir im ausdauernden Nieselregen wieder einmal ein Duplo erneuerten, bevor es auf die mit Abstand unschönste und anstrengendste Strecke bisher ging – am Ende waren es 35km, die meisten davon auf Teer und großen Straßen, der Flexenpass und der Arlbergpass waren für uns nicht zu umgehen. Alle Wanderwege die uns abseits der Straße über die Höhe geführt hätten waren entweder wegen Schnee, Unterspülungen oder Felsabrutschungen nicht für uns passierbar, und ja, einige haben wir selber ausprobiert. In Zürs haben wir zu unserer und der Sicherheit unserer Pferde mit der örtlichen Polizei gesprochen, die uns für die lange und enge Galerie am Flexenpass eine Blaulichteskorte versprochen hat. So ging es also am Nachmittag teilweise im Trab vor dem Polizeiauto durch den 1,5km langen Tunnel – und wir waren heilfroh über dieses Auto hinter uns!
Am Arlbergpass waren wir schon reichlich erschöpft, körperlich und nervlich, und hätten unsere Weide auf jedem Stückchen Wiese abgesteckt auf dem genug Gras für eine Nacht gestanden hätte, aber wir fanden schlichtweg nichts! Also weiter Richtung Tal in der Hoffnung auf üppigere Vegetation. Als ich den Verlauf der Straße auf der Karte angeschaut hatte um zu sehen wann Wiesen oder Weiden zu erwarten wären sah ich, dass wir nur noch etwa 3km bis St. Anton hatten, also habe ich nach Reitställen dort gegoogelt. Und tatsächlich gab es ein kleines Haflingergestüt dort, die uns zumindest einen Paddock für die Tiere bereitstellen konnten! Die Erleichterung war groß, bis wir feststellten dass es noch fast 9km bis dorthin waren, da wir komplett durch den Ort durch mussten
Egal, strammen Schrittes führten wir die Tiere weiter auf der Hauptstraße, auf der zum Glück nicht allzu viel Verkehr war. Aber irgendwann konnten unsere Füße wirklich nicht mehr, also sind wir in St. Anton, das wie ausgestorben wirkte zwischen Winter- und Sommersaison, doch nochmal aufgestiegen. Und unsere Mulis (Sati war heute Packtier) haben uns mit einer Power überrascht die wir ihnen nach diesem Tag wirklich nicht mehr zugetraut hätten. Flott ging es die letzten Kilometer zum Haflingerhof, wo die 3 ein offensichtlich wohltuendes Schlammbad nahmen und mit Heu und Müsli bestens versorgt wurden. Sogar für uns gab es einen an diesem Abend mehr als willkommenen Luxus, ein Gästezimmer mit Dusche und einem tollen Hundebett für Bandit war blitzschnell für uns hergerichtet. Am Morgen bekamen wir noch ein üppiges Frühstück vor die Zimmertür gestellt, und so machten wir uns mit tollen Tipps für die weitere Strecke und wiederhergestellter Moral und neuen Kräften wieder auf den Weg.
Unser nächstes Ziel sollte Grins sein, leider schafften wir es nur bis Quadratsch. Nein, die Ortsnamen sind keine Erfindung, die heißen wirklich so!
Da sah alles noch ganz gut aus
Der schmale Streifen Erde neben dem Grünzeug am linken Rand war alles was vom Weg übrig war – und wie stabil wäre der gewesen?
Der Wanderweg nach Grins, den uns ein ortkundiger älterer Herr beschrieben hatte, war wunderschön! Es ging auf schattigen Waldwegen in die Höhe, dann immer am Hang entlang. Bei tollem Reitwetter, der angekündigte Regen verschonte uns, ritten wir gut gelaunt und in der Hoffnung auf baldigen Feierabend unserem Ziel entgegen, als Konni, der vorne ritt, anhielt und abstieg. Ich konnte erst nicht sehen warum, aber dann zeigte er mir das Warnschild und den halb verschütteten Weg. Hier war führen wirklich besser. Bis er seine zwei Tiere sortiert hatte war ich mit Cordobes schon voraus, aber nicht weit. Denn was zunächst nur etwas unwegsam war war dann plötzlich – weg. Ein kompletter Hangrutsch hatte vom vorher so schönen Weg nur noch ein ebenes Stück von ca. 20cm Breite übrig gelassen, daneben ging es steil bergab. Keine Chance mit den Pferden, selbst zu Fuß hätte ich mich da nur ungern hinüber getraut.
Also fast alles wieder zurück, ins Tal absteigen, und am Fluss entlang weiter. Leider bescherte uns das wieder einmal einige Kilometer Hauptstraße, ein kurzes Stück durch eine unübersichtliche Kurve, in der uns ziemlich mulmig war. Aber wir gelangten sicher nach Plains, wo wir endlich abbiegen konnten. Der Weg führte uns nach Quadratsch, wo wir eine Weide mit Pferden sahen. Ein Spaziergänger konnte uns Auskunft über den Besitzer geben, nur wohnte der leider in Grins… Also wohl doch weiter zum ursprünglichen Ziel, auch wenn das jetzt wieder einiges an Höhenmetern aufwärts bedeutete…
Nicht faul fragten wir natürlich trotzdem jeden den wir auf dem Weg sahen nach einer Möglichkeit uns etwas Weide abzustecken, und wieder einmal war das Glück uns hold: ein netter Landwirt hatte Platz für uns, wir bekamen von der ganzen Familie tatkräftige Hilfe beim Zaunbau und der Wasserversorgung, und am Ende sogar ein leckeres Abendessen und einen gemütlichen Abend bei Bier und Plausch. Wir waren alle sehr froh dass wir nicht weiter mussten, bis hierhin waren es schon 30km geworden und Bandit lahmte wegen einer kleinen Ballenverletzung. Nichts tiefes, aber immerhin so schmerzhaft dass wir unterwegs extra angehalten hatten um ihm einen Polsterverband zu machen.
Morgenroutine
Auch wenn es eng wird behalten unsere Equiden die Nerven. Hier Pablo, der auf der Kraftwerksbrücke bestens weiß wie breit er mit Taschen ist
Zum Abschied am nächsten Morgen gab es noch ein Päckchen selbstgemachte Würste, und wieder einmal große Hilfe bei der Routenplanung. Der empfohlene Weg war wunderschön, und schon nach 6km fanden wir den Reitstall den unser letzter Gastgeber uns empfohlen hatte um nach einem Platz für einen Pausentag zu fragen, den wir nach den letzten zwei Tagen und mit Bandits Pfotenproblem einlegen wollten. Dort gab es mitten im Ort allerdings keinen Platz für uns. Aber die Pferde liefen motiviert, und Bandit hatte sich längst den Verband ausgezogen und lahmte kein bisschen mehr. So beschlossen wir dass es wohl kein Problem wäre heute doch noch ein paar Kilometer zu reiten, und bei einem heißen Kaffee fand sich dann doch noch schnell eine Lösung für uns: die netten Besitzer des Reitstalls haben sich bei Bekannten und Freunden umgehört, und einer stellte uns wie selbstverständlich eine Wiese zur Verfügung. 15km auf leichten Wegen den Inn entlang ging es zum Badesee in Ried, die Wegbeschreibung war absolut idiotensicher, und hier gibt es alles was das Herz an einem Pausentag begehrt: Gras für die Pferde, ein schattiges Plätzchen auf der Wiese, einen Badesee mit Toiletten und heißer Dusche für uns, ein kleines Restaurant fast neben dem Platz und Einkaufsmöglichkeiten.
Wanderreiterfrühstück: 10 Eier
Wanderreiterfrühstück: 10 Eier
Morgen sind wir hoffentlich alle gut erholt wieder unterwegs, und dann wird es spannend: Es ist nicht mehr weit zum Reschenpass, und es ist noch nicht klar ob es eine Umgehung für die Tunnel auf dem Weg nach Nauders gibt. Also gibt es außer waschen und Reparaturen doch ein bisschen was zu tun an unserem „Pausentag“.
Unser nächstes Etappenziel: Oberstdorf im Allgäu. Der erste Tag hat uns mit herrlich kühlen Wäldern, saftig grünen Wiesen und sanften Hügeln verwöhnt, und am Abend fanden wir schnell ein Plätzchen mit fettem Gras unter Bäumen, wir selber durften unsere Matten in der großzügigen und trockenen Gartenhütte auslegen – pünktlich zum Absatteln hatte uns nämlich eines der vielen Gewitter, die wir schon den ganzen Nachmittag grollen gehört hatten, eingeholt. Es hätte der perfekte Tag sein können…
Wir waren gerade fertig mit Essen (heute Couscous mit Würzpaste und Trockenaprikosen) und wollten vor dem Schlafengehen nur noch schnell Wasser für Bandit hinstellen. Da Wasser immer knapp ist hat Konni die Schüssel genommen, Wasser aus dem Eimer für die Pferde geschöpft und – rumms, damit hatte sich der perfekte Tag! Ich habe mein Geschirrspülen kaum unterbrochen, nur etwas grinsend zum fluchenden Konni gemeint dass ich es auch schon geschafft hatte die wirklich sehr tiefe Dachkante mit dem Kopf zu treffen, bis er das Blut erwähnte…
Ergebnis Regenrinnenkante-Konni: 1-0 Mit einer hübschen Platzwunde mitten auf der großen Denkerstirn hat unser Gastgeber uns netterweise ins 9km entfernte Krankenhaus gefahren. Hätten wir mißtrauisch werden sollen als er sich gewundert hat dass wir ihm gesagt haben er brauche nicht warten (man kennt das ja mit nicht-lebensbedrohlichen Verletzungen in Notaufnahmen…), wir würden zurück ein Taxi nehmen? Wir hätten! Die Kleinstadt war so klein, dass um kurz vor 22.00h kein Taxi mehr zu bekommen war… Wären da nicht die Pferde in der nicht allzu großen Weide und der Hund ohne Wasser gewesen, wir hätten kurzerhand ein Zimmer genommen, wäre sicher einfacher gewesen als ein Taxi zu bekommen, und nicht wirklich teurer. Am Ende hat es Konnis wirklich nette Ärztin dann zum Glück geschafft ein Taxi aus Isny zu finden, aber wegen der langen Anfahrt haben wir für die 9km schließlich über 70€ bezahlt!
Zurück an unserer tiefergelegten Gartenhütte war uns nach einem kühlen Bier, aber man kann nicht alles haben… naja, in Bayern wohl schon: unser Gastgeber ahnte wohl dass nach der Notaufnahme ein wenig Naturmedizin nicht schaden kann, und hat uns zwei Halbe in unser so plötzlich verlassene Kochchaos gestellt. Guter Mann!
Allgäuer Gastlichkeit
Ausblick beim Kochen
Bei Michaela unter dem Maibaum
Warum einfach wenn man auch schlängeln kann – aber Biegung auf dem Reitplatz ist unmöglich…
Mein Ehrenwort, das Bild ist nicht bearbeitet, der Abend war so kitschig
Tolle Menschen – ja, noch mehr Weitere Dramen gab es bis jetzt dann zum Glück nicht mehr, außer verlorenen Duplos, einem zerrissenen Sidepull und furchtbaren Teerstrecken. Alles war lösbar, nichts konnte uns länger aufhalten. Trotz immer noch langer Morgen”routine” schaffen wir jeden Tag 20 bis 25km, und begegnen weiter den tollsten Menschen.
Ganz besonders hat uns gleich am Montag Michaela überrascht. Wir haben die Reittiere gerade knapp außerhalb von Höhenreute grasen lassen, da kam ein Mini vorgefahren, die Fahrerin stieg aus und hat uns ganz spontan zu sich nachhause auf einen Kaffee eingeladen! Die Pferde konnten dort weiter grasen, wir bekamen erst den versprochenen Kaffee, dann noch einen, ein Zitronenwasser, Eis und einen netten Plausch mit der ehemaligen Shagya-Züchterin und ihrer Familie. Nachdem Bandit noch eine kleine Runde im Hofteich schwimmen war gingen wir viel zu spät für die eigentlich geplante kurze Pause, aber sehr erfrischt wieder auf die Strecke. Zwei Tage später ritten wir gerade in der Mittagshitze eine zermürbende Teerstraße entlang (das war wirklich der schlimmste Tag bisher!) als uns ein Münchner Geländewagen entgegen kam. Sehr rücksichtsvoll hat er gebremst um uns passieren zu lassen, ein kurzer Wortwechsel, netter Mann. Nur wenig später kam er wieder an uns vorbei, und dieses Mal lud auch er uns auf eine Erfrischung zu sich und seiner Frau ein. Die Mulis und Sati fanden ein tolles Stück Wiese und Wasser, und wir bekamen gekühlte Getränke soviel unsere Bäuche fassen konnten.
Kleine Peinlichkeit am Rande: kurz hinter Sonthofen lag direkt neben dem Radweg ein Biergarten. Ich befürchte die Leute dort haben uns nicht geglaubt dass wir sonst nicht jede Gelegenheit auf ein Bierchen wahrnehmen, denn Pablo und Cordobes sahen die Bänke, hielten an, drehten sich in die Richtung und ließen sich kaum bewegen weiter zu gehen….
Ja, und jetzt sitzen wir bei alkoholfreiem Weizen und Kaffee in der Campingklause in Oberstdorf und gehen die ersten 200km der Alpenstrecke durch, mit dem nötigen Respekt vor den Problemen die uns ein breit beladenes Gepäcktier auf den teils schmalen Bergpfaden machen würde. Wir können nur hoffen dass wir alles richtig machen, und zur Not rechtzeitig umkehren. Also, auf in die Alpen!
Wir sind in Lindau angekommen. Unserem ersten Zwischenziel. 13 Tage nach unserem Aufbruch haben wir es geschafft.
11 Reittage, 2 Pausentage und etwa 250km liegen hinter uns, und ich finde es ist Zeit einmal Danke zu sagen.
Danke an unsere Reittiere, die uns und unser Gepäck so unermüdlich tragen. Die jeden Weg mit uns gehen, und auch nach dem anstrengendsten Tag sofort zu uns gelaufen kommen wenn wir mit den Halftern winken.
Danke unsere Arbeitgeber, die uns die Möglichkeit gegeben haben unseren Traum zu verwirklichen.
Danke an die Freunde zuhause, die uns im Vorfeld so geholfen haben und uns die Sicherheit geben dass wir im Fall der Fälle von egal wo abgeholt werden.
Und Danke an die vielen Menschen die unsere Reise unterwegs so unfassbar leicht erscheinen lassen.
Egal wo wir bisher um ein Nachtlager gebeten haben, wir wurden (fast) nie abgewiesen. Schon mittags bekommen wir manchmal von wildfremden Menschen ungefragt ein Nachtlager angeboten, und an einem Tag konnte uns ein netter Autofahrer sogar einen Tipp geben für genau die Gegend die wir deutlich später am Tag noch erreichen wollten.
Am Hasslacher Hof, ein Biohof mit Legehennen und Mutterkühen, wurden wir großzügig mit Futter für die Pferde und Eiern versorgt.
Auf der Ponderosa, der kleinen privaten „Ranch“ der Familie Nägele, bekamen nicht nur unsere Pferde eine tolle Weide und wir einen Schlafplatz in einer leeren Box, nach diesem sehr anstrengenden Tag wurden wir von unserem Gastgeber noch mit ins Dorf genommen und auf ein kühles Bier auf der Bank vor dem Haus eingeladen, bevor wir dann zwei Häuser weiter in die Pizzeria sind. Dort war wirklich jeder Tisch besetzt, aber als wir etwas verloren in der Tür standen, verschwitzt, erledigt und nach Pferd riechend, wurden wir an den Stammtisch gewunken. Wie sich herausstellte war das der Schwiegervater unseres Gastgebers. Bei Schnitzel und Salat verbrachten wir einen herrlichen Abend.
Unser Nachtlager
Unsere Wasserversorgung
Bandit fand die Ranch extrem gemütlich
Am nächsten Morgen waren wir gerade am Packen und Satteln. Der Gurtdruck bei Cordobes war wieder schlimmer geworden, immer noch nicht offen, aber doch recht geschwollen. Ich beschloss also ihn vorerst nur zu führen, damit ich den Gurt nicht anziehen muss. Unser Gastgeber kam da gerade dazu, verschwand kurz, und kam mit einem Stück Lammfell zurück, aus dem ich nicht nur einen Gurtschoner basteln konnte, sondern für beide Mulis auch noch ein Stück unter den Ring vom Hinterzeug binden konnte, wo der Haarbruch langsam doch etwas arg wurde. Übrigens ist der Gurtdruck seit Verwendung dieses Lammfells Geschichte, nur wenige Stunden später war nichts mehr davon zu sehen und kam auch nicht wieder.
Nicht mehr weit bis zum Abenteuer Autofähre
Auf der Fähre waren wir natürlich die Sensation
Ein für alle Beteiligten etwas nervenaufreibender Tag war die Etappe mit der Fährfahrt. Viel Strecke durch die Stadt, viele Radfahrer, die Fährfahrt selber mit der Enge und den lauten Motoren – wir alle waren froh als wir aus Meersburg heraus und wieder auf dem Land waren.
Nachtlager in der Obstplantage
Feierabend
Nur sahen wir weit und breit keine Weiden, Wein und Obst soweit das Auge reichte! Dennoch haben wir an dem erstbesten Haus im Grünen gefragt ob sie eine Möglichkeit wüssten wo wir übernachten könnten. Und wir hatten wieder mal Glück: Sabine und Elke haben uns ein Stück Wiese neben den Obstbäumen gegeben, wo wir sogar schon einen Zaun vorfanden, so dass wir nur ein Stück Litze ziehen mussten um die Bäumchen vor gierigen Equidenzähnen zu schützen. Wir waren kaum fertig mit unserem Lageraufbau, da brachten sie uns mit dem Fahrrad drei Eimer Wasser für die Tiere, und kurz darauf stand der ältere Herr, den wir beim Ankommen zwischen Rebe gesehen hatten am Zaun und hat uns angeboten uns am nächsten Morgen Brötchen mitzubringen. Wir waren dafür wirklich dankbar, denn an einem Laden waren wir heute nicht vorbeigekommen.
Am Morgen dann saßen wir gerade beim ersten Kaffee, als unsere Gastgeberin auch schon wieder da war, diesmal mit einem Korb voller Leckereien für unser Frühstück und einer Tüte Möhren für die Tiere.
Kurz vor dem Ziel die zu kleine Brücke… zum Glück war Platz zum Furten
Traumweide mit Aussichtspunkt
Traumweide mit Aussichtspunkt
Unser letzter Schlafplatz vor Lindau war unser bisher einfachster: Nur ein Stück Wiese, Wasser aus dem Fluss und eine Gaststätte die Ruhetag hatte. Das Wetter begann umzuschlagen, und wir mussten uns überlegen wie wir wohl bei Regen noch kochen könnten. Aber auch hier haben wir die Gastfreundlichkeit der Menschen unterschätzt: Wir bekamen eine Salamipizza, Bier und 2 große Flaschen Mineralwasser gebracht. Wir kennen nicht einmal den Namen dieses tollen Menschen, aber wir werden uns immer an diesen Abend erinnern.
Und dann die Hiobsbotschaft: Unser seit Wochen geplantes Quartier bei Lindau wurde uns kurzfristig abgesagt! Jetzt hieß es auf die Schnelle einen Platz für drei Equiden und drei Nächte finden, so stadtnah keine leichte Aufgabe. Aber wir alle hatten die Pause jetzt nötig, also haben wir alles versucht. Von einem Reitstall in der Nähe, der leider keinen Platz für uns hatte, bekam ich einen Ort und einen Nachnamen als Tipp, mehr Infos hatten sie leider nicht, nur dass es dort wohl einen Offenstall gäbe. Also Google gefragt, auf Verdacht die erstbeste Telefonnummer unter dem genannten Namen gewählt, und: Treffer! Er habe auch prinzipiell die Möglichkeit uns unterzubringen, nur leider waren genau für dieses Wochenende bereits andere Pferde angemeldet und er somit belegt. In der Hoffnung dass er als Ortsansässiger Pferdemensch vielleicht doch noch eine Idee hätte wo ich anfragen könnte verabschiedete ich mich nicht sofort, und je länger unser Gespräch ging und je mehr Ideen er verwarf umso öfter schien er zu überlegene wie er uns doch aufnehmen könnte. Und tatsächlich: Selber schon oft auf Wanderritten unterwegs gewesen konnte Gebhard sich in unsere Situation gut hineinversetzen und hat schließlich eine Weg gefunden! Jetzt dürfen unsere Equiden auf einer riesigen Weide 2 Tage die Seele baumeln lassen, und sind dort so sicher untergebracht dass wir ohne schlechtes Gewissen den Luxus eines Badezimmers und eines Bettes genießen dürfen.
Wir können uns wirklich glücklich schätzen diese Reise erleben zu dürfen. Die ersten zwei Wochen waren schon so unglaublich schön, und sie waren erst der Beginn. Wir sind nicht zurück am Heimatstall, wir werden nicht verladen und umkehren, wir dürfen weiter, immer weiter.
Mit Cordobes, dem sanftmütigen Riesen, mit Sati, die immer alles richtig machen möchte, mit Pablo, der immer Blödsinn im Kopf hat und mit Bandit, der immer auf uns alle aufpasst.
Manchmal ist es ganz egal daß der Weg nicht schön ist, dass man keine tollen Alpenpanoramen posten kann. Die Menschen sind es, die den Weg wertvoll machen. Und manchmal fällt der Abschied schwerer als üblich.
Aber von vorn:
«All inclusive» auf dem Trailplatz
Da wollten wir rüber.
Unsere drei haben sich in einen offenen Paddock geparkt – sie hätten die ganze Wiese für sich
Ab dem Reschensee liefen wir durch Hagel, unter diesem Vordach konnten wir kurz verschnaufen und das schlimmste abwarten
Der Ort Glurns empfing uns mit einer zu großen Teilen erhaltenen Stadtmauer
Sophie kam mit Sati bestens aus.
Gruppenbild zum Abschied – der uns hier besonders schwer fiel
Nach unserem Pausentag fanden wir ein tolles Quartier auf Mannis Ranch in Pfunds, und einen super Tip zur Umgehung der Straßen hatten wir auch bekommen: das Saderer Joch. Gut zu reiten, auf 2000m Höhe, Hoffnung auf schöne Wege und tolle Bilder. Aber dann die Ernüchterung am Morgen: Im Tal eiskalter Regen, 5cm Neuschnee auf dem Berg. Was nun?
Da kam uns (mal wieder) der Zufall zur Hilfe – Moni und Gerri kamen genau an diesem Tag mit 2 Pferden auf dem Anhänger in Nauders an um einen Rundritt zu starten, und treffen wollten wir uns ohnehin. Ohne zu zögern hat uns Moni mit dem Pferdehänger nach Nauders geholt, und wir haben eine schönen gemeinsamen Abend im Hotel Bergblick gehabt bevor am nächsten Morgen jeder auf seinen Ritt gestartet ist.
Das Foto mit dem versunkenen Turm: ein must-have am Reschensee
Von Nauders aus ging es weiter die Täler entlang, immer auf den Radwegen – sicher und wenig anstrengend für die Pferde, aber nicht wirklich schön. Dafür bekamen wir jetzt “Quartiershuttle”: ab St. Valentin am Reschensee hat uns eigentlich jeder Gastgeber eine Unterkunft für den nächsten Tag gewußt, meist diese sogar telefonisch für uns abgeklärt. Danke an dieser Stelle an die Pferdefreunde Glurns und Lukas, es ist wirklich auch mal schön die Sicherheit zu haben am Abend gut unterzukommen!
Und dann waren wir in Naturns. Diesen Empfang werden wir wohl nie vergessen. Gerade noch mussten wir unsere Vierbeiner wieder beruhigen weil Sati den dicht neben dem Radweg vorbeifahrenden Zug doch allzu gruselig fand, da steht vor uns Sophie, mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht und aufgeregt winkend. Sie war extra den Kilometer zum Radweg gelaufen um uns abzufangen und zu unserem Quartier zu begleiten. Mitten im Ort, umgeben von einer hohen Mauer, fanden unsere Equiden einen Ruheplatz auf einem alten Bauernhof den Sophies Mutter Luise übernommen hatte. Diese Familie war wirklich etwas Besonderes, und bei leckerem Essen mit selbst angebautem Biogemüse saßen wir noch lange zusammen. Wir fühlten uns hier so wohl, dass wir spontan ganz vorsichtig gefragt haben ob wir eine weitere Nacht bleiben dürften. Und ob wir durften!
Da das Futter im Hof allerdings nach einer Nacht langsam knapp wurde ritt Sophie mit uns die kurze Strecke zu einer Weide mit kleinem See, wo für den Pausentag und eine weitere Nacht mehr als genug Gras stand.
Wir ritten dahin, zusammen mit Sophie. Sie durfte ihr Reittier wählen, und sie wählte Sati. Sie kam mit der doch manchmal etwas zickigigen Dame bestens aus, und am Abreisetag ließ sie es sich nicht nehme auch die Strecke zurück zum Hof und dem Gepäck mitzureiten.
Hier fiel es uns wirklich besonders schwer uns zu verabschieden! So herzliche Menschen kennenzulernen ist wunderschön. Aber es muss ja weiter gehen, die Einkäufe waren erledigt, und so machten wir uns auf um ein hoffentlich letztes Stück Radweg hinter uns zu bringen – die Hoffnung bestand dass wir an diesem Tag Hafling, die Heimat der blonden Pferde erreichen könnten. Es war heiß, die Strecke wie schon gewohnt eher langweilig. Durch Meran mussten wir führen, einfach zu eng und zu viel Verkehr. Jeder Schatten war willkommen, ein paar Brunnen stillten zum Glück den Durst von Hund und Equiden, aber bis zum Ortsrand hatten wir schon einige Höhenmeter hinter uns.
Endlich haben wir Meran hinter oder besser gesagt unter uns gelassen
Sieht auf dem Foto wieder mal gar nicht steil aus, war aber auch einer der harmloseren Abschnitte
Rudelkugeln zur Belohnung nach dem Aufstieg, nach einer erfrischenden Dusche gab es dann Ruhe, Heu in Hülle und Fülle und ausnahmsweise etwas mehr Kraftfutter
Also am Stadtrand endlich wieder aufsteigen, die Füße entlasten. Und dann ging es hoch. Und höher. Und noch höher. Wir bewundern die Menschen die vor langen Zeiten diese Wege erschlossen haben, die lange Zeit nur auf diesen Wegen ihr Ziel erreichen konnten. Steil waren sie, mit Steinen gepflastert, oft eng am Abhang entlang. Irgendwann mussten wir einfach absteigen, die Reittiere tropften vor Schweiß.
Ein paar Minuten gaben wir ihnen Ruhe und die Möglichkeit etwas zu grasen, aber nicht allzu lange, damit die Muskeln nicht zu sehr auskühlen. Dann ging es weiter, immer noch steil bergauf. Wir liefen jetzt, ließen uns an den steilen Stellen ziehen. Noch etwa ein Drittel des Anstiegs war zu bewältigen, und als wir aus dem Wald auf die Ebene kamen waren wohl alle erleichtert. Hier haben uns unsere Tiere mal wieder gezeigt welche Power, Trittsicherheit und Ausdauer in ihnen steckt!
Zum Glück fanden wir gleich Unterkunft in einem Hotel mit angeschlossenem Reitstall, und nach einem leckeren Menü und einer heißen Dusche fielen uns bald die Augen zu.
Wanderreiterordung mit schlafendem Hund – wir haben es ihm bald nachgemacht
Heute ging es endlich in die Berge, Konni fühlt sich endlich so richtig wohl in dieser Landschaft! Nach einem wieder einmal viel zu späten Start (wann endlich finden wir morgens eine Routine die nicht Stunden dauert?) haben wir heute nur eine Minietappe geschafft. Aber sowohl für uns als auch für die Tiere war es trotzdem anstrengend. Die ersten Kilometer sind wir gelaufen weil es erst mal längs und quer durch Oberstdorf ging. Ich dachte der Ort hört nie auf! Als wir dann endlich wieder in der Natur waren und aufgestiegen sind ging es nicht lang und unsere Equiden mussten richtig ran: von 800 auf 1000HM ging es extrem steil durch den Wald – also ich hätte das nicht laufen wollen! Hier hat sich auch gezeigt warum wir Vorderzeug benutzen und dass ich es bei Pablo etwas enger schnallen muss – sein Sattel lag nach dem Anstieg etwas weit hinten und ich musste das in der Graspause korrigieren. Ohne Vorderzeug hätte ich sicher absteigen müssen…
So geht Pause!
Der Rest, der nicht mehr in unsere Tasche passte.
Danach ging es dann ein Hochtal entlang, und gegen 15.00h haben wir an einem Gasthaus beschlossen uns ein Kaltgetränk zu gönnen. Der Wirt erlaubte uns die Pferde im Biergarten anzubinden, und so stand dem Genuss nichts im Wege.
Aber zu diesem Wirt muss ich schon noch ein paar Worte los werden, er und seine Frau waren mal wieder eine so nette Begegnung. Ich habe natürlich versprochen eventuelle Hinterlassenschaften zu beseitigen, aber er meinte nur wir sollen die Haufen ruhig liegen lassen – er nimmt sie dann als Dünger. Quasi mitten im Biergarten wohlgemerkt. Kaum hatten wir die Tiere angebunden stand er mit einem Eimer Wasser da, und nach unseren ersten Schlucken kam er nochmal vorbei, zeigte auf einen Eimer und forderte uns auf davon mitzunehmen soviel wir einpacken können. Uns so war unsere fast leere Kraftfutterreserve wieder bis oben hin voll mit Hafer! Zuletzt hat uns seine Frau noch ein Netz Äpfel für die netten Pferde auf den Tisch gelegt. Und hätten wir nicht bei der nächsten Alp unser Quartier gefunden hätte der Wirt auch noch auf seiner eigentlich verpachteten Wiese versucht eine Übernachtungsmöglichkeit für uns zu ermöglichen.
Aber jetzt stehen die drei Zausel da wo wir ursprünglich für die Nacht ein Plätzchen suchen wollten auf einer riesigen Bergweide, von der wir den Duplos zuliebe allerdings nur ein Stück im Ebenen abgesteckt haben, und wir nächtigen im Schatten einer riesigen Fichte. Die Alpen begrüßen uns auf nette Art, so kann es weiter gehen!
Cordobes würde am liebsten mit im Zelt schlafen
Unser Abendessen auf der Alpe: Allgäuer Bergkäsesuppe – quasi Käsefondue zum Löffeln
Sonntag, 1. Mai 2022, für uns der Beginn eines neuen Kapitels. Seit Monaten haben wir auf diesen Moment hingearbeitet, haben Rückschläge erlebt, mussten Probleme lösen, haben aber auch oft unerwartete Unterstützung erfahren. „Die Tour“ und vor allem deren Planung und Vorbereitung war so lange der rote Faden in unserem Alltag, dass es sich am Ende seltsam angefühlt hat einfach aufzusteigen und loszureiten wie bei jedem anderen Ausritt. Und dabei zu wissen dass wir so bald nicht zurück kommen
Die «eingelaufene» Socke mit überraschendem Inhalt. Ein Taismann, der uns bis zur Rückkehr ständig begleitet hat.
Die stillen Helfer- ohne die diese Reise garnicht hätte starten können.
Da wir bis zur ersten Etappe mit Begleitung und Gepäcktransport unterwegs waren war der erste Tag letztendlich auch eigentlich nur ein Ausritt mit Freunden. Der Abschied am Stall war allerdings etwas besonderes… Wir hatten alle zu einem kleinen Sektumtrunk eingeladen, aber da 1. Mai war haben wir am Vormittag nicht mit so vielen Menschen gerechnet die uns verabschieden würden. Aber weit gefehlt, wir kamen vor lauter Umarmungen und guten Wünschen kaum zum Putzen und Satteln!
Es war wirklich bewegend wie sehr sich alle einerseits für uns gefreut haben, andererseits aber oft auch Tränen in den Augen hatten weil wir auf eine so lange Reise gehen. Und was uns dann wirklich etwas sprachlos gemacht hat: Alle wollten etwas beitragen, haben gesammelt, und so gab es als Abschiedsgeschenk eine wirklich ausgiebig eingelaufene Socke gefüllt mit Barem für die Tourkasse. Was für eine Stallgemeinschaft – wir werden euch definitiv vermissen!
Wir werden Euch vermissen!
Fertig gepackt fürs Abenteuer.
Von unseren drei Reitbeteiligungen, die längst zu Freunden geworden sind, konnten wir uns am ersten Abend bei einem opulenten Grillen verabschieden, da hatten wir noch etwas Gnadenfrist. Aber am Morgen danach waren wir dann endgültig unter uns und mussten das erste Mal das volle Gepäck auf alle Tiere laden. Das Abenteuer konnte beginnen!
Wie ich gelernt habe bei der Routenplanung andere Maßstäbe zu setzen…
Diese Brücke war für Gepäck zu schmal, und über den Bach – der zugegebenermaßen sehr steile Ufer hatte – war nur Cordobes zu bewegen…
Normalerweise plane ich unsere Strecken immer online, und normalerweise gebe ich bei der Auswahl der Planungkriterien immer an: „Trittsicherheit: erfahren“. Blöd wenn man ein Packtier mit ausladenden Taschen dabei hat… Ich sage es mal so: Wir sind angekommen. Heil. Ohne Schäden am Material. Aber zumindest ich war irgendwann mit meinen Nerven am Ende, und völlig erledigt waren wir alle 6. Ab jetzt heißt es „Trittsicherheit: durchschnittlich“.
Aber am Abend wurden wir bei Maria, die wir vor etwa 3 Jahren schon einmal mit unseren Pferden besucht hatten, fürstlich versorgt, nach Auflauf mit Salat wartete ein komfortables Zimmer und eine wunderbar heiße Dusche auf uns.
Am nächsten Tag nach einem ebenso fürstlichen Frühstück durften wir eine Premiere erleben: Maria und ihre Freundin Gigi wohnen keine 2km voneinander entfernt, jede mit Pferd, und da müssen erst zwei Wanderreiter vorbei kommen damit sie zusammen ausreiten – die beiden haben uns auf den ersten Kilometern begleitet und uns die besten Wege für den Tag empfohlen. Heute war Genussreiten angesagt!
Ein Abend mit "Weltumreiter" Manfred Schulze
Wer sich für Manfreds großes Abenteuer interessiert: Sein Buch “Mit zwei Pferden um die Welt” ist käuflich zu erwerben 😉
Manchen wird der Name etwas sagen, anderen nicht. Er ist der Weltumreiter, hat Ende der 90er mit seinen zwei Huzulen einen mehrere Jahre dauernden Ritt einmal um die Erde gemacht. Hut ab vor dieser Leistung, zumal er nicht wie wir heute mit GPS und Smartphone unterwegs war. Heute lebt er, nach einem unglaublich bewegten Leben, auf einem Pferdehof in Baden-Württemberg und hat uns und unsere Tiere für eine Nacht aufgenommen. Es war ein ganz besonderer Abend, und bei einem wirklich feinen Hausbrand saßen wir noch lange zusammen und haben Erfahrungen ausgetauscht.
Ein glückliches Muli auf Abwegen!
Diesem langen Abend ist es dann wohl geschuldet dass wir beim Aufbruch am nächsten Morgen beinahe ein Reittier verloren hätten. Heute sollte Sati das erste Mal als Packpferd mitlaufen. Fürs erste sollte ich sie einzeln führen, Konni kam mit den Mulis hinterher. Manfred hat uns noch ein paar Meter begleitet, dann waren wir raus aus dem Dorf und ich habe nebenbei auf dem Handy nochmal die Strecke kontrolliert, als ich von Konni einen lauten Ruf höre: „Cordobes ist weg!“ Wie, Cordobes ist weg? Wie kann das denn sein, ich habe beim Abschied winken doch beide Mulis bei Konni gesehen??? Naja, der immer unauffällig folgende Cordobes – im Gegensatz zu Pablo muss man ihn eigentlich nie am überholen hindern oder zum flotteren Laufen animieren – hat wohl einfach die Gelegenheit genutzt als Konni unbemerkt sein Führseil aus der Hand geglitten ist und sich auf das frische Gras am Wegrand gestürzt. Jedenfalls war weit und breit nichts von ihm zu sehen. Also, zurück mit allen. Und eine Kurve zurück kam er uns auch schon entgegen der Ausbrecher. „Was denn, ich komme ja schon. Aber wenn ihr mir jetzt entgegen kommt dann kann ich auch nochmal ans Gras!“
Das Ende der geplanten Route
Wellness für die Vierbeiner – da legt sich Sati einfach dazu
Nein, wir hören nicht auf mit Weiterreiten – aber unser viertes Quartier ist das letzte das wir vorher geplant haben. Bei Angela haben wir für zwei Nächte einen schönen Offenstall für unsere Tiere, denn Konni muss einen wichtigen Termin wahrnehmen. Für Cordobes, Pablo, Sati und Bandit gibt es Pausentag, ich bin dagegen durchaus beschäftigt: Packtaschen aufräumen, spülen, misten, die Vierbeiner bürsten, Wasser und Heu auffüllen, einkaufen, Zelt trocknen, Route grob planen, Blog schreiben… Pausentag würde ich das nicht nennen… Aber zumindest letzteres gestaltet sich wirklich gemütlich: den Laptop auf dem Schoss und Bandit neben mir eingekuschelt sitze ich im Heu, neben mir drei heumümmelnde Equiden. Fehlt nur der Kaffee… so, und den gehe ich mir jetzt kochen, also bis zum nächsten Mal!
Unser letzter Tag bei Kornel ist angebrochen. Morgen geht es zurück nach Deutschland.
Nach Tagen im kalten Regen ist diese warme Hütte der Himmel auf Erden für uns
Als wir vor Wochen (es war noch brütend heiß) mit einem kurzen Atemholen den Schritt gewagt und den deutschsprachigen Raum für den Rest der Tour verlassen haben, hatte ich etwas gemischte Gefühle. Neben der Aufregung und Freude, nach Slowenien weitere komplett neue Länder kennenzulernen war da schon auch ein gewisses Unwohlsein bei dem Gedanken, auf absehbare Zeit auf kaum jemanden zu treffen, der unsere Sprache spricht. Würden wir zurecht kommen? Würden wir zwei uns «genügen» wenn wir länger niemanden anderes zum miteinander Reden treffen?
Sonnenuntergang vor unserer Hütte – die Aussicht hier ist fantastisch!
Alle Befürchtungen waren unbegründet! Wir fanden immer wieder jemanden der Deutsch oder, deutlich öfter, Englisch sprach, lernten den Google Übersetzer perfekt zu nutzen, und im Notfall ging es auch fast immer irgendwie mit Händen, Füßen und einem Stift weiter.
Was mir in diesen letzten Wochen in den Ländern, in denen ich bisher überhaupt keinen Bezug zur Landessprache hatte, noch einmal richtig bewußt geworden ist: Man sieht den Menschen, denen man begegnet, nicht an welche Sprache sie sprechen. Es ist auch egal. «Zurechtkommen» war überhaupt kein Problem, und wir sind uns sogar einig, daß diese letzte Etappe unserer Reise in gewisser Weise die beste war. Wir fühlen uns wohl in dieser Ecke Europas.
Aber morgen geht es zurück. Polen versucht uns den Abschied mit kalten Temperaturen leichter zu machen, aber zum Glück haben wir bei Kornel ja unsere warme, trockene Hütte.
Hutständer Western-Stil
Fast 2 Wochen sind wir jetzt bei ihm. Viel Zeit, wenn man nur das hat was man auch unterwegs hatte. Und es tat gut, Zeit zu haben. Ja, wir hatten etwas Sorge um Sati, aber nachdem Kornel uns netterweise in die 60km entfernte Klinik gefahren hatte ging es ihr schnell besser, und mittlerweile steht sie wieder zufrieden auf der Weide bei ihren Kumpels. Cordobes hat in den ersten Tagen auch etwas für Beschäftigung gesorgt, weil wir wegen des wechselnden Wetters immer wieder dafür sorgen mußten daß er nicht fror. Aber seit die neue Decke geliefert wurde ist ihm das Wetter egal.
Diese tolle Lederwerkstatt werde ich vermissen
Und ein gutes Stück Arbeit war es auch, unsere Kleidung einmal gründlich zu waschen, das war allerdings in wenigen Tagen erledigt. Und auch die Suche nach einer Ferienwohnung für uns und nach einem Platz für die Equiden war am Ende der ersten Woche erfolgreich.
Meine ersten Lederarbeiten
Also reiten wir ein wenig, zu Kornels Begeisterung auch mal zum Einkaufen in den Supermarkt wenn sein Auto nicht da ist, versuchen unserem Gastgeber ein wenig bei der Arbeit auf dem Hof zu helfen, beschäftigen uns mit Tournachbereitung und nutzen Kornels Lederwerkstatt – ansonsten dürfen wir ohne schlechtes Gewissen faul sein!
Nach dem Klinikaufenthalt von Sati freuen sich die 3 wieder zusammen zu sein
Heute Nachmittag ist damit allerdings Schluß, das Mittagessen ist die letzte warme Mahlzeit hier, bis zum Abend soll im Prinzip alles gepackt und die Hütte geputzt sein.
Heute fällt es mir besonders schwer von den letzten 2 Wochen zu berichten. Denn das waren sie: die letzten. Heute fiel die Entscheidung. Wir brechen ab. Cordobes hat Probleme mit der nassen Kälte, Sati hat sich verletzt. Es macht keinen Sinn auf Biegen und Brechen weiter zu kommen, das ginge nur auf Kosten der Tiere. Aber der Abschied fällt uns schwer. Nicht der Abschied von Polen, wo wir mittlerweile sind, denn dort werden wir wohl noch eine Weile sein bis alles organisiert ist, sondern der Abschied von unserem Vagabundenleben. Und das, obwohl es zuletzt alles andere als einfach war.
Aber von vorne:
Konni beim Abwasch – solche Trinkwasserquellen finden sich jetzt zum Glück wieder öfter
Nach ein paar Nächten in der «Wildniss» kamen wir durch Šumperk, eine kleine Stadt, wo wir ein Outdoorgeschäft gefunden hatten. Leider war unser Plan, wir wollten am Campingplatz vor dem Ort übernachten und evtl auch einen Pausentag einlegen, nicht aufgegangen, für die Equiden war dort einfach keine Wiese zu finden.
Ein gemütliches Plätzchen auf der Ranch Victorie
Also bissen wir uns durch, am anderen Ortsende sollte eine Ranch sein. Der Weg zog sich in die Länge, aber endlich hatten wir sie gefunden, und wir durften bleiben. Auch für 2 Nächte. Und nachdem wir mehrfach darauf angesprochen worden waren ob wir denn zum Trailturnier am Samstag bleiben wollten waren auch 2 weitere Übernachtungen schnell organisiert, auch wenn unsere 3 Reittiere wegen der zahlreichen Gaststarter dann mit etwas weniger Fläche auskommen mussten – aber immer noch mehr als wir ihnen mit unserem eigenen Zaun normalerweise bieten können.
Cordobes hat den Trail gemeistert wie ein alter Hase
Und es hat sich gelohnt zu bleiben! Es war toll diesen etwas anderen Turniertag mitzuerleben, sogar mitzumachen. Denn es war überhaupt kein Problem daß ich mit Cordobes am geführten Trail teilnahm, und überraschenderweise bekam ich dann auch noch eine sehr nette Stute für den gerittenen Wettbewerb angeboten.
Mit Sissi im Parcour – wann habe ich zuletzt ein fremdes Pferd geritten?
Die Stimmung war entspannt, das Essen bestens, und ein neues Knotenhalfter für Cordobes wurde mir auch mal eben auf Maß geknüpft.
Als wir am Sonntag wieder aufbrachen hatten wir von Stallchef Jonny nicht nur das nächste Quartier organisiert bekommen, sondern auch Wegbegleiter, die uns die ersten Kilometer zeigen sollten.
Nicht immer fanden sich so komfortable Lagerplätze
Leider wurde das Wetter nun immer schlechter, Regen und Wind häufiger, die Temperaturen fielen. Umso glücklicher waren wir, daß wir am Abend eine kleine Ferienwohnung und die Pferde eine Weide mit Unterstand bekamen. Doch ab dem nächsten Tag wurde es ungemütlicher.
Also grüner geht Grenze nicht – wie oft wir an diesem Tag das Land gewechselt haben entzieht sich unserer Kenntnis
Wir hatten zwar immer das Glück rechtzeitig eine passende Wiese zu finden, aber außer gelegentlich einen Baum gab es keinen Wetterschutz für die Tiere. Und Cordobes bekam wirklich Probleme, war am Morgen vor Kälte so verspannt daß an Aufsitzen erst mal nicht zu denken war.
Mit Woilach und BW-Poncho konnten wir ihn zwar gut warmhalten, aber das hält nicht sehr gut auf ihm. Die ersten Gedanken an einen Tourabbruch kamen auf….
Polen ist für uns das Land der Pilze. Überall und in allen Farben sieht man sie…
Aber so schnell wollten wir die Flinte nicht ins Korn werfen. Eine leicht gefütterte Regendecke musste doch aufzutreiben sein!
… in braun, gelb, rot, weiß, orange, sogar grün…
Aber irgendwie ging dann alles sehr schnell.
… und sogar in gaaaanz groß und grau
In Zieleniec, einem Wintersportort, fanden wir für die Pferde einen Platz auf einer kleinen Westernranch, wir selbst konnten den Luxus eines Bed & Breakfast mit Sauna genießen. Sogar ein tolles Restaurant fand sich an diesem Abend. Aber nach einer Nacht mit 6°, Wind und Regen war Cordobes so durchgefroren, daß wir beschlossen haben, so geht es nicht weiter.
Cordobes im Regenmantel
Mit Hilfe der netten Angestellten unserer Gastgeber fanden wir eine Ranch, die bereit war, uns für ein paar Tage Unterschlupf zu gewähren. Dort wollten wir die Tiere sich erholen lassen und jeden Weg mit Taxi oder Zug inkauf nehmen, um eine gute Regendecke für Cordobes zu finden.
Manchmal übertreibt es dieser Hund mit dem Spaß ein wenig… Aber dank selbstreinigendem Fell war von der Schlammpackung am Abend schon nichts mehr zu sehen
Die Strecke war zwar zu lang für eine Tagesetappe, aber mit der Aussicht auf eine brauchbare Station könnten wir es schon noch einen Tag überbrücken. Allerdings hieß es erst mal laufen.
Noch in Tschechien – ich liebe diese Blaubeerknödel einfach!
Meine Satteltaschen bekam Pablo aufgeladen, Cordobes bekam über den Sattel und die Kruppe einen Poncho, und kurz vor Mittag kamen wir endlich los. Zum Glück wurde unsere Frostbeule schnell warm, aber wir wollten kein Risiko eingehen, und so liefen wir am Ende 15km bevor wir uns nach einer «kurzen» Rast trauten wieder umzuladen und in den Sattel zu steigen.
Polnischer Familienausflug – wir wurden spontan zu Grillwürstchen eingeladen
«Kurz» deswegen, weil es eigentlich so geplant war. Die Karte zeigte uns an, daß da eine Raststelle mit überdachter Sitzgelegenheit kommen sollte, die wollten wir nutzen um wenigstens halbwegs im Trockenen sitzen und unser letztes Brot mit der letzten Dosenwurst essen zu können. Der Platz war aber schon besetzt.
Kurz nach diesen tollen Felsen begannen die Probleme – der Wanderweg wurde zum Steig…
Eine Familie saß mit Würsten am offenen Feuer. Naja, nachdem wir den Pferden etwas Kraftfutter gegeben hatten saßen wir da auch, und hatten nach der Pause mehr Essensvorräte als vorher, da wir nicht nur mit Würsten versorgt wurden, sondern auch noch das übrig gebliebene Brot mitnehmen durften.
Aber hier haben wir die wunderschöne Strecke noch genossen
Dadurch wurde es leider später als gedacht, aber im allerallerletzten Tageslicht näherten wir uns unserem angepeilten Ziel, ein weiterer Rastplatz am Rand eines kleinen Nationalparks. Keine Ahnung was wir getan hätten wenn es dort kein Gras gegeben hätte, aber es gab. Und einen kleinen Bach zum Glück auch, denn wir hatten fast kein Wasser mehr. Das Wasser aus dem Bach war zwar nicht wie erhofft klar, aber nach einem Durchlauf durch unseren Filter und 10minütigem Kochen trauten wir uns doch es zu trinken.
Am Morgen kamen wir ganz gut los, und wir hatten ja nur noch 20km – also quasi ein Klacks. Und dann kam da dieser Berg. Nicht hoch. Und aufwärst war der Weg wirklich harmlos. Aber auf der anderen Seite wieder hinunter? Es gab Wanderwege die eher Klettersteige waren, und kaum mehr erkennbare Forstwege. Und es war steil, teilweise extrem steil. Wir fühlten uns an manche Tage in den Alpen zurückversetzt.
Bei naßkaltem Herbstwetter gleich doppelt gemütlich – Berghütte mit uriger Bar
Mehrfach mussten wir uns mühsam Pfade durchs Unterholz suchen, einmal ging es gar nicht weiter und wir mussten umkehren. Am Ende waren wir heilfroh als wir wieder im Tal waren. Ab da ging es eigentlich gut voran, nur wollte Sati nicht so flott laufen wie gewohnt.
Hier fanden wir nicht nur ein paar Sonnenstrahlen, sondern sogar einen kleinen Laden um unsere arg erschöpften Vorräte wieder aufzufüllen
Mehrfach haben wir sie durchgecheckt, konnten aber nichts dramatisches finden, und lahm ging sie auch nicht. Und dann fiel uns kurz vor dem Ziel eine jetzt klaffende, kleine Verletzung auf, die vorher in dem schwarzen Fell wohl einfach zu gut getarnt war.
Auch Bandit genießt die willkommene Wärme – kurz danach bließ uns der kalte Wind wieder Regen ins Gesicht
Ein Tierarzt für eine Antibiose war hier am Sonntag nicht zu bekommen, auch nicht mithilfe unseres Gastgebers, und bis am nächsten Morgen war das Bein dick.
Das war für uns der Punkt an dem wir beschlossen haben unsere Tour zu beenden.
Warm, trocken und gemütlich – unsere letzte Station der Reise
Einen besseren Ort um in Ruhe die Heimreise zu planen könnten wir nicht finden, und wir können es einfach nicht mit unserem Gewissen vereinbaren jetzt um jeden Preis weiterzumachen. Ja, wir saßen ein paar Stunden nach der Entscheidung traurig auf dem Sofa, wünschten uns, doch einfach weiter zu reiten. Aber mittlerweile haben wir die Situation akzeptiert. Wir wissen noch nicht wie lange es dauern wird bis wir letztendlich zurück sind, wo wir und die Pferde dann genau unterkommen, aber da können wir in aller Ruhe nach Lösungen suchen. Und bis dahin haben wir alle 6 hier einen gemütlichen Platz gefunden bei einem sehr netten und hilfsbereiten Gastgeber.
Wir finden immer weniger Brombeeren und Zwetschgen, dafür sind die Hagebutten fast reif. Am Abend packen wir wieder den Wollpulli aus und in den Pausen suchen wir Sonne, nicht mehr Schatten: es wird Herbst. Die Tiere freuen sich, endlich nicht mehr in der Sommerhitze laufen zu müssen. Aber wir kommen morgens kaum aus den kuscheligen Schlafsäcken und brauchen lang bis wir nicht mehr frösteln.
Ein Feuer am Abend und die Abendfrische läßt sich aushalten
Und Herbststimmung bedeutet irgendwie auch Abschiedsstimmung. Der letzte komplette Reitmonat ist angebrochen. Bald müssen wir anfangen den Heimweg zu organisieren. Aber umso mehr genießen wir jetzt jeden Tag, den wir noch unterwegs sein dürfen. Immerhin, noch mehr als ein Monat. Im Vergleich zu unseren bisherigen Urlaubsritten immer noch unglaublich viel Zeit.
Es ist nicht mehr so trocken, wir finden ohne Probleme Wasser und Futter
Nur unser Ziel Riga zu erreichen mussten wir aufgeben. Zu sehr lieben wir es uns am Morgen Zeit zu lassen, in Ruhe Pause zu machen, Zeit mit unseren Gastgebern zu verbringen. Irgendwo in Polen wird die Reise wohl zuende gehen. Wir sind schon gespannt auf das nächste Land. Die Slowakei und Tschechien haben uns ja mit wenigen Ausnahmen absolut verwöhnt, wir hatten traumhafte Wege, oft toll ausgezeichnete Wanderwege – ein wahres Wanderreitparadies.
In der Slowakei stehen, tschechisches Gras fressen – beide Länder haben wir schätzen gelernt
Sogar die Campingplätze die wir fanden waren wie gemacht für uns: kaum Infrastruktur, dafür ungemähte Wiesen und fast nichts los. Und auch sonst stört es hier niemanden wenn wir abends auf irgendeiner Wiese Zaun und Zelt aufbauen.
Ja, das ist ein ganz normaler Campingplatz – Morgenstimmung am See
Die Suche nach einem geeigneten Nachtquartier ist ja irgendwie Dauerthema wenn man nichts vorher planen kann. Ich bin jeden Morgen schon gespannt wo wir am Abend anhalten. Manchmal (sehr selten) müssen wir kurz vor der Dunkelheit noch an einem nicht wirklich idealen Platz den Zaun aufbauen, manchmal sehen wir am frühen Abend den idealen Platz für uns, manchmal fragen wir uns durch bis wir unterkommen.
Auch ein Campingplatz – die Gelegenheit die Schlafsachen wieder richtig trocken zu bekommen konnten wir uns nicht entgehen lassen. Aber es war saukalt!
Und gestern passierte dann mal wieder eines dieser kleinen «Wunder»: wir waren ein wenig von unserer geplanten Strecke abgekommen weil die Markierungen der Wanderwege uns anders führten als auf der Karte angezeigt war.
Der kleine Frechdachs
So kamen wir in ein kleines Dorf, sahen dort Pferde auf der Weide und wollten versuchen, bei den Besitzern der Pferde um etwas Hafer und Mineralfutter zu bitten. Für Feierabend war es noch zu früh, wir hatten erst 15km zurückgelegt. Aber irgendwie konnten wir keinen Hof finden der nach Pferden aussah und trafen auch niemanden, den wir fragen konnten.
Rastplatz mit Quelle in diese Richtung – leider war sie trocken
Also machten wir uns wieder auf den Weg, als auf einmal ein alter Landrover neben uns anhielt. Der Fahrer stieg aus und kam mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht auf uns zu. Leider sprach er so gut wie kein Englisch, aber er hieß uns warten, und kurz darauf kam er mit seinem Sohn zurück, der perfekt dolmetschen konnte. Bevor wir auch nur Luft holen konnten um unser Anliegen vorzubringen waren wir eingeladen zu bleiben, und so begeistert wie Franta war konnten wir einfach nicht ablehnen.
Zufallsfund – passt aber zu der Herzlichkeit mit der wir hier aufgenommen wurden
Er und seine Frau haben sich den Traum vom eigenen Hof erfüllt, halten selbst 11 Pferde, und sind mehr oder weniger Selbstversorger. Auf dem Weg zum Einkaufen erzählt mit Franta dann stolz, daß 2 seiner Pferde Kabardiner sind. Und er kennt sogar Tobias, von dem wir unsere beiden Kabardiner haben. Die Welt ist wirklich klein!
Ein beeindruckender Gartentisch – mit und auf diesem Hof leben Franta und Martina seit etwa 15 Jahren ihren Traum
Wir haben einen wunderbaren Abend bei Franta, Martina und Daniel verbracht, und Hafer bekamen wir natürlich auch.
Nach einem deftigen Frühstück und zu viel Kaffee (gibt es das?) waren wir wieder unterwegs, mit der Bitte doch unseren Lagerplatz am Abend mitzuteilen: Franta würde so ein Lager und die Ausrüstung gerne mal sehen.
Ein wunderschöner Platz, aber noch immer viel Arbeit
Irgendwie wollten wir da natürlich einen tollen Platz vorweisen können – meist geht das ja nach hinten los und gerade dann findet man nichts wirklich schönes. Auf der Karte sah ich in passender Entfernung einen kleinen See, aber das ist ja keine Garantie, daß dort auch ein gutes Stück Wiese ist.
Herbststimmung
Und dann war da 3km vor dem angepeilten Ziel eine Wiese. Mit frischem, halbhohem Gras. Ein offensichtlich lange nicht genutzter und halb eingewachsener Weidezaun auf zwei Seiten. Konni und ich ritten eine Weile an der Wiese entlang bevor Konni aussprach was wir beide dachten: besser wird es heute nicht mehr!
Die drei fühlen sich sichtlich wohl
Also machten wir uns an die Arbeit, und die Koordinaten waren schnell an Franta verschickt. Doch es kam nie eine Antwort. Und dabei hatten wir wirklich schon gehofft Besuch von dieser tollen Familie zu bekommen, denn eines hatten wir kaum: Trinkwasser. Aber dieses Problem konnten wir dank eines nahen Regenwasserfasses und unseres Wasserfilters bald lösen, und als es dunkel wurde brannte neben dem Zelt schon ein gemütliches Lagerfeuer.
Auch ein Hund weiß ein gemütliches Plätzchen am Feuer zu schätzen
Und dann, Konni war gerade am kochen, dachten wir, wir bekommen das erste Mal auf dieser Tour wegen unseres Camps Probleme: ein Geländewagen fuhr an den Pferden vorbei, wurde langsam, wendete und kam über die Wiese neben unser Zelt. Unsere Freude war groß als tatsächlich Franta mit seiner Tochter ausstieg! Und sie kamen nicht ohne Mitbringsel: Tee, Trinkwasser und selbstgemachte Kartoffelpuffer brachten sie mit, und nach einem gemütlichen und lustigen Abend am Feuer gingen sie mit dem Versprechen, am Morgen wieder zu kommen und uns Frühstück über dem Feuer zu kochen.
Was gibt es schöneres als so den Abend zu verbringen?
Ja, und nun sitzen wir vor dem Schlafengehen noch ein wenig zusammen, verbrennen das letzte Holz und genießen einfach das Glück das wir haben. Das Glück diesen Traum erleben zu können, solche Menschen zu treffen, die sich wandelnden Jahreszeiten jeden Tag hautnah zu erleben, nicht zu wissen welcher Wochentag gerade ist: What a live!
Dekorativ, und es schützt das Holz: ausrangierte Tassen sieht man hier zu hunderten auf den Zäunen
Wir werden oft gefragt was das Beste an unserer Reise ist:Es sind die Menschen denen wir begegnen. Ja, viele dieser Begegnungen kosten uns viel Zeit, führen dazu, daß wir nicht so voran kommen wie wir es uns vorgestellt haben, aber die Zeit die wir mit diesen tollen Menschen verbringen dürfen ist so viel wertvoller als das Erreichen irgendeines Zieles.
Wir haben in den letzten knapp drei Wochen viel erlebt: Dürre, Hitze, Gras- und Wassermangel, aber auch den Himmel für Wanderreiter und Dauerregen. Wir sind in brütender Hitze über die schattenlosen pannonischen Ebenen geritten, und tagelang durch schattige Bergwälder, über breite Schotterwege und schmale Trampelpfade. Wir haben an einem Schloß übernachtet und unser Lager bei einsetzender Dunkelheit auf einer abgemähten Heuwiese aufgeschlagen.
Und wir haben enorm viel Gastfreundschaft erfahren. Von ein paar Erlebnissen möchte ich heute einmal erzählen, sie stehen beispielhaft für viele andere!
Frühstück im Regen
In Ungarn waren wir gegen Abend auf der Suche nach einer Unterkunft. Ich wusste noch, daß uns jemand auf Facebook eingeladen hatte, aber ich konnte den entsprechenden Beitrag mit dem Kommentar nicht mehr finden. Also doch Klinken putzen… Wir fanden einen kleinen Reitstall, der sich der Working Equitation und der klassischen Reitlehre verpflichtet hat, und Konni ging auf den Hof um um Unterkunft anzufragen. Ich wartete mit den Tieren derweil vor dem Tor. Nach kurzer Zeit kamen Konni und die Hofbesitzerin lachend um die Ecke – es war genau sie die uns eingeladen hatte! So konnten wir uns direkt häuslich niederlassen, die Pferde bekamen eine kleine Weide und Heu, und wir durften unser Lager in der Reithalle, nein, sorry, im Mehrfamilienzelt, aufschlagen. Mehrfach hat Yvonne uns im Laufe des Abends eingeladen gerne auch länger als eine Nacht zu bleiben, aber wir hatten mittlerweile eine Verabredung – dazu später – und mussten in den nächsten zwei Tagen insgesamt 55km zurücklegen. Also hieß es am Morgen früh aufstehen, alles packen, Kaffee kochen und die Tiere beladen. Nur daß wir soweit nicht kamen. Also zum beladen. Denn Yvonne ließ uns förmlich keine Wahl: Das Angebot uns am Nachmittag in die Therme und die Rösser am nächsten Tag mit den Pferdehängern nach Illmitz zu fahren konnten wir einfach nicht ausschlagen! Und so genossen wir ihre Gastfreundschaft und die Therme, ritten am Abend eine Runde auf ihrem Trailparcour, nahmen am nächsten Vormittag ihre Tochter auf einen ausgiebigen Ausritt mit und kamen dennoch pünktlich zu unserer Verabredung.
Yvonne, die uns zum Thermenbesuch «genötigt» hat – danke für die tollen Tage
Achja, die Verabredung: Wer unseren Blog schon länger liest erinnert sich vielleicht, daß wir aufgrund von Neuschnee die Pferde am Reschenpaß verladen hatten. Der Hänger gehörte Monika, die wir bis dato nur über Facebook kannten und die zufällig zeitgleich mit uns in dieser Gegend ein paar Tage reiten wollte. Wir verbrachten in Nauders mit ihr und ihrem Begleiter einen netten Abend, dann ritt jeder seines Weges. Nun waren wir auf dem Weg zu Yvonnes Stall schon den ganzen Tag am Grübeln: Sollten wir auf direktem Weg zum Neusiedler See reiten, oder nehmen wir die Einladung eines ungarischen Reitstalls an, was uns einen Umweg von ein paar Tagen kosten würde? Beide Optionen hatten Vor- und Nachteile, wir konnten uns einfach nicht entscheiden. Da klingelte am späten Nachmittag Konnis Telefon: Monika rief an, sie hätte ein paar Tage frei, ob sie eine kurze Weile mit uns reiten dürfe? Unsere Überraschung war groß, unsere Freude sie wiederzusehen nicht weniger, und so war schnell alles geplant, und uns unsere Entscheidung abgenommen: die Zeit reichte nicht um den Umweg zu reiten und Monika zu treffen.
Keine zünftige Kutschfahrt ohne Einkehrschwung
Die Tage mit ihr und ihrem Pferd Johnny waren toll! Es ist ja immer ein gewisses Risiko mit fremden Reitern unterwegs zu sein, aber es harmonierte bestens zwischen uns, und Monika war wirklich eine angenehme, unterhaltsame und immer gut gelaunte Begleitung. Und das, obwohl sie am ersten Tag von ihrem bockenden Pferd fiel und sich am Arm so blöd verletzte, daß sie zwei Wochen später deswegen ins Krankenhaus musste! Als sie uns nach vier Tagen wieder verlassen musste haben wir sie vermißt…
Die Lacken im Seewinkel waren fast alle ausgetrocknet
Bei über 30° und kaum Schatten auf der Strecke das Beste was man tun kann: eine ausgiebige Mittagspause
Unsere ersten Tage in der Slowakei waren ein wahr gewordener Wanderreitertraum: schattige Wälder, immer wieder Lichtungen voll mit üppigem Gras, Quellen mit Trinkwasser, schönste Waldwanderwege. Wir konnten unser Lager aufbauen wo wir wollten, konnten unser Glück kaum fassen. Leider hatten wir die kleinen Karpaten aber bald hinter uns, und die Trockenheit hatte uns wieder im Griff: die Wiesen abgemäht, nichts nachgewachsen, die Quellen vertrocknet.
Frisches Gras fanden wir hier nur selten
Es wurde immer schwieriger die Tiere gut zu versorgen. Einmal fanden wir zum Glück einen kleinen Reitstall, wo wir mehr als großzügig mit Futter und Wasser versorgt wurden, aber nach einem Abend, an dem wir erst im Dunklen ein Notquartier auf einer abgemähten Heuwiese errichteten einfach weil wir dort aus einem kleinen Fischweiher Wasser für die Tiere schöpfen konnten beschlossen wir, uns ab jetzt schon am frühen Nachmittag nach einer Bleibe umzusehen. Am nächsten Tag kamen wir durch das Dörfchen Hrachovista.
Auf der Dorfstrasse von Hrachoviste haben wir bleibende Eindrücke hinterlassen
Hier wollten wir uns im Dorfladen mit Lebensmitteln versorgen, und dann die Augen offen halten nach einer geeigneten Wiese. Mitten auf der Hauptstrasse wurden wir von einer netten Dame angesprochen, die üblichen Fragen nach woher und wohin wurden gestellt, zum Glück konnte sie prima deutsch. Dann verselbstständigten sich die Dinge irgendwie: zuerst bestand Eleonora darauf, uns beim Einkauf zu helfen, dann lud sie uns auf einen Kaffee zu sich ein. Ehe wir uns versahen hatte sie das Stück sattgrüne Wiese hinter ihrem Garten für uns organisiert, und eine Nachbarin bestand darauf uns zum Frühstück auf einen Kaffee einzuladen. Wir konnten duschen (nach einer Woche ohne diese Möglichkeit war das mehr als willkommen) und sogar eine Ladung Wäsche waschen – auch das war mittlerweile dringend nötig.
Eleonora hat uns in dieser unwirtlichen Gegend wirklich zu einem Traumquartier verholfen!
Ruine über Bolinka – wir haben uns nicht getraut hinein zu reiten, zu viele frisch gefallene Steine lagen am Boden…
Von Hrachoviste aus waren es nur etwa 20km zu einem der wenigen Reitställe die wir ausfindig machen konnten, und obwohl Reitställe leider selten sehr gastfreundlich sind (ein großes Dankeschön an dieser Stelle an all die Reitställe die es eben doch waren, es gibt sie durchaus) wollten wir unser Glück versuchen. Dort gäbe es immerhin Heu und hoffentlich auch etwas Hafer, denn unser Vorrat war fast aufgebraucht. Und mit etwas Glück könnten wir auch länger bleiben, es war allen anzumerken daß mal wieder ein Pausentag fällig war.
Am Stall sprach leider niemand deutsch oder englisch, aber eine junge Frau, Sarah, die auf ihre Reitstunde wartete, bot ihre Dienste als Dolmetscherin an. Es war unser Glück daß ihre Reitstunde wohl vergessen worden war, sonst wäre sie bei unserem Eintreffen längst wieder weg gewesen. Leider haben wir den Gedanken dort mehrere Nächte zu verbringen schnell aufgeben müssen, unsere Tiere hätten fast durchgehend in Boxen stehen müssen. Eine Nacht geht das, aber länger auf keinen Fall. Aber die nette Sarah hatte schnell einen Plan: Wir durften für drei Nächte ihre Zweitwohnung beziehen, und die Pferde durften auf ihrem noch unbebauten Baugrundstück in der Nähe bleiben. Vom Reitstall dorthin war es nur ein kurzer Ritt von 12km, die wir sogar ohne Gepäck zurücklegen konnten. Drei Nächte in einer Wohnung, mit Küche, Bad und Waschmaschine – Luxus pur! Sogar den dringend benötigten Spiritus für unseren Trangia-Kocher fanden wir hier in Stará Turá endlich, gar nicht so leicht in der Slowakei (danke, Lenka, deine Idee mit dem Baumarkt war Gold wert!).
Bei dieser netten Familie in Stará Turá wurden wir und die Tiere verwöhnt – übrigens liebe ich diesen Ortsnamen!
Unerwartete Einkehr
Und Sarah hat nicht nur uns bestens untergebracht, sie hat viel Zeit und Mühe investiert um unseren Pferden auf der doch etwas kargen Fläche Wasser, Heu und Kraftfutter zu organisieren. So konnten wir gut erholt, mit frisch gewaschener Kleidung und wieder duftenden Schlafsäcken auf ausgeruhten Reittieren in unser nächstes Gebirge aufbrechen, die weißen Karpaten.Nur daß dieser Aufbruch wieder einmal nicht so flott ging wie gedacht, kaum hatten wir Stará Turá hinter uns gelassen wurden wir mal wieder «aufgelesen»: ein älteres Ehepaar beim Autowaschen hielt uns an, sie sprachen sehr gut deutsch, und schon saßen wir bei Kaffee, alkoholfreiem Bier, Keksen und Wassermelone im Schatten und hielten ein ausgiebiges Schwätzchen…Naja, irgendwann hatten wir es dann geschafft, wir waren in den weißen Karpaten. Unser erster Anlauf war direkt deren höchster Gipfel, und die schattigen Waldwege hatten uns wieder. Nicht ganz an der geplanten Strecke, aber auch ohne großen Umweg zu erreichen, fanden wir auf der Karte einen kleinen See. Den wollten wir ansteuern, dort hätten wir auf jeden Fall Wasser, und evtl ja auch etwas Gras. Ja, wir hatten. Direkt am Ufer konnten wir ein Stück Weide abzäunen, mit direktem Zugang zum Wasser für die Tiere. Wir selbst hatten ein ebenes Stück daneben wo wir im mittlerweile einsetzenden Regen unser Zelt aufbauten, und oberhalb des Sees gab es ein paar Häuser, wo wir um Trinkwasser für uns bitten konnten. Bevor wir aber mit unserem Wasserkanister dort ankamen tauchte jemand mit 5l Leitungswasser, einer Flasche Mineralwasser (medium, mein Favorit) und einer Flasche Holunderblütenwasser auf. Und noch bevor wir alle Arbeiten wie Zaun- und Zeltaufbau erledigt hatten bekamen wir noch eine Schüssel hausgemachte Gulaschsuppe mit Brot an den Platz. Wir hatten uns mangels gegenseitiger Sprachkenntnisse zwar kaum verständigen können, aber das tat der Gastfreundschaft der ersten Tschechen, die wir trafen, keinen Abbruch!
Ein toller Lagerplatz – mit unerwartetem Abendessen
Ist der Regen endlich vorbei?
Und jetzt, nach drei Tagen Dauerregen, heiß ersehnt und doch ungemütlich ohne trockenes Dach über dem Kopf, sitzen wir urgemütlich unter einem 6x12m großen Zeltdach. Wieder einmal hatten wir unverschämtes Glück und die richtige Begegnung zum perfekten Zeitpunkt. Nach einem späten Start (wir hatten eigentlich vor den angekündigten Starkregen am Sonntag auf einer Waldlichtung auszusitzen und daher keinen Wecker gestellt) in leichtem Nieselregen waren wir noch nicht weit gekommen, als uns auf unserer Karte eine Ecke auffiel, die vielversprechend für ein Nachtlager schien. Ein Campingplatz, ein Restaurant mit Gästezimmern und ein kleiner See kurz hintereinander, da musste doch etwas zu finden sein. Der Campingplatz war dann nur eine gemähte Wiese, darauf ein großes, zu den Seiten offenes Pavillonzelt. Neben dem Platz, etwas hinter Bäumen versteckt, schien aber mehr Gras zu stehen. Ich ging die Lage checken: eigentlich ein perfekter Platz für uns, nicht weit zum Restaurant (dort bekämen wir etwas zu essen, Trinkwasser und Strom), der Bach neben der Zeltwiese führte nach den Regenfällen Wasser, und Gras gab es genug. Aaaaaber: die Zufahrt zum Platz war mit einem Band abgesperrt, darauf stand (Google Translator hilft hier) Zutritt verboten, die Wiese mit Gras war eingezäunt und gehörte zu einem zwar offensichtlich unbewohnten, doch genutzten Bauernhof. Also zogen wir schweren Herzens weiter.
Am Restaurant angekommen waren wir wieder voller Hoffnung, in der Nähe sahen wir viele Wiesen und Weiden wo unsere Reittiere hätten satt werden können. Aber die Wirtin konnte uns keine der Wiesen geben, sie gehörten alle nicht ihr, und über die Besitzer konnte oder wollte sie uns keine Auskunft geben. Die Hoffnung auf eine trockene Nacht im Bett verflog. Wir machten uns auf zu dem kleinen See, doch hier war die Ernüchterung groß: alles Gelände um den See herum war gemäht, und wirkte wie ein Privatgrundstück. Was nun? Erst mal zurück, wir waren weit genug von unserer eigentlichen Richtung abgekommen. Zwischen dem Campingplatz und dem Restaurant sahen wir dann ein Auto stehen neben ein paar kleineren Gebäuden. Wir beschlossen dort zu fragen ob wir eine der Wiesen nutzen dürften. Es war nur leider außer einem knurrenden Hund niemand da, und bei näherem Hinsehen stellten wir fest daß das Auto wohl abgemeldet war. Einen Versuch wollten wir aber noch machen, und da ich in einem der Häuser (wieder ein Stück zurück Richtung See) Licht gesehen hatte ritten wir die paar Meter dorthin. Etwas frustriert waren wir schon als wir auch bei dieser Dame eine abschlägige Antwort bekamen. Sollten wir doch riskieren die Weide auf dem unbewohnten Hof zu nutzen? Da hielt ein Auto neben uns, eine junge Frau sprach uns auf englisch an, und tatsächlich bot sie uns eine Wiese an! Da die Wiese nur gepachtet war wollte sie nur eben den Besitzer informieren, und der tauchte genau in diesem Moment auf. Beide fuhren uns ein Stück vorraus, und wo fanden wir sie wieder? Auf der Zeltwiese! Unsere Befürchtung sie könnten diese völlig abgemähte Fläche für unsere Equiden zur Verfügung stellen wollen wurde schnell zerstreut, hier sollten nur wir ein geschütztes Plätzchen bekommen, die Pferde durften auf die Weide des Gehöfts. Und so steckten wir im hohen Gras die Weide ab, bauten unser klatschnasses Zelt unter dem Zelt auf, und konnten noch gemütlich im Restaurant essen gehen – nur die Hoffnung auf einen frühen Start am folgenden Tag mussten wir begraben, wir wurden von unserer Gastgeberin Clara auf 10.00h zum Frühstück eingeladen. Das Frühstück (bestehend aus einer Sesam-Thunfischtunke fürs Brot und kalten Schafsinnereieneintopf vom Vorabend) zog sich dank der tollen Gespräche mit Clara und ihrem Mann so in die Länge, daß es keinen Sinn gemacht hätte überhaupt noch aufzubrechen.
Regenlager: Zelt im Zelt
Bei Clara und Otmar haben wir sehr gerne einen Tag vertrödelt
Aber wie schon gesagt, die Begegnungen mit den Menschen sind es doch, die den Reiz einer solchen Reise ausmachen, und so tut es uns überhaupt nicht leid zugunsten weiterer interessanter Gespräche mit den beiden (wir sind auch zum Abendessen eingeladen worden) einen weiteren Tag zu «verlieren».Diese wenigen Erlebnisse sind wirklich nur einige der aktuelleren, alle aus den letzten knapp drei Wochen. Und nicht alle die wir hatten. Zum Beispiel mussten wir während unserer Zeit mit Monika einen Tag ungeplant aussetzen da Bandit sich mal wieder an der Pfote verletzt hatte, und wurden von unserem Gastgeber Franz spontan auf eine tolle Kutschfahrt mit seinem Zweispänner eingeladen. Und ein wildfremder Mann mit dem wir uns nicht verständigen konnten drückt uns auf einmal eine Flasche Bier in die Hand. Oder wir werden spontan zum Abendessen eingeladen. Oder die nette Tierpflegerin am Schloß bringt uns kiloweise Kraftfutter und drei Sorten Hundefutter ohne daß wir auch nur gefragt hätten – vom Kaffee der am Morgen schon parat stand ganz zu schweigen.
So erleben wir die Menschen seit unserem Aufbruch im Mai – und schon mehrfach hörten wir als Begründung, daß sie selber oder Familienmitglieder in der Vergangenheit enorme Gastfreundschaft im Ausland erfahren hätten und es Zeit sei, daß sie etwas zurückgäben. Eines ist sicher: Wir werden nach dieser Reise viel zurückzugeben haben!
Und wieder ist eine Woche rum. Und damit leider auch bereits die Hälfte unserer Zeit on tour. Bei diesem Gedanken muss ich mir fast schon ein wenig Mühe geben nicht jetzt schon das Gefühl zu haben daß es fast vorbei ist. Immerhin haben wir ja noch 3 weitere Monate vor uns.
Aber die Zeit fliegt irgendwie. Und andererseits kommt es mir vor als wären wir schon ewig unterwegs. Das Leben aus den Packtaschen, das Reisen mit den Tieren, jeden Tag ein neues «Zuhause», das ist längst unsere Normalität, unser Alltag. Und dennoch noch immer etwas besonderes. Es ist schwer zu erklären. Aber jetzt freuen wir uns erst mal, daß wir ein weiteres Land erleben dürfen. Für Konni ist es sogar wieder ein Land in dem er noch nie war – Ungarn.
Auf dem höchsten Berg des Burgenlandes sind wir auf historischem Boden
Ein paar Tage nur werden wir hier sein bevor es zurück ins Burgenland geht, an den Neusiedler See. Das Burgenland hat uns bisher ein wenig vor Herausforderungen gestellt.
Wir betreten Ungarn – und haben vom Geschriebenstein einen tollen Blick über die Ebene
Wir hatten uns so an die herrlichen Wanderwege in der Steiermark gewöhnt, daß die stark besiedelte Region, durch die wir kamen, uns ein paar Tage etwas frustriert hat. Viele Teerwege machten das Reiten in der Sommerhitze anstrengend, die Quartiersuche wurde mühsamer. Aber wie so oft hatten wir wieder das Glück auf unserer Seite.
Wir bekamen eine Brachwiese neben einem Gemüsegarten im Nirgendwo zur Verfügung (dort durften wir uns sogar am frischen Gemüse bedienen), ein paar private Pferdehöfe waren so gastfreundlich uns aufzunehmen, bei einem Hotel durften wir eine Weide abstecken und zelten, und einmal wurden wir «aufgelesen».
An diesem Abend waren wir ratlos und gestresst. Mehrere Kilometer sind wir parallel zu einer viel befahrenen Schnellstraße auf einem Schotterweg in der prallen Sonne geritten. Die Vorfreude auf die vermeintliche Unterführung, die uns auf die andere Seite und in den schattigen Wald bringen sollte war groß, doch dann kam der Schreck als wir sahen, daß es weder eine Unterführung noch eine Brücke gab.
Wir hätten den Autobahnzubringer überqueren müssen, und das erschien dann doch zu gefährlich. Also haben wir uns über teilweise komplett überwachsene Waldwege weiter durchgeschlagen, um in einem Gewerbegebiet zu landen.
Dank großer Baustelle mit Umleitungen war es nicht ganz leicht einen sicheren Weg zurück in Richtung Track zu finden, und wo wir eine Unterkunft finden könnten war uns hier auch schleierhaft. Und dann hielt da ein alter Passat neben uns an. Aus dem Fenster wurden wir nett gegrüßt, und fast sofort gefragt ob wir denn einen Platz für die Nacht hätten. Da haben Petra und Manfred uns bei der Heimfahrt vom Einkaufen gesehen, sich gefragt wo wir wohl schlafen, und extra umgedreht um uns zu sich einzuladen falls wir noch keinen Schlafplatz haben!
Die beiden haben sich den Traum vom «anderen» Leben erfüllt, auf einem Hektar am Ortsrand haben sie sich ein kleines Holzhaus gebaut und pflanzen dort Obst und Gemüse an und pflegen liebevoll eine kleine «Wildnis». Dort konnten die Vierbeiner nach Herzenslust grasen, wir durften im Wohnwagen schlafen und bekamen vorher noch ein fantastisches veganes Abendessen. Bis nach Mitternacht saßen wir zusammen bevor die viel zu kurze Nachtruhe began.
Es passiert uns immer wieder: Hilfe kommt dann, wenn wir sie brauchen. Diese Situation war natürlich besonders beeindruckend, aber auch wenn wir nach mehreren Absagen via Telefon einen letzten Versuch bei einem kleinen Haflingergestüt machen und schon Ausschau nach Brachwiesen halten, um notfalls wild zu kampieren, um dann auf dem Hof mit offenen Armen empfangen werden kann ich unser Glück kaum fassen. Halbzeit.
Ab jetzt haben wir mehr Erlebnisse hinter uns als vor uns. Und es ist fraglich ob wir unser Traumziel Riga noch erreichen können. Wir versuchen längst etwas schneller voran zu kommen, die Tageskilometer zu erhöhen. Aber das heiße Wetter zollt seinen Tribut. Morgens brauchen wir einfach immer noch zu lang, sei es, weil wir einfach viel zu tun haben, sei es weil es am Quartier einfach so nett ist daß es schwer fällt aufzubrechen.
Und dann ist es auch oft so, daß in der richtigen Richtung und Entfernung kein Übernachtungsplatz zu bekommen ist.
Aber ob wir in Riga ankommen ist am Ende auch nicht wichtig. Riga und unsere Zwischenziele Bodensee, Triglav-Nationalpark und Neusiedlersee haben uns eine Richtung vorgegeben, das eigentliche Ziel ist ja die Reise selbst. Und die werden wir noch solange genießen wie wir können!
Wir braten. In unterschiedlicher Intensität. Bandit ist mittlerweile gar, Konni und ich schmoren im eigenen Saft, Sati köchelt vor sich hin, Pablo weiß noch nicht so recht, und Cordobes scheint sich endlich wohl zu fühlen.
Nichtstun im Schatten – wir schwitzen trotzdem
Daher haben wir das Angebot «unseres» Hufschmiedes angenommen und sind von seinem Reitstall nur ein paar Kilometer bis zu seiner «Alm» geritten. Hier versuchen wir das Frischegefühl der Nachmittagsdusche so lange wie möglich im Schatten zu konservieren – mit wenig Erfolg. Wir hoffen die für das Wochenende angekündigten Gewitter kommen und bringen etwas Abkühlung, denn ab dem Mittag will sich (außer Cordobes) keiner mehr wirklich rühren. Dabei wollten wir doch endlich mal besser voran kommen wenn wir aus den Alpen raus sind! Aber irgendwie soll es nicht sein…
Bandit hilft bei der Routenplanung
Während unserer 2 Tage auf der Weide in Rottenstein haben wir in einer Kärntner Pferdegruppe eine Anfrage um Nachtquartiere auf unserer Route gestartet – mit durchschlagendem Erfolg.
Genußtag – auch für Pablo
Das erste Nachtquartier war allerdings nur 16km weiter. Egal, es liegt auf der Route, also wird es nicht ausgeschlagen. Nach einer eigentlich unnötigen, aber umso tolleren Mittagspause auf Marions kleinem Hof (dort wurden nicht nur unsere Tiere nach Strich und Faden verwöhnt, Beate hat uns auch noch eine Pizza ausgegeben) kamen wir noch immer gut erholt auf dem Ponyhof Nachbar an.
Er würde niiieee um Pizza betteln….
Ein Luxustag: Hier bekamen wir ein Zimmer mit Dusche und Abendessen. Auf das erhoffte Frühstück allerdings mussten wir verzichten, ein am Abend für uns gerichtetes Lunchpaket musste reichen – Beate wollte uns ein Stück begleiten auf unserer nächsten Etappe, die lang zu werden versprach: wir rechneten mit etwa 40km und der Tag versprach heiß zu werden, also saßen wir um 6.30h schon im Sattel.
Mit Beate auf dem direkten Weg durch das Waldlabyrinth – danke für die Begleitung!
Wären es doch 40km gewesen! Aber unsere Schätzung beruhte auf der Angabe von Google Maps. Wir schlagen da eh immer noch was drauf, aber dieses Mal deutlich zu wenig, denn die von Marion und Beate empfohlene schöne Strecke machte dann doch einen ordentlichen Bogen. Zum Glück hat Beate uns mit ihrer Norikerstute durch das Waldstück begleitet, wir hätten uns hoffnungslos verfranst und Zeit ohne Ende verloren – diese Ecke auf der Karte am Handy anzusehen war wie in einen Topf Spaghetti schauen: ein undurchschauberes Wirrwar an Wegen jegicher Größe, die in der Realität alle gleich aussahen!
Waldpasta, da kann man Zeit verlieren
Als Beate uns gegen halb zwölf verließ zeigte unser «Tacho» schon 24km an – leider waren es jetzt bis zu unserem angepeilten Ziel noch mindestens ebensoviele Kilometer… Ich war erst mal sprachlos, Konni entfuhr ein «Auf keinen Fall reite ich heute 48km!»
Ist er dann auch nicht. Es wurden 50km. Nachdem der erste Schock verdaut war und die Pferde endlich gefressen hatten wurde Kriegsrat gehalten. Schaffen wir das? Können die Tiere das? Wollen wir das überhaupt? Konni wollte dann wissen ob ich es versuchen würde, und ich hatte mittlerweile für mich entschieden daß ich es versuchen wollte – aber nur dann, wenn wir beide voll dahinterstehen, nicht wenn er nur mir zuliebe mitmacht. Aber er war auch bereit dazu, wir wollten wohl beide mal wissen was geht wenn man früh startet und konsequent voran macht. Nur hatten wir ein Problem: unsere Lunchpakete waren gegessen, und Hunger hatten wir längst wieder.
Sogar die Sonnenblumen wenden sich bei diesem Wetter von der Sonne ab und hängen nur rum…
Nur mit Powerriegeln halten wir das nicht bis zum Abend durch ohne uns irgendwann an den Kragen zu gehen, und weder ein Laden noch ein Gasthaus waren in Sicht. Bzw. ein Gasthaus schon, aber das hat die 70jährige Besitzerin Nana zu Coronazeiten endgültig aufgegeben. Warum ich das so genau weiß? Weil sie uns netterweise trotzdem verpflegt hat, nach Eierschwammerln mit Salat und Blaubeer-Topfen-Strudel waren unsere Lebensgeister wieder geweckt, und die Vierbeiner haben eine Extraportion Hafer bekommen, für den weiteren Weg. Nana kennenzulernen war fantastisch, trotz nicht wirklich harmloser gesundheitlicher Probleme strahlt sie eine Lebensfreude aus an der man sich ein Beispiel nehmen kann, und ihr eigentlich geschlossenes Gasthaus ist Treffpunkt für das ganze Dorf. Jeder zahlt was er möchte oder bringt mal einen Kasten Bier mit. Es tat uns leid daß wir uns nicht länger mit ihr unterhalten konnten, aber da waren ja noch die 25km…. Und die zogen sich. Vor allem weil es heiß war und wir Kilometer auf Kilometer nur Teerstraßen ritten. Irgendwann wußten wir kaum mehr wie wir sitzen sollten, aber absteigen und laufen war auch nicht viel besser, die steifen Knochen hatten keine Ahnung mehr wie Laufen geht… Aber die Vierbeiner waren der Hammer! Außer wenn der Hunger zu groß wurde liefen die Mulis und Sati wie die Uhrwerke, und sogar Bandit, dem das warme Wetter doch zu schaffen macht in seinem Pelzmantel, war nach den kurzen Schläfchen während der Graspausen wieder motivert bei der Sache.
Ich würde sagen die Tiere hatten sich ihr Futter verdient…
Am Ende waren es dann ziemlich genau 50km, um kurz nach acht kamen wir bei Gerit und Philipp an – müde und erschöpft, aber doch stolz auf uns und vor allem die Tiere! Wir wußten jetzt daß wir mit etwas Disziplin so eine Tagesetappe ohne Probleme für die Tiere schaffen können, wir wußten aber auch daß wir das ohne Not wohl eher nicht noch einmal machen würden.
Am nächsten Morgen dann der Schock: Bandit humpelt! Jämmerlich! War das gestern doch zuviel? Immerhin ist er schon 9… Vielleicht haben wir eine bisher symptomfreie Arthrose verschlimmert? Oder die Pfotenballen sind doch wund? Aber am Abend war er doch nach einem kurzen Päuschen noch wie ein Bekloppter hakenschlagend über die Wiese gerannt? Ähhhh, a propos Päuschen, da war doch was gewesen? Beim Absatteln der Pferde war er doch verschollen? Und Konni hat ihn vom Misthaufen geholt? Dem Misthaufen, der von Philipps und Gerits (übrigens fantastischer) Jausenstation mitgenutzt wird? Als ich statt der Pfoten und Gelenke dann den Bauch abgetastet hatte war alles klar: Bandit humpelte nicht wegen Schmerzen in Beinen oder Rücken, sondern er hatte sich schlicht und einfach den Magen verrenkt… Aber an weiterreiten war so natürlich nicht zu denken, und wir waren zum Glück einen weiteren Tag willkommen – daß die Reittiere bis zum Abritt am nächsten Morgen (Bandit war nach 12h Blähungen und etwas Durchfall wieder topfit) zu dritt einen halben Rundballen weggefressen hatten wurde mit einem zufriedenen Lachen quittiert.
Abritt bei der Jausenstation Zechner – kurzfristig mit aufgestockter Herde
Dennoch nahmen wir auf ihn Rücksicht, und einen schönen Platz in gemütlichen 10km Entfernung hatte Gerit uns auch organisiert, kurz vor knapp während des Sattelns, aber das war schließlich mehr als rechtzeitig. Das erste Stück hat sie uns mit ihrem Quarter und einer Freundin sogar begleitet, und die verbleibende Strecke war leicht zu finden. Wieder haben wir hier Menschen kennengelernt die uns ohne uns zu kennen so gastfreundlich und herzlich aufgenommen haben!
Konni hat im Garten der Pension Juri lecker gekocht – da war es am Abend noch richtig kalt
Und Gerda am folgenden Tag ebenso, wie alte Freunde wurden wir begrüßt, durften uns einfach bei ihr ausbreiten und im Garten unser Abendessen ernten, bekamen am Morgen ein üppiges Frühstück und am Ende sogar noch einen «Taxiservice» nach Wolfsberg zum Einkaufen.
Ein herrlicher Platz für eine Mittagspause
So kamen wir mal wieder erst gegen Mittag los, also wieder nix mit Kilometern machen, und Bandits Bauchgrimmen hatte uns ja auch schon wieder aufgehalten…
Zum Glück wurde der Teer schnell seltener
Aber immerhin fanden wir jetzt zunehmend schönere Wege in unsere Richtung. Die Weinebene selbst haben wir zwar rechts liegen lassen, aber wir fühlten uns fast wieder wie in den Alpen. Nur daß die kleinen Wanderwege und Trails für uns jetzt gangbare (und reitbare!) Strecken waren, es war herrlich! Ein wenig getrübt wurde das Vergnügen nur durch die vielen Viehgatter, von denen ein erheblicher Anteil mit Vorhängschlössern gesichert war – da ging einige Male ordentlich Zeit verloren bis wir weiter kamen.
Machst du endlich mal auf?
Konni fand es lustig: Da ich navigiere hat er das Handpferd, und dann bin natürlich auch ich diejenige die bei jedem Gatter ab- und wieder aufsteigen muss – und ausgerechnet heute ritt ich das erste Mal auf dieser Tour Sati.
So viel grün tut einfach gut
Wer uns schon länger kennt ein, daß Aufsteigen auf Sati bis vor Kurzem ein kitzliges Thema war bis und, im Gegensatz zu Konni, saß die Erinnerung bei mir noch tief – aber nach diesem Tag bin ich dann auch ohne Zögern überall auf sie geklettert. Nur mitten in der Kuhherde, die vor unseren Pferden bockend in vollem Galopp geflohen ist, war mir dann nicht mehr ganz wohl, und dankbar nahm ich den Hund zum Anlaß abzusteigen – Bandit hat die Kühe zwar nicht gejagt, aber aus Angst dann doch gebellt wenn ihm eine zu nahe kam, und die Almhütte war nur hundert Meter von uns entfernt.
Mitten durch die Kuhherde – im Moment sind wir in einer Art «Auge des Sturms», die Stampede ging weiter…
Prompt hörten wir auch schon laute Rufe von dort, die Worte konnten wir nicht verstehen, aber der Tonfall klang nicht gerade nett – bis die gebrüllte Litanei in gröhlendes Gelächter überging und Konni zu verstehen meinte, daß wir zur Hütte kommen sollten. Und dort ging der empörte Wortschwall von vorne los. Es dauerte einen Moment bis ich das steierische Lamento endlich verstand: Der Wirt war nicht etwa sauer weil sein Kühe in heilloser Panik vor uns flüchteten, er wollte uns sogar zum Viehtrieb engagieren, nein, er fand es einfach ein Unding daß wir an einer bewirteten Hütte vorbeireiten ohne Einzukehren!
Ich würde sagen Satis Kuhpanik ist Geschichte…
Und so saßen wir kurzerhand bei Bier und Radler zusammen, und der Zeitverlust wurde mehr als wettgemacht, indem er uns mal eben so ein kleines Stück weiter ein Nachtquartier auf der nächsten Almweide sicherte.
Der Brunnen auf dieser Alm förderte leider leicht grünliches Wasser – erster Einsatz unseres Wasserfilters
Und es sollte nicht aufhören mit den glücklichen Fügungen: Über noch mehr wunderschöne Pfade (am Jägersteig bei Neurath hat uns Cordobes mal wieder gezeigt, was ein mitarbeitendes Packtier wert ist, als er völlig gelassen zwischen zwei Geländern ums Eck über Wurzeltreppen bergab, mit je 1cm Platz auf jeder Seite für die Taschen, selbstständig manövriert hat, ohne anzustoßen) kamen wir in Grafendorf bei Wolfgang an, einem Bekannten von Thomas.
Endlich – das erste Lagerfeuer der Tour!
Auch hier wurden wir nach Strich und Faden verwöhnt, auf einmal hatten wir einen Hufschmied für den Folgetag (mittlerweile dringend benötigt) und das Auto für eine Fahrt nach Graz bekamen wir auch noch geliehen – endlich konnten wir unsere mehr als mitgenommenen Packtaschen ersetzen und neue Wanderschuhe für mich fanden sich auch (beim ersten Paar war mittlerweile leider die Sohle durchgelaufen, soviel zu der Frage ob wir die armen Reittiere den ganzen Tag reiten…)
Sturer als ein Muli und spontan zur Stelle: Hufschmied Alex Csar
Nichtmal, daß die Mulis am ersten Morgen plötzlich im sehr gepflegten Garten standen konnte unsere Gastgeber aus der Ruhe bringen, es wurde lachend für Frende und Familie fotografiert.
Der Hufschmied hat uns dann auch prompt noch zu sich eingeladen. Also war die Route für die nächsten Tage schnell geplant. Zu Beginn mussten wir über meist geteerte Feldwege reiten, aber dann fanden wir wieder schöne Waldwege. Gegen Abend wurde der Wald dann zu einem kleinen Problem: da findet sich schwer ein Übernachtungsplatz.
Die sich drehende Spirale war sehr gruselig, aber gemeinsam mit mir hat er sich dann vorbei getraut
Aber am Fischweiher von Windorf saßen die Angler beim Feierabendbier, wir waren schnell in die Runde integriert, und gemeinsam fand sich eine für uns perfekte Lösung: eine nur ein paar Minuten entfernte Lichtung durften unsere Hotties über Nacht kurz und klein fressen! Und obwohl wir an diesem Tag erst am Mittag losgekommen waren (ja, mal wieder…) liefen die Tiere so gut, daß wir bis zu diesem Weiher deutlich mehr als die Hälfte der Strecke zu Alex an diesem warmen Nachmittag geschafft haben.
Gemütlicher Abritt beim Reitstall, ist ja nicht weit heute
Zu Alex, dem Schmied, muss ich dann noch ein extra Wort verlieren. Ja, er hat uns eine Unterkunft in seinem Reitstall geboten. Und dann noch eine Übernachtung auf seiner Weide ein kleines Stück weiter. Das hat uns gefreut, und wir haben es dankbar angenommen. Und er war extrem spontan und kam sofort um unsere 3 neu zu bestohlen. Dafür sind wir noch dankbarer. Aber was uns am meisten beeindruckt hat war seine Sturheit. Konni gibt ihm hier 99,9 von 100 möglichen Punkten. Er hat Sati ohne Sedation beschlagen.
Die Hitze in Gratwein schlaucht trotz der kurzen Etappe alle, gut daß man an die Mur gut heran kommt
Mit genau dem richtigen Maß an Sturheit, «Gewalt» und Gefühl hat er es tatsächlich hinbekommen. Er hat seinen Blutzoll gezahlt, die noch nicht vernieteten Nägel haben ihm ein paar unschöne Löcher in den Waden eingebracht, aber er hat es geschafft. Hut ab dafür, auch wenn es uns aufgrund der Zeit die wir gebraucht haben um das Bad im Pool gebracht hat. Schade daß wir beim nächsten fälligen Beschlag wohl deutlich außerhalb seiner Reichweite sein werden…
Und nun sitzen wir hier gemütlich vor der Hütte, die Mulis und Sati grasen die Weide leer, und Konni hat endlich dringende Büroarbeiten erledigen können. Wegen der angekündigten Gewitter mit Hagel haben wir ein sicheres festes Dach der Ungewissheit, wo und wann wir unterkommen vorgezogen – in unserer geplanten Richtung soll es heute nicht nur einfach gewittern, es sind Sturm und Hagel angekündigt. Soviel zum Thema endlich flotter voran kommen. Aber auch wir konnten mal eine Pause brauchen, bisher hatten eigentlich immer nur die Tiere Pause, wir selbst waren dann immer mit Einkäufen, Reparaturen, Umbauten oder was auch immer zu tun war beschäftigt. Heute dürfen auch wir ruhen. In diesem Sinne, hier wartet ein Schattenplätzchen auf mich…
Ja, ich weiß, wir haben mal wieder lange nichts von uns hören lassen, und unseren Ausflug nach Slowenien habt ihr bisher ganz verpasst – aber hier auf unserer Wochenendweide in Rottenstein habe ich endlich mal wieder Zeit.
Unser Domizil für ein paar Tage – rustikal, aber sehr gemütlich
Am Donnerstag kamen wir nach 2 langen Tagesetappen bei Thomas in Unterbergen an, wo wir für eine Nacht Obdach in seinem Wohnwagen bekamen und die Pferde sich im Offenstall an Unmengen Heu sattfressen konnten.
Die Futterversorgung war mehr als bestens bei Thomas
Am Freitag sind wir dann bei herrlichem Reitwetter (Sonne, Wind und nicht zu heiß) einige wenige sehr gemütliche Kilometer nach Rottenstein zu seiner Weide geritten wo wir bleiben dürfen solange wir wollen oder das Gras reicht.
Hier können Mensch und Tier sich wohlfühlen
Unser netter Gastgeber für ein paar Tage – danke für die Hilfe
Auf dem Weg dorthin bekamen wir am Reitstall in Laak nicht nur unsere Kraftfuttertüte mit Hafer bis zum Rand gefüllt, alle unsere Vierbeiner (ja, auch der Hund) wurden direkt gefüttert was das Zeug hielt, und wir bekamen literweise Schorle (Saft, nicht Wein, obwohl wir das auch hätten bekommen können).
Unerwarteter Futterstop in Laak
Der Samstag war dann wenig erholsam für uns, per Taxi – Busse fahren hier am Samstag nicht – ging es nach Klagenfurt, erster Stop: Equiva, alle zu Fuß erreichbaren Outdoorläden folgten, außerdem eine Apotheke und ein Lebensmittelladen. Danach waren wir froh daß der öffentliche Nahverkehr uns so schmählich im Stich gelassen hatte, unsere Tagesbeute füllte problemlos den Kofferraum unseres Taxis!
Badezimmer – geht auch nur wenn das Plätzchen so abgelegen liegt wie dieses
Zurück an unserer Hütte war dann Großwaschtag angesagt, erst für uns (was waren wir bei dem eiskalten Quellwasser dankbar für die warme Sonne!), dann für unsere Klamotten.
Da Wasser holen etwas aufwändig ist sind wir zum waschen direkt zur Quelle gegangen
Mehr Tag war dann auch gar nicht mehr übrig, bei Steak mit Salat genossen wir noch ein wenig den Abend bevor wir uns in unser «Schlafzimmer» zurückzogen…
Nur noch die Öllampe löschen, dann können wir gemütlich einschlafen
Und heute sind wir faul. Naja, was man halt so «faul» nennt 😉
Konni putzt und ölt das Sattelzeug, ein paar Löcher in den Taschen werden (mal wieder) geflickt, Satis Vorderzeug besser angepasst, die noch feuchten Klamotten der Sonne folgend umgehängt wenn es nicht gerade nieselt, für Cordobes eine Reitfliegendecke gebastelt, Blog geschrieben und was hält sonst noch geeignet ist die Langeweile fernzuhalten…
Konni ist fleißig – eine komplette Flasche Sattelöl saugt das Lederzeug auf
A propos Blog – da fehlen ja noch 9 Tage, die will ich euch natürich nicht vorenthalten 😉
Zuletzt waren wir ja noch in Italien, aber nach dem Pausentag auf dem wunderschönen Agriturismo in Venzone ging es direkt nach Slowenien, Richtung Triglav-Nationalpark, Konnis großer Wunsch für diese Tour.
Italien verabschiedete und mit ganzen 3 Gewittern an einem Tag – einen eher kräftigen Guß sitzen wir ein paar Minuten geschützt unter dem Blätterdach aus
Eine trockene Hütte für uns, eine verwilderte Weide für die Hotties. Schade nur daß die Trattoria geschlossen hatte…
Über einen netten kleinen Schotterpaß kamen wir über Musi, wo wir neben einer leider geschlossenen Trattoria auf einer reichlich verwilderten Weide nächtigten nach Žaga, wo wir zu unserer Erleichterung festgestellt haben daß wir mit Englisch hier wirklich gut zurecht kommen – zum Glück, die slowenische Sprache hat es in sich. Eine leckere Pizza später und ein paar wenige Kilometer weiter durften wir unsere Reittiere über Nacht auf die Schafweide einer kleinen Osteria stellen. Da wir noch nicht den Nationalpark betreten hatten (gerade so) war es auch kein Problem direkt daneben unser Zelt aufzubauen – ab morgen sollte das anders sein!
Der Traum vom Reiten im Triglav-Nationalpark wurde zu einem kleinen Alptraum
Es wurde eh alles anders… Netterweise verlief der Alpe Adria Trail genau in unserer geplanten Richtung, wir freuten uns auf einfache Navigation. Zunächst war auch alles toll: der Weg war wirklich bestens ausgeschildert, das Wetter super, die Pfade einfach herrlich. Bis wir an einem Campingplatz bei Bovec an eine Hängebrücke kamen. Konni passte auf die Pferde auf, während ich die Lage checken ging – Nein, diese Hängebrücke war wirklich nicht für Pferde geeignet!
Die erste von vielen unpassierbaren Brücken – aber immerhin gut zu furten
Aber immerhin fand ich Trampelpfade in den Fluß und auch wieder hinaus, wir kamen also weiter. Allerdings nicht ohne vorher noch ein kühles Bier ausgegeben zu bekommen – das sollten wir später noch bereuen…
Die Furt stellte kein größeres Problem dar, Cordobes fand zwar erst die Strömung und das ungewohnt tiefe Wasser etwas gruselig, ging dann aber brav durch, die beiden anderen folgten anstandslos.
Das unselige Mittagsbier
Aber nach wenigen Metern auf dem schmalen Trail warnten uns entgegenkommenden Mountainbiker daß es noch deutlich enger und steiler werden würde. Da es jetzt schon grenzwertig war bogen wir hier dann doch lieber ab.
Hier war der Trail noch machbar
Und ab jetzt wurde es anstrengend! Kilometerlang folgten wir der Hauptstrasse, obwohl auf der anderen Seite der Soča ein mittlerweile breiter Wanderweg verlief – aber es gab nur diese kleinen, wackeligen Hängebrücken! Und hier schreiben wir es jetzt dem Bier in der Mittagshitze auf nüchternen Magen zu, daß wir da nicht schneller auf die Lösung kamen: einfach wieder den hier breiten und flachen Fluß furten! Nachdem wir diese Idee dann endlich hatten ging es wieder besser. Nicht ganz ohne Straßenabschnitte, aber doch meist auf Feldwegen erreichten wir das Kamp Jelinc.
Lotterlagerleben – aber dringend benötigt
Dieser sagenhaft schöne Campingplatz gehört zu einem Bauernhof, und so war man gerne bereit uns mitsamt unserer Tiere zu beherbergen. Auf der Zeltwiese war Platz genug, wenn auch wenig Gras, aber bestes Heu gab es dazu soviel wir brauchten. Wir waren hier natürlich die Attraktion! Keiner der Nachbarn um uns herum hatte etwas gegen die tierischen Camper, jeder wollte mal Hallo sagen, die Mulis streicheln oder fotografieren. Im Restaurant, wo zum Großteil hofeigene Produkte verwendet werden, konnten wir uns nach dem anstrengenden Tag stärken, und dann versuchten wir die weitere Route zu planen. Mit ernüchterndem Ergebnis. Die Berge waren hier so steil und schroff und die Täler so eng, daß es außer den Hauptstraßen und den meist für Pferde nicht passierbaren Trails keinerlei Wege gab.
So leicht hat es uns der Nationalpark nur selten gemacht
Erschwerend kam hinzu daß wir für die Überachtungen auf Campingplätze und Hütten angewiesen waren, denn im Nationalpark ist nicht nur wildes campen strengstens verboten, auch Privatleute dürfen uns nicht erlauben unser Zelt auf ihrem Grundstück aufzustellen, es drohen hohe Geldstrafen und es wird engmaschig kontrolliert.
So schwer aber ebenso selten: nur allzu verlockend wäre es hier Weide und Zelt aufzubauen!
Frustrierend, hatten wir uns doch auf den Triglav-Nationalpark so sehr gefreut, besonders Konni. Wir kamen kein Stück weiter, unsere Gedanken drehten sich im Kreis, und so war klar: morgen geht es erst mal nicht weiter! Zum Glück durften wir die Tiere auf der anderen Seite der Straße auf eine im Moment ungenutzte Schafweide stellen, dort hatten sie genug Gras, und die Zeltwiese war wieder frei für die jetzt Anfang Juli zahlreich ankommenden Gäste.
Auch die drei freuen sich über die unerwartete Pause
Und mit der Erholung kam auch die Lösung, und unsere nette Gastgeberin war hier auch eine große Hilfe. Der schnellste Weg raus aus dieser Gegend ging über den Vrsizu-Paß, und zum Glück waren dort zumindest einige Teile des Alpe Adria Trails mit Pferden gangbar. Wir sollten es zwar nicht wie gehofft an einem Tag schaffen den Natinalpark zu verlassen, aber ganz entgegen unserer Erwartung daß diese Strecke einfach nur anstrengend werden würde hatten wir zwei zwar nicht ganz leichte, aber grandiose Tagesetappen! Über einen ehemaligen Militärweg (oder eher Pfad) ging es in die Höhe.
Endlich hatte der Teer ein Ende
Ein Wanderer lies uns zwischendurch an unserem Vorhaben zweifeln, er warnte uns vor mehreren zu überquerenden Geröllfelder, auf denen «selbst er» trotz Wanderstöcken massive Probleme gehabt habe. Er muss wohl vom Pfad abgekommen sein, oder er hat ein anderes Verständnis von «Geröllfeld» als wir, denn es ging zwar eine Weile eng zu und über Steinstufen, aber es kam keine Stelle die unsere Tiere nicht meistern konnten.
Nach ein paar hundert Metern auf der Teerstraße erreichten wir gegen Abend dann eine Hütte. Leider war das Gras hier bereits größtenteils von Schafen abgeweidet, aber, siehe oben: wir hatten keine Wahl, wir mussten auf Ticarjev Dom bleiben.
Tolle Aussicht alleine macht die Vierbeiner leider nicht satt…
Immerhin waren wir Zweibeiner bestens versorgt. Nach einem guten Abendessen und einem legendären Abend mit dem Wirt und den Angestellten starteten wir allerdings eher unausgeschlafen und leicht verkatert in den nächsten Tag. Aber da die Pferde ohnehin hungrig waren ließen wir uns Zeit. Bis wir an der nur wenige hundert Meter entfernten nächsten Hütte waren war es schon Mittag, da wir uns den Weg entlanggegrast haben.
Es kann mir keiner erzählen daß Tiere nicht auch ein tolles Panorama genießen können
Erst nach einem deftigen Sauerkrauteintopf mit Wurst saßen wir auf, und über wunderschöne Wanderwege ging es hinunter ins Tal, und raus aus dem Nationalpark.
Wunderschön, aber nicht überall für Reiter zu empfehlen
Dieser Teil auf dem Weg ins Tal war aber einfach nur Genuß pur
Dennoch hatten wir am Abend tatsächlich etwas Probleme eine Unterkunft zu finden, das Örtchen Kranjska Gora war nicht gerade gastfreundlich. Aber wir sind ja stur, und wir hatten mal wieder Glück. In einer kleinen Bar trafen wir eine junge Frau, deren Familie nur etwa 2km weiter einen kleinen Reitstall betreibt. Und hier waren wir willkommen!
Routenplanung mit netten Gastgebern am letzten Abend in Slowenien
Es sollte unser letzter Abend in Slowenien sein. Mit quasi gemästeten Pferden ging es wieder einmal aufwärts, Richtung Kärnten. Und wenn ich aufwärts sage dann meine ich in diesem Fall auch aufwärts! Es gab auf dem Weg über den Berg an einer Stelle die Möglichkeit, eine sehr ausladende Kehre über einen steilen, kleinen Wanderpfad abzukürzen.
Auch in Slowenien treffen wir auf trockene Flußbetten – hier muss allerdings ordentlich Wasser gewesen sein, der Weg war auf 50m komplett weggerissen
Eigentlich wollte ich es uns offen lassen ob wir diese Abkürzung nehmen, abhängig davon wie der Weg aussieht. Aber dann war der Hauptweg leider wegen Baumfällungen komplett gesperrt, also hatten wir keine Wahl.
Und hier hatten wir unseren Rekord: über 40% Steigung hatten wir kurzfristig! Und das auf einem keinen halben Meter breiten und immer wieder mit umgefallenen Bäumen erschwerten Pfad. Obwohl wir im Sattel saßen marschierten unsere Tiere dort souverän hoch – danach gab es natürlich eine mehr als verdiente Graspause!
Nur den Verlust eines Woilachs mussten wir hier beklagen, er war auf dem Gepäck festgeschnallt und unterwegs verloren gegangen, und keiner von uns wollte da wieder runter!
Jetzt war es nicht mehr weit nach Österreich, aber dafür fingen jetzt andere Probleme an, die die folgenden Tage immer wieder für Zeitverlust und unnötige Tageskilometer sorgen sollten: Wege die wir sahen waren nicht auf unseren Karten, und Wege die wr erwarteten waren in natura einfach nicht da! Aber irgendwie kamen wir bei einsetzendem Gewitter auf dem Trabinerhof an. Typisch Landwirt – wir bekamen ohne Zögern ein Stück fette Wiese, und unser Schlaflager durften wir unter Dach auf einem Traktoranhänger aufschlagen.
Blick aus dem «Bett» kurz nach dem wach werden
Zu essen gab es dort in der Weinstube zwar nur kalten Imbiss, aber der war reichlich, deftig und lecker – und gut erholt machten wir uns am Morgen wieder auf den Weg, nicht ohne von der Wirtin noch belegte Brote und ein großes Stück von der sagenhaften Leberwurst zugesteckt zu bekommen!
Leider waren wir am Vortag nicht allzu weit gekommen, und wir hatten ein «Date» in Unterbergen bei Thomas, ein Kontakt den uns Tobias vermittelt hatte. Dorthin hatten wir ein paar dringend beötigte Sachen bestellt, und er erwartete uns schon in zwei Tagen. Also versuchten wir so weit wie möglich zu kommen, da nach dem kurzen Stück vom Trabinerhof ins Tal die Strecke eigenlich keine großartigen Höhenmeter mehr haben sollte. Naja, ein paar gab es dann doch noch. Und Hitze.
Wunderschönes Reitgelände um die Drau – die wir bisher schon 5x überquert haben
Aber wir hatten wieder mal Glück unterwegs, eine nette ältere Dame versorgte unsere Tiere mit Wasser, Möhren und Äpfeln und war ganz begeistert von unserer Truppe!
Leider mussten wir für die Quartiersuche einen kleinen Umweg inkauf nehmen, wir fanden sclichtweg keine Wiese auf der auch nur annähernd genug Gras für eine Übernachtung stand. Daher folgten wir einem Tip, daß bei Rosegg in der Drauschleife ein kleiner Reiterhof sein solle, dort würden ir hoffentlich Heu bekommen! Aber auf den letzten Metern kam nach Konnis Kommentar zu einer ungemähten Wiese («Wenn wir nur wüßten wem diese Wiese gehört…») eine Stimme aus dem Off: «Da könnt ihr drauf wenn ihr wollt!» Ja, der Besitzer wohnte genau gegenüber und war offensichtlich gerade am Aufbrechen, aber wir hatten einen Platz! Und unsere Sorge bezüglich der Wasserversorgung war auch schnell erledigt: Konni war am Zaun abstecken während ich noch mit Absatteln beschäftigt war, da rief die Nachbarin zur linken über den Gartenzaun und bot uns weitere Stecken an.
Aufhalftern mal ganz gemütlich – und Cordobes wollte auch etwas von den Streicheleinheiten abhaben
Den Gartenschlauch bekamen wir auch schnell durch die Maschen geschoben, und am Ende kam eines zum anderen und wir hatten einen Grill, Kohlen, Anzünder, Grillfleisch, Maiskolben, Bier und Leckerlies für Bandit! Alice kam dann mit ihren Söhnen noch zu uns, und Cordobes hat mal wieder gezeigt was er für ein sanfter Riese ist: in aller Ruhe kam er an, lies sich die Nase streicheln und kraulte den Blondschöpfen vorsichtig die Haare bevor er ihnen behutsam die Apfelstücke aus den Händen nahm.
Danke, liebe Alice, du und deine Söhne habt uns verwöhnt!
Jetzt waren es noch etwa 35km bis zu Thomas, jedenfalls laut unserer Routenplanung. Spoiler: es wurden ein paar mehr… Und ordentlich Höhenmeter kamen auch noch dazu. Aber gegen halb acht waren wir dann endlich angekommen, und nachdem die Tiere versorgt waren saßen wir etwas erledigt, aber froh über die Möglichkeit uns hier ein paar Tage auszuruhen bei Pizza und Bier zusammen. Und zum Glück haben alle in der Truppe mittlerweile eine ganz ordentliche Kondition, von den anstrengenden Etappen seit der letzten Pause in Slowenien war keinem der Tiere am nächsten Tag etwas anzumerken!
Was gibt es schöneres als fleißig marschierende Vierbeiner unter dem Sattel bei Traumwetter?
Am Dienstag geht es dann weiter, bis dahin wird genäht, gefettet, geplant und gebastelt. Auf mittlerweile mehrfache Empfehlung werden wir wohl auf dem Weg zum Neusiedlersee die Südsteierische Weinstrasse erreiten, und dabei versuchen so wenige Höhenmeter wie möglich zu gehen – ich habe fürs erste genug von Bergen, etwas flacher wäre nach 7 Wochen Gebirge mal ganz nett 😉
.Siamo ancora sulle Alpi. Trovare un posto dove stare in montagna è facile. Sì, ho iniziato a pensare in italiano. C’è solo un problema: parlo a malapena Italiano.
Deshalb jetzt weiter auf deutsch!
Zwar nicht gerade üppig Platz, aber hier ahnten wir noch nicht was uns nur wenig später erwarten sollte
Nach unserem tollen Weideplatz auf 2000m Höhe ging es zäh weiter. Auf dem Weg ins Tal haben wir einen falschen Abzweig erwischt der eigentlich eine Sackgasse war, wo aber Trampelpfade von Kühen noch relativ lange suggeriert haben, dass wir auf der richtigen Spur sind. Mein GPS hat uns da leider auch nicht geholfen, das war ausgestiegen und hat uns noch immer auf der letzten ihm bekannten Koordinate auf dem Track angezeigt, und ich habe es nicht bemerkt. So wurde es irgendwie immer schwieriger weiter zu kommen und am Ende haben wir uns querfeldein zur eigentlichen Strecke durchgeschlagen. Bandit fand es toll, wir weniger… Aber die Equiden haben sich tapfer durchgekämpft, der einzige Verlust der nach diesem Abenteuer zu beklagen war war unsere gefüllte Mülltüte – ich lasse nicht gerne Müll in der freien Natur liegen, aber in dem Fall haben wir beschlossen unser schlechtes Gewissen auszuschalten.
Hier waren wir wieder auf dem richtigen Weg
Der dann wieder recht nette Wanderweg mündete dann bald in eine breite Schotterstrasse, aber das hat es nicht besser gemacht: es ging steil bergab, wir konnten uns kaum auf den Füßen halten so rutschig war es. Bevor es aber weiter ging, gönnten wir den Pferden ein wenig Gras und der sprudelnde, eiskalte Bergbach neben uns hat uns dann so sehr gelockt, dass wir einen Anbindeplatz gesucht und riskiert haben, öffentliches Ärgernis zu erregen: Ja, die Waschlappen wurden ausgepackt! Bei brütender Hitze und nach dieser Anstrengung tat es richtig gut sich von oben bis unten im kalten Gebirgsbachwasser zu waschen!
So erfrischt lief es sich gleich besser und bald konnten wir zum Glück wieder aufsitzen. Aber die Anstrengung steckte uns doch noch in den Knochen, und so kamen wir an dieser lauschigen Waldlichtung um halb drei nicht vorbei. Die rund 900 Höhenmeter Abstieg auf rund 7 km hatten uns alle geschafft. Feierabend!
Auch die 3 haben den frühen Feierabend genossen – kollektives Ruhen auf dem einzigen nicht sumpfigen Stück Wiese auf der Lichtung
Auch am folgenden Tag kamen wir nicht viel weiter, beim Mittagessen in einem kleinen Restaurant kam es mal wieder zu einer dieser Begegnungen. Erst sprach uns ein netter Herr an der super deutsch sprach. Wir zogen schließlich an seinen Tisch um und wurden auf 2 Bier eingeladen, haben uns blendend mit ihm unterhalten beim Essen. Und dann tauchte Elettra auf, lud uns ein bei ihr zu übernachten, und gab uns ihre Karte. So hatten wir, ein wenig in Fressnarkose, bestimmt auch gefördert durch die 2 Bier in der Mittagshitze, nur noch etwa 5km zu unserem Nachtquartier.
Das tat uns aber auch gut, ein richtiger Pausentag wäre eigentlich auch längst überfällig. Auf Elettras kleiner Ranch konnten wir auch endlich wieder einmal unsere Klamotten waschen. Mit den nassen Klamotten an den Packtaschen (ja, meine Unterwäsche baumelte für alle sichtbar hinter mir am Pferd) und der Hoffnung auf ein Nachtquartier bei Elettras Familie zogen wir am nächsten Morgen weiter, wieder einmal auf Radwegen, von abenteuerlichen Bergrouten wollten wir heute nichts wissen.
Eine tolle Alternative zu Radweg und Strasse: die mehr oder weniger historische Antica Strada Regia
Und bald kam auch die erhoffte Nachricht mit Name und Adresse, also Kilometer machen, bis zum Ziel waren es heute laut Google 25km.
An einem kleinen Restaurant direkt am Radweg kamen wir aber trotzdem nicht vorbei. Beim Grasen wurden wir angesprochen, und für die Erlaubnis uns zu fotografieren wollte uns die Wirtin unbedingt auf einen Kaffee einladen. Es war dort dann aber so verlockend, dass wir uns einen wirklich extrem leckeren Hamburger bestellt und uns mit Apfelsaftschorle erfrischt haben. Die amerikanischen Radler am Nachbartisch waren von unserer Tour dann auch sehr beeindruckt.
«Nette» Deko in Vodo di Cadore
Eine weitere Verzögerung nahmen wir in Kauf um noch unsere Vorräte aufzufrischen, dann wollten wir aber endlich zusehen, dass wir weiter kommen. Daher kam uns ein paar Kilometer vor dem Ziel eine kleine Abkürzung gerade recht. Die Straße verlief in einer weit ausholenden Kehre, die wir auf einem geschotterten Waldweg prima vermeiden konnten. Bis, ja bis….
Kurz bevor unser Weg die Straße wieder erreichte ging das Gewitter los. Und im beginnenden strömenden Regen sahen wir uns vor ein im ersten Augenblick unlösbar erscheinendes Problem gestellt: zwischen Holzzaun und Felswand parkte ein kleiner Bagger! Also alles wieder Retour und doch über die Straße? Bei Gewitter und so spät wie wir ohnehin dran waren keine verlockende Vorstellung!
Aber Konni ist da zum Glück optimistischer und mutiger als ich: kurzerhand hat er Sati die Packtaschen abgenommen und versucht mit ihr durch das Nadelöhr zu kommen – und siehe da, es passte gerade so.
Das Problem…
… die Lösung
Da Sati die breiteste ist war klar: wenn sich die Mulis nicht weigern kommen wir weiter! Zum Glück hatten sie genug Vertrauen, und so kamen wir kaum dass der Regen nachließ bei Giuliana an.
Und hier haben wir uns wirklich willkommen gefühlt! Die ganze Familie war da, alle schienen sich zu freuen uns zu sehen, wir bekamen im «Dachgeschoß» der Garage ein tolles Bett gerichtet, und kaum hatten wir trockene Klamotten an gab es leckere Pasta, danach wurde mit Limoncello angestoßen. Trotz Sprachbarriere saßen wir noch lange beisammen bis wir es uns auf unserem Bett bequem machten. Der kurzen Nacht – und vielleicht der langen, anstrengenden Zeit ohne Pausentag – war es dann wohl auch geschuldet dass wir den Wecker schlichtweg nicht hörten: das erste Mal auf unserer Tour haben wir verschlafen! Die 10 Tage am Stück schienen ihren Tribut zu fordern. Irgendwie wollte es dann keiner von uns aussprechen, aber einer tat es dann doch: Laß uns fragen ob wir noch eine Nacht bleiben können… Wiese war genug da, und wir hätten es alle so nötig. Naja, was soll ich sagen: die Familie war begeistert! Und dieser Tag wurde wunderbar! Nach den üblichen Notwendigkeiten wie Waschen und Weide umstecken haben wir, gut gefüttert mit Polenta und Würsten, einen gründliche. Mittagsschlaf gehalten, bevor es quasi schon wieder fast Zeit fürs Abendessen war. Heute Abend hat Bruna einfach Pizza geholt, und danach hatten wir einen herrlichen Spieleabend mit den Kindern. Das Lachen wollte nicht enden. Es wurde wieder fast Mitternacht bis wir ins Bett kamen!
Gruppenfoto zum Abschied – danke für die wunderschöne Zeit!
Der Abschied am nächsten Morgen fiel uns wieder einmal besonders schwer. Auch die ganze Familie hätte uns gerne da behalten. Zum Abschied durfte die kleine Giulia ein Stückchen auf Pablo mitreiten, dann waren wir, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wieder unterwegs.
Giulia war glücklich ein winziges Stück mit uns reiten zu dürfen
In Laggio haben wir noch einen kurzen Stop gehabt. Wir wollten dort nur eben Haferflocken kaufen, die unsere Hotties zum Glück prima als Kraftfutter akzeptieren. Kurz vor dem Ort trafen wir jemanden, mit Rottweiler an der Leine, in Tarnfleckhose und Unterhemd. Oje, murmelten unsere Vorurteile leise… Schande über uns! Erst trug er uns unsere heruntergefallene Einkaufstüte hinterher, dann sprach er uns sehr nett und interessiert an, und nach einem kurzen Wortwechsel (mehr gibt mein Italienisch einfach nicht her) bot er uns Wein an. Wir dachten wir sollen jetzt ein Gläschen mit ihm trinken, aber nein: eine 2l-Flasche besten Barberas verschwand bis auf weiteres in unserer Packtasche! Im Interesse des jeweils zuständigen Packtieres haben wir diese selbstverständlich schnellstmöglich, d.h. innerhalb von 3 Tagen dem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt!
Unser Schlummertrunk für die nächsten Tage
Zum Glück haben wir in Pinié bei «unserer» Familie auch wieder Ratschläge für die weitere Route bekommen. Die folgenden Nächte fanden wir tolle Plätze auf Almen (da sind wir irgendwie immer willkommen) und einmal auf einem verlassenen Bauernhof. Dazwischen hatten wir wunderbare Wanderwege und anstrengende Teerstraßen, und jetzt hat uns das Tal wieder. Wir folgen eine Weile dem letzten großen Wildfluß der Alpen, dem Tagliamento. In einem breiten, kiesigen und ziemlich trockenen Flußbett (zwischen 150m und 2km variiert die Breite) strömen immer wieder kleine Wasserläufe.
Das Fluß Bett des Tagliamento, immer wieder von ewig langen Brücken überspannt
Immer wieder müssen wir Furten überqueren, aber 4 von 5 davon sind völlig wasserlos. Hier sieht man die Folgen der Trockenheit von der wir sonst nur lesen…
Aber jetzt habe ich die schönsten Übernachtungsplätze in einem einzigen Satz zusammengefasst, das wird ihnen nicht gerecht. Die Almen sind einfach immer den Aufstieg wert, auch wenn es wie an diesem Tag mal 30% Steigung hat – da der Weg hier mit Betonplatten befestigt war mussten wir trotz Stiften in den Eisen laufen! Die Casera di Razzo bot uns nicht nur eine tolle Weide für die Pferde, wir konnten dort auch einkehren.
Abentliches Wolkenspiel bei der Casera di Razzo – später waren wir froh über unser gutes Zelt, ein kurzer aber heftiger Gewittersturm versuchte uns von der Alm zu blasen
Wir sind immer froh wenn wir nicht selber kochen müssen, denn es muss ja auch alles wieder gespült werden, was mit eingeschränktem Wasserangebot nicht immer ganz einfach ist. Am meisten hat uns beeindruckt dass wir zum Frühstück ofenwarme Croissants bekommen haben, die waren abartig lecker!
Die Casera Losa war dann eine ganz andere Baustelle. Ein paar einsame Gebäude, die meisten ganz offensichtlich schon eine Weile ungenutzt, lagen verschlafen in einem völlig baumlosen Hochtal. Ein Hund, 3 Menschen, eine handvoll Ziegen und ein Stall voller Kühe verbringen hier den Sommer. Hinter dem alten Stall tuckerte ein Generator, die einzige Stromquelle dort oben.
Kein leichtes Leben hier oben
Unsere Handys quitierten bei der Suche nach Empfang den Dienst. Wir durften uns frei aussuchen wo wir uns niederlassen, Grasfläche ist das was es dort als einziges im Überfluß gibt. Eine Stille war dort oben am Abend, als Wind und Regen endlich nachgelassen hatten, nicht einmal Vögel waren zu hören. Wir fühlten uns wie auf dem Dach der Welt, fernab von allem.
Als wir am Morgen aus dem Zelt krabbelten war die Stimmung beinahe unheimlich: Dichter Nebel war aufgezogen, und die Stille fast greifbar.
Durch den Nebel war die Stille hier oben noch intensiver, das Klappern der Hufe unnatürlich laut
Aus dem Nebel tauchten Kühe beim Almauftrieb auf.
Dass unser Weg zurück ins Tal eine der anstrengendsten Strecken unserer bisherigen Tour war verstärkte den Eindruck von Unwirklichkeit noch. Nach 1500HM bergab auf 7km Wegstrecke waren wir hart auf dem Boden der Realität angekommen. Aber auch hier lässt es sich aushalten, wir wurden von netten Menschen mit Nektarinen und Saft sowie hartem Brot für die Tiere versorgt, ein Schnitzel gab Kraft für die letzten Kilometer des Tages.
Ja, richtig, 28% Gefälle. Wir waren wieder einmal dankbar für die Stifte in den Hufeisen
Der Wechsel von Regen und Sonne hatte das enge Tal in ein Dampfbad verwandelt, und so war es uns egal wenn wir heute kaum Strecke machen würden. Das von uns angesteuerte Agriturismo hatte leider zu, schon an der Abtweigung vom «Hauptweg» war uneinladend eine Kette quer gespannt. Also folgten wir dem Weg weiter, laut Karte ein Feldweg, in der Realität Asphalt. Hier zeigte sich wieder wie wenig man sich auf die Angaben zur Wegbeschaffenheit auf den Karten verlassen kann: nach kurzer Zeit ritten wir auf Schotter, dann rückte der Wald immer näher, vor allem auf Cordobes musste ich mich immer öfter, länger und tiefer bücken. Und steil wurde es. Mittlerweile sah es eher so aus als ritten wir durch ein ausgetrocknetes Bachbett, steinig und tief ausgewaschen. Bis ich irgendwann doch absteigen musste. Einige Male hatten wir erwogen umzukehren, aber eine Lichtung mit Gebäuden versprach die Chance auf Gastfreundschaft.
Als wir dann unter den letzten Bäumen hervortraten standen wir vor einem Bauernhof mit Wohnhaus, Kuhstall, Schweinestall und Scheune – allerdings ganz offensichtlich längst verlassen.
Hier wohnt schon lange niemand mehr, alle Türen sind mit verrosteten Vorhängeschlössern gesichert
Das Gras wuchs dicht und hoch auf der ehemaligen Weide, und als beim Zeltaufbau gleich 2 Gewitter über uns herabgingen bot die Scheune ein trockenes und geschütztes Plätzchen für uns. Nur Wasser mussten wir sparen, der Brunnen war trocken. Wir wähnten uns im Paradies, konnten das klatschnasse Zelt am Morgen über dem Balkongeländer trocknen, und ließen es gemütlich angehen bei 2 Kannen Kaffee aus unserem letzten Wasservorrat.
Noch herrscht eine friedliche Ruhe, Pablo liegt in Tiefschlaf, halb unter dem Zaun
Bis dann an diesem verlassenen Plätzchen Bandit anschlug. Und er hatte Recht, wir sollten nicht alleine bleiben. Ein junger Mann machte uns klar dass wir in wenigen Minuten mit der Invasion einer Kuhherde rechnen müssten. Er hat sich nicht ersichtlich über unsere Anwesenheit gewundert, war auch nicht verärgert.
Endlich ist das Gewitter vorbei, die Pferde grasen wieder, und die Scheune beherbergt mittlerweile unsere Habseligkeiten
Die Gemütlichkeit hatte also ein Ende, schnell war fertig gepackt und unter den gelangweilten Blicken der inzwischen eingetroffenen Rinder die Tiere gesattelt, dann ging es auch schon los.
Erfahrungsgemäß ist es im Tal deutlich schwieriger einen Übernachtungsplatz zu finden, und als wir kurz vor einer Stadt nicht viel Grünfläche auf der Karte sahen haben wir uns schon mental auf Wildcampen und sehr frühes Aufstehen eingerichtet. Dann sahen wir Menschen, in einer Art größerem «Schrebergarten», nur ohne Gemüsebeete.
Wir werden immer beobachtet.
Konni war skeptisch, wollte gar nicht fragen. Aber in null komma nix hatten wir unseren Luxusplatz. Absolut Ebene Fläche fürs Zelt, Wiese soweit unsere Litze reicht, eine Toilette sowie eine voll ausgestattete Küche. Mit grossen Ballonflaschen voll Wein,an denen sich alle bedienten, die zu Besuch kamen. Und Pasta. Und Eier. Wegen der gemähten Wiese hatten wir ein schlechtes Gewissen den Equiden gegenüber, deshalb gab es eine Abendration Kraftfutter: Haferflocken mit Polenta und Öl, sie lieben es! Aber dann gab es sogar noch 2 Ballen Heu für die 3! Wir haben wieder Gastfreundschaft par exelance erlebt! Inklusive einem kalten Bier zum Abritt am Morgen.
Auf der ehemaligen Gleisstrecke bieten immer wieder Tunnel willkommene Kühle
Es «flutscht» im Moment wieder! Der nächste Abend war wieder einer an dem wir uns etwas Sorgen gemacht haben wegen der Unterkunft. In Venzone wollten wir noch in einem Ristorante ein Abendessen genießen und uns dann irgendwie ein Plätzchen suchen, da wurden wir vor der Stadtmauer (mal wieder) gefragt ob er ein Foto von uns machen dürfe. Die Art wie er die Fotos aufnahm, lies uns dann vermuten, dass dieser nette Mann zumindest ein wenig Profi war.
In Venzone wurden wir Fotomotiv
Es kam eines zum anderen, und schwupps, wurde eine richtige Fotosession vor wechselnden Kulissen daraus. Wenn es wahr ist werden wir demnächst den Touristenflyer zieren! Der Zeitverlust hat sich aber mehr als gelohnt, erst bekamen wir bei ihm daheim Wasser für die Tiere, und das war heute wirklich Mangelware, und dann auch noch einen formidablen Tip für unser Nachtquartier. Und so gab es für unsere Equiden tatsächlich eine Luxuskoppel mit Heu und für uns einen bequemen Zeltplatz im Agriturismo. Sogar eine heiße Dusche ist da, und lecker Essen gibt es hier auch. Das sind Sachzwänge denen man nicht widerstehen kann: Wir bleiben zwei Nächte, wer weiß wann wir wieder so eine Infrastruktur für einen Pausentag haben, und so lange wie wir letztes Mal am Stück geritten sind, wollen wir nicht mehr durchpowern, solange wir im Gebirge sind…
Nach unserer langen Zwangspause waren wir froh wieder unterwegs zu sein, jetzt mit dem fröhlichen Klappern von eisenbeschlagenen Hufen im Ohr.
Der Weg ins Tal war wie schon gewohnt mühsam, auf meist geteerten Wegen immer bergab. Aber auf der anderen Seite war damit Schluß! Wir saßen auf, und mit einer Power die ihresgleichen sucht haben uns unsere tapferen Vierbeiner auf die Trostburg getragen, dem Ausgangspunkt einer lokalen Großveranstaltung die dieses Wochenende stattfinden sollte, dem Oswald von Wolkenstein – Ritt. Endlich konnten wir mal in eine Burg einreiten!
Hier startet der Oswald von Wolkenstein – Ritt, eine malerische Kulisse. Im Stall der Burg standen sogar Pferde!
Die Burg war am folgenden Tag der Start für die Teilnehmer, die von dort mit ihren Pferden zum ersten Austragungsort reiten sollten. Zum Glück gibt es hierfür einen extra ausgeschilderten Weg, so dass wir nicht weiter auf dem extrem steilen und mit großen, glatten Steinen befestigten Wanderweg reiten mussten.
Wie steil es hier war, kann man nur daran erkennen, wie ich auf Cordobes sitze.
Die Strecke war herrlich, teils über Wiesen, teils durch schmale Waldwege führten uns die kleinen roten Pfeile mit dem weißen Pferdekopf bis nach St. Konstantin, wo wir einen eher bescheidenen Platz im Roundpen mit rationiertem Heu und zu einem lächerlich hohen Preis ausschlugen, um nur wenig später das Paradies für unsere Pferde zu finden.
Diese kleinen roten Pfeile führten uns auf meist traumhaften Wegen durch die zweite Tageshälfte
So liefen sie am nächsten Tag gut gelaunt mit uns auf die Seiser Alm, Kulisse für so manches Wanderreiterfoto auf Facebook. Darauf freuten wir uns, endlich auch da reiten wo schon so viele ins Schwärmen gekommen sind!
Gruppenbild mit Kuh – da war die Seiser Alm so wie es sich für eine Alm gehört
Was soll ich sagen, ja, es ist eine schöne Landschaft, wenn man ein bisschen trickst bekommt man auch diese tollen Bilder hin.
Immer diese zu engem Durchlässe auf den Wanderwege! 😉
Man musste schon einen guten Moment abpassen um so freie Bahn für ein Foto zu haben. Aber: die Wege auf und über die Alm sind die reinsten Autobahnen, überall trifft man auf Touristen die ganz offensichtlich mit Bus oder Gondelbahn hoch gekommen sind, die Wiesen sind für die Pferde tabu da hier keine Almweiden sind, sondern Heu geerntet wird.
Um so freie Bahn für ein Foto zu haben müssten wir oft ganz schön Geduld aufbringen
Und hatten wir dann doch mal einen kuscheligen tollen Weg gefunden war er irgendwann nicht mehr für uns passierbar. Aber, jetzt waren wir auch mal dort.
Fragenden Blick: «Wo geht es jetzt weiter?»
Und haben sogar eine kleine Weide für die Nacht bekommen, ganz am Ende der Alm, da, wo schon wieder Kühe weiden dürfen. Zelten allerdings ist dort oben allerstrengstens verboten, und um unseren Gastgebern keinen Ärger zu machen haben wir unser Lager einfach in dem überdachten Eingangsbereich unserer Weide aufgeschlagen – das Gewitter um 5.00h Uhr morgens hat uns dann leider gezeigt, dass das Dach nicht dicht war. Es wurde also ein etwas hektischer Frühstart.
Sieht gemütlich aus, würde aber ziemlich feucht am frühen Morgen
Zum Glück bekamen wir aber dann bei wieder trockenem Wetter ein opulentes Frühstück an der Hütte, bevor wir wieder in den Sattel kletterten.
Die Gastgeber hörten irgendwie gar nicht damit auf immer mehr Essen herauszutragen… Genau richtig für Wanderreiter!
400 Kühe standen uns nun mehr oder weniger im Weg, aber nach einigen anstrengenden Kämpfen (Pablo war fast nicht durch die Herden zu bekommen, weil er jeder Kuh persönlich guten Morgen sagen wollte! ) ging es dann doch zügig zur Plattkofelhütte.
Pablo hat die ersten freilaufenden Kühe ins Visir genommen – ab jetzt hieß es: «Zügel kurz und Beine ran!»
Dank Pferdeparkplatz stand einem kleinen Imbiß nichts im Weg, und einen Übernachtungstipp gab es vom Wirt noch gratis dazu.
Aber bis dahin stand uns noch ein harter Abstieg im Weg. Auf Nachfrage ob wir den direkten Wanderweg ins Tal mit unseren Equiden nehmen könnten, meinte ein Almwirt nur: Na, sinns eh gländegängig? Das paßt schoa, müssts halt nur hier über die Wiesn gehn, sehts ja eh die Spuren von die Küh, weil auf dem Stickl Weg is der Zaun im Weg.
Unser erstes Murmeltier, das wir mit der Kamera erwischt haben
Gesagt, getan. Oder besser: tun lassen. Helfen konnten wir unseren Equiden hier nicht mehr, an einem gefühlt fast senkrechten Hang kurvten sich die schmalen Trampelpfade der Kühe in engen Serpentinen hinunter. Aber wir mussten ihnen auch gar nicht helfen, außer auf die Sprünge, dass es jetzt da runter geht. Die drei sind einfach der Hammer, ohne erkennbare Mühe waren sie bald unten, während ich als Nachhut noch über die letzten Kehren stolperte.
So bequem wäre der gesamte Weg gewesen, wir hätten nur den Zaun ein wenig anheben müssen…
Und das alles nur, um danach zu sehen, dass wir den Zaun ohne weiteres für die drei hätten anheben und den deutlich bequemeren Wanderweg hätten nutzen können…
Ab jetzt war es dann nur noch anstrengend, aber nicht mehr schlimm. Es ging halt weiter steil bergab, und an unserem Ziel, einem kleinen Reitstall, waren wir mehr als platt. Doch dann die Enttäuschung: kein Platz für uns! Und der uns genannte Kontakt nicht da. Etwas verzweifelt machten wir uns auf die Suche, irgendetwas musste wohl mit der Wegbeschreibung schief gelaufen sein… Und wieder einmal zeigte sich wie gut es ist mit Menschen zu sprechen: ein einheimisches Paar konnte mit dem Namen Martino etwas anfangen, wusste, dass er in einem winzigen Ortsteil oben am Berg wohnte. Also ein Stück zurück und die paar Serpentinen hochgeritten. Martino war da oben schnell gefunden, nur leider hatte er dort bei sich auch keinen Platz. Aber dass unten am Stall (der ihm früher gehört hatte und an dem er immer noch Pferde hielt) für unsere drei kein Platz sein sollte ließ er nicht gelten.
Er beschrieb uns noch eine Abkürzung (über seine blühende Heuwiese und durch eine veritable Furt), dann fuhr er selber hin.
Konni fand es gar nicht lustig, dass ich für das Foto in seinem Weg stand – Sati schon
Auf einem völlig mit Gras überwucherten ehemaligen Reitplatz, fest eingezäunt, durften wir endlich Feierabend machen!
Und Martino wäre kein Pferdemensch wenn er uns nicht wieder Ratschläge für den kommenden Tag gegeben hätte. Bequem ritten wir in einem ersten Flußtal südwärts, um in Moena Richtung San Pellegrino abzubiegen.
Bandit fand diese Strecke genauso toll wie unsere Reittiere und wir
Dieses zweite Flußtal war dann nicht mehr ganz so gemütlich, es ging beständig bergauf, aber wie angekündigt fanden wir kurz vor der Paßhöhe einen netten Landwirt, dessen Frau sogar extra das eigentlich geschlossene Restaurant für uns öffnete, so dass wir uns mit Gnocchi mit Hasensoße und einem kühlen Bierchen stärken konnten.
Der Paßübergang war dann wenig spektakulär, und irgendwie war das geschlossene Restaurant vom Vortag der Vorbote von dem, was uns die nächsten begleiten sollte: Alles wie ausgestorben, als gäbe es hier keine Sommer- sondern nur eine Wintersaison.
Wieder mal einen Paß erklommen – Cordobes zeigt sich nur mäßig interessiert
Ab und an ein paar tapfere Wanderer, aber sonst liegt hier wohl alles im «Sommerschlaf». Oder der Sommer fängt hier noch später an als gedacht. Auch das bewirtete Refugio wo wir am Abend unser Lager unter riesigen Kiefern aufbauen durften hatte Ruhetag, aber für ein kleines Frühstück mit Apfelstrudel war am Morgen schon wieder geöffnet. Auf den heutigen Tag freute ich mich schon, ein schöner Bergsee mit tragischer Entstehungsgeschichte lag auf unserer Route. Im 18. Jahrhundert begrub ein enormer Felsrutsch mehrere Dörfer unter sich und staute das Flüsschen auf. Im so entstandenen See sind weitere Ortschaften versunken.
Kein schöner Anblick. Das trug zusammen mit den Problemen bei der Quartiersuche nicht zu unserer guten Stimmung bei…
Leider hat der Schnee dieses Jahr aber bei weitem nicht ausgereicht um den Wasserstand zu halten, und so sahen wir am frühen Abend nur einen traurigen Rest. Das passte zu unserer Stimmung. Auf dem Weg ins Tal hatten wir einen wunderschönen Pfad durch den Wald entdeckt, aber nach etwa 2/3 der Strecke lag ein mächtiger Baumstamm in unserem Weg.
Hier war die Welt noch in Ordnung
Hier war erst mal Umkehren angesagt
Und das waren die letzten Meter auf der Alternativstrecke,bevor es richtig abenteuerlich wurde
Keine Chance ihn zu zersägen und in dem steilen Gelände auch keine Möglichkeit auszuweichen. Also zurück und die erste Möglichkeit Richtung Tal abbiegen. Dieser Pfad war noch schmaler und steiler, die Serpentinen wurden immer enger, und hier lag dann ein riesiger Wurzelstock über dem Weg! Sati passte noch gut durch, für Pablo wäre es eh kein Problem gewesen, aber mit Cordobes hätten wir sehr genau zielen müssen. Ich sage wäre und hätte, denn die Mulis hatten eine andere Idee. Konni hatte schon mit Sati versucht oberhalb der Wurzel zu passieren, war aber im tiefen Laub so unschön eingebrochen dass er es dann doch gelassen hatte. Leider war er mit Sati noch beschäftigt, und ich hatte auf den schmalen Wegen den Mulis die Führzügel am Sattel befestigt und sie frei vor mir laufen lassen, und so entschieden die beiden selbst: oben herum sollte es gehen. Ich konnte weder hinschauen noch wegsehen, habe die beiden schon abstürzen sehen, aber absolut unerschrocken haben die beiden die Stelle gemeistert!
Der Rest war dann zwar weiter eng, aber ein Kinderspiel, und im Ort angekommen hätte ich den Asphalt küssen wollen!
Dieses Abenteuer hat uns leider viel Zeit, Kraft und Nerven gekostet, und in Alleghe an besagtem Restsee gab es keine Chance auf ein Stück Weide. Und es wurde immer später, die Sonne ging schon unter. Dennoch mussten wir uns wohl auf den Weg wieder in die Höhe machen, dort ist es immer einfacher für uns. Aber bis zu dem eigentlich angepeilten Ziel waren es noch gute 5km, bis dahin wäre es dunkel. Und auch unterwegs bekamen wir nicht viel Hoffnung von den Anwohnern gemacht.
Bis wir dann, es war schon mehr als dämmrig, eine ältere Dame an der Straße sahen. Ich habe sie mit wenig Hoffnung angesprochen, aber Nella war unsere Rettung!
Vor Nellas altem Kuhstall fand sich ein prima Platz für unser Zelt
Sie sprach nicht nur hervorragend Deutsch, sie überließ uns auch die Wiese neben ihrem Haus als Weide und Zeltplatz, und am Morgen bekamen wir in einem uralten, toll erhaltenen Bauernhaus noch einen leckeren Kaffee.
In dieser uralten Küche wurde quasi nichts verändert
Da dieser letzte Tag mit 28km doch recht anstrengend war ließen wir es danach ruhiger angehen. Nach nur 14km erreichten wir unser gestecktes Ziel, wieder ein bewirtetes Refugio. Leider auch nicht geöffnet, aber die Besitzer hatten überhaupt kein Problem damit dass wir zwischen den Kühen ein Stück Alm für uns einzäunen – leider hatten sie die Rechnung ohne den leicht jähzornigen Hirten gemacht, der uns sogar verbieten wollte den Wanderweg mit den Pferden zu nutzen, die Pferde würden seine Kühe verrückt machen!
Lager mit Aussicht
Aber es wurde schnell vermittelt und nur 2km weiter fanden wir ein wirklich wunderschönes Fleckchen auf der hier 2000m hohen Alm, mit tonnenweise bestem Gras und einem grandiosen Blick auf die umliegenden Berge, dazu völlig einsam und ohne Kühe.
Vor ein paar Tagen noch, nach dem schwierigen Abstieg von der Plattkofelalm, waren wir beide «bergmüde» und froh über die Etappe in den Flußtälern. Aber im Moment genießen wir die Dolomiten nochmal in vollen Zügen, haben Glück mit den Wegen (naja, fast immer) und freuen uns jeden Abend über unsere tollen Nachtlager. Eine Weile werden uns die Berge ja auch noch begleiten. Hoffen wir dass sie es weiter gut mit uns meinen!
Unsere Nacht im Stall war zwar trocken und bequem, aber nicht erholsam. Mitten in der Nacht kam noch ein Pferd an das von der Alm geholt worden war, und wir haben zum ersten Mal erlebt wie Bandit ist wenn er uns wirklich bewacht – das klang wirklich als ob er die «Eindringlinge» zerfleischen würde wenn er dran kommt! Zum Glück war er angebunden, und Konni hat die Situation (nur bekleidet mit seinem Schlafsack) schnell beruhigen können. Aber viel Schlaf gab es trotzdem nicht, die Pferde haben einfach zu viel Radau gemacht…
Duplo nach 650km….
Am Morgen mussten wir dann vor dem Abritt noch ein paar Duplos entfernen, nach 650km sahen die mittlerweile nicht nur mehr als mitgenommen aus, sie saßen auch einfach nicht mehr gut. Jetzt liefen Pablo und Cordobes barhuf, und Sati hatte nur noch zwei Duplos. Es wurde dringend Zeit für einen Schmied, aber es war so einfach nicht einen zu finden. Aber alle drei haben ja eigentlich super Hufe, hatten viel Material drauf, und ein paar Tage sollte es schon gehen.
Nach der Durchquerung des Sarntals fand ich schnell den Wanderweg Richtung Reinswald. Das war zwar ein kleiner Umweg für uns, aber nachdem wir dort schon zwei wunderschöne Kurzurlaube genossen hatten wollten wir uns diesen Abstecher nicht nehmen lassen.
Erster Blick auf Reinswald und «unser» Hotel, die Panoramic Lodge
Und der Abstecher hat sich gelohnt! Über wunderschöne, einsame Waldwege erreichten wir unser Zwischenziel, und auf der ersten Almhütte gab es eine ausgiebige Pause.
Hier war ich mal wieder am Zetern und Jammern, meine Höhenangst schlug zu. Aber Absteigen habe ich mich auch nicht getraut xD
Danach war es nicht mehr weit zur Gertrumalm, wo wir um Quartier bitten wollten. Die Hütte hatte zwar schon zu als wir ankamen, aber die Wirte saßen noch beim Feierabendbier im Schatten. Sie schickten uns ein paar Meter weiter, zu einer kleinen Jagdhütte. Die stünde offen, und wir könnten dort ohne weiteres eine Nacht verbringen.
Also nichts wie hin, absatteln und ein Stück Alm für unsere hungrigen Vierbeiner abstecken! Wir waren gerade dabei die Litze zu ziehen da kamen ein paar Hirten mit ihren Schafen vorbei. Oje, dachten wir, jetzt gibt es Ärger! Aber mitnichten: wir wurden eiligst von unserem Tun abgezogen (schnell fertig eingezäunt haben wir aber doch noch, damit die Pferde fressen konnten) um zu helfen die Biervoräte im Kofferraum zu dezimieren. Bis kurz vor dem Dunkelwerden standen wir beisammen, bis auf einmal 2 Pferde kamen, sahen und weitergingen. Das Tor wurde hinter ihnen geschlossen, und dann waren wir innerhalb von Sekunden mit guten Wünschen und dem Versprechen am Morgen ein Lammfell vorbeizubringen alleine gelassen – sie hatten nur auf die beiden Rösser gewartet.
Die Hütte war dann unerwartet komfortabel: Zwei Räume, Matratzen, fließend Wasser und Strom sowie eine fast komplett ausgestattete Küchenzeile erwarteten uns. Hier fanden wir die Erholung die die Nacht davor ausgeblieben war, und als wir am nächsten Morgen in den kalten Regen traten waren wir umso dankbarer für unser behagliches Nachtquartier. Die Pferde draußen hatten es leider nicht so gut getroffen, und Cordobes stand zitternd vor Kälte im Regen. Wie dankbar er war als ich ihm einen Woilach und darüber einen BW-Poncho aufgelegt habe!
Zum Glück besserte sich das Wetter bis wir mit dem Frühstück fertig waren, und das versprochene Lammfell wurde uns tatsächlich gebracht!
Bis zur Mittagspause auf der Stöffl-Hütte blieben wir dann auch trocken. Nach einem ordentlichen Anstieg durch den Wald genossen wir die Aussicht über die Hochebene bevor wir dort einkehrten.
Der Rest des Tages war dann nur noch eines: anstrengend! Wir mussten bis Villanders, wo wir einkaufen und eine Unterkunft suchen wollten, 1500HM in kaltem Dauerregen absteigen. Da es immer wieder sehr steil und rutschig war oder auf Teerstraßen entlang ging, liefen wir. Während die Mulis bis auf gelegentliche Freßattacken tapfer marschierten bekam Sati zunehmend Schwierigkeiten. Ein weiteres Duplo ging ab, und obwohl sie zuhause im Schwarzwald ohne größere Probleme zumindest eine Zeit lang gut ohne Beschlag zurecht kam sah es hier ganz anders aus. Vermutlich war es einfach das nicht enden wollende Gefälle, jedenfalls mussten wir am Ortsrand von Villanders das Gepäck auf Pablo umladen damit sie es leichter hatte.
Und die Anstrengungen sollten noch lange nicht vorbei sein! Auf dem erstbesten Hof an dem wir vorbeikamen stellten wir unsere übliche Frage nach einem Stück Wiese, aber hier, wo jeder Grashalm nur dank Bewässerung wächst, ist trotz riesiger grüner Flächen quasi keine Weide zu bekommen. Es wird alles für die Kühe benötigt. Aber wir bekamen eine Wegbeschreibung zu jemandem der Pferdeboxen hat, also schleppten wir unsere müden Knochen weiter die Straße entlang und einen steilen Weg bergan. Leider umsonst, die noch leeren Boxen warteten nur auf die Ankunft ihrer Bewohner die noch heute von der Alm kommen sollten… Aber wieder gab es nach einigem Grübeln eine neue Wegbeschreibung: nur ein kurzes Stück zurück sei ein jetzt leer stehender Stall, die Besitzer seien vor einem Jahr verstorben, aber die Schwester wohne nebenan, da könnten wir fragen. Mit schmerzenden Gliedern und hungrigen Pferden gingen wir also das «kurze Stück» (etwa 2,5km). Und dann die Ernüchterung: keiner zuhause! Ein Gast der Pension konnte uns immerhin versichern dass Warten sich lohne, da die Wirte in der Kirche seien und das sicher nicht mehr lange ginge. Und tatsächlich, obwohl es mir wie eine Ewigkeit vorkam da ich kaum mehr stehen konnte fuhr bald ein Auto in den Hof. Und dann war die Erleichterung groß: wir konnten nicht nur ein Zimmer beziehen und die Pferde auf einer baumbestandenen Weide direkt unterhalb des Hauses unterbringen, wir durften auch ein paar Tage bleiben um endlich einen Hufschmied zu organisieren und auf Konnis Bruder zu warten, der uns einigen Nachschub liefern kommen wollte.
Das Thema Hufschmied wurde dann aber noch zum Krimi! Es war wie verhext, keiner konnte oder wollte kommen. Unser Timing war ungünstig, am kommenden Wochenende stand der Oswald von Wolkenstein – Ritt im nahegelegenen Kastelruth an, ein Großereignis, wegen dem die meisten Hufschmiede komplett ausgebucht waren. Aber ein Hufschmied konnte uns einen Kollegen vermitteln, der zwar kein Deutsch sprach, aber schon an unserem ersten Tag in Villanders kam. Wir wollten Sati zuerst machen lassen. Leider brauchen wir für sie im Moment eine Sedation. Beim letzten Beschlag vor dem Abritt kam ein Hufnagel etwas nah «ans Leben», und auch wenn das ansonsten keinerlei Folgen hatte sagt sie seitdem sehr deutlich NEIN zum Schmied…. Aber ich bin ja ausgerüstet, uns so zücke ich mein Fläschchen mit dem Wundermittelchen – und es ist leer, ausgelaufen! Der Schmied macht sich also erst mal an die Mulis, und ich versuche einen Tierarzt zu finden der mir spontan helfen kann, aber vergeblich… Nach einem fast zweistündigen Telefonmarathon ist klar: das wird heute nix mehr. Mutig versucht Francesco dennoch bei Sati etwas zu erreichen, aber wenn eine Kabardinerstute nein sagt sagt sie nein, das sieht er dann auch ein. Er macht uns Hoffnung dass er nochmal kommt wenn wir ein Sedativum haben, dann zieht er seiner Wege.
Am nächsten Tag schaffe ich es die nötigen Medikamente zu organisieren, die Kollegen sind durchaus hilfsbereit. Also versuchen wir unseren Schmied zu erreichen, aber er scheint sich tot zu stellen. Keinerlei Antwort, nicht mal eine abschlägige. Bis nach dem Frühstück am Freitag wissen wir nicht ob wir heute selber versuchen müssen Sati zu beschlagen. Dann hat unser Gastgeber noch eine Idee: er kennt jemanden im Ort, der ist zwar kein Hufschmied, beschlägt aber seine Pferde seit 10 Jahren selber. Und er kommt! Besser und schneller als wir bekommt er es auch hin, da frage ich dann nicht nach einem Zettel auf dem steht dass er es kann…
Jetzt sind alle 3 frisch beschlagen, diesmal mit Eisen, und unser Vorrat an Duplos ist für den nächsten «Reifenwechsel» dank Hubert wieder vollständig
Die gerissenen Taschen sind repariert, Pablo hat jetzt auch einen Lammfellgurt, der Rest Fell kommt an Vorder- und Hintergeschirre. Es hat zwar keiner offene Stellen, aber bei den Mulis sieht man doch teils deutlichen Haarbruch, und wir wollen schlimmeres verhindern, sie sollen uns schließlich noch eine ganze Weile schmerzfrei begleiten.
Wir haben auch nochmal einiges an Gepäck aussortiert um Gewicht einzusparen.
Wir sind mehr als bereit morgen endlich wieder zu starten!
Manchmal ist es ganz egal, daß der Weg nicht schön ist, und dass man keine tollen Alpenpanoramen posten kann. Die Menschen sind es, die den Weg wertvoll machen. Und manchmal fällt der Abschied schwerer als üblich.
Aber von vorn:
«All Inclusive» Auf dem Trailplatz
Da wollten wir rüber – jetzt muss eine Alternative her
Nach unserem Pausentag fanden wir ein tolles Quartier auf Mannis Ranch in Pfunds und einen super Tip zur Umgehung der Straßen hatten wir auch bekommen: das Saderer Joch. Gut zu Reiten, auf 2000m Höhe, Hoffnung auf schöne Wege und tolle Bilder. Aber dann die Ernüchterung am Morgen: Im Tal eiskalter Regen, 5cm Neuschnee auf dem Berg. Was nun?
Da kam uns (mal wieder) der Zufall zur Hilfe – Moni und Gerri kamen genau an diesem Tag mit 2 Pferden auf dem Anhänger in Nauders an um einen Rundritt zu starten, und treffen wollten wir uns ohnehin. Ohne zu zögern hat uns Moni mit dem Pferdehänger nach Nauders geholt, und wir haben eine schönen gemeinsamen Abend im Hotel Bergblick gehabt bevor am nächsten Morgen jeder auf seinen Ritt gestartet ist.
Unsere drei haben sich in einen offenen Paddock geparkt – sie hätten die ganze Wiese für sich
Der Ort Glurns empfing uns mit einer zu großen Teilen erhaltenen Stadtmauer
Das Foto mit dem versunkenen Turm: ein must-have am Reschensee
Von Nauders aus ging es weiter die Täler entlang, immer auf den Radwegen – sicher und wenig anstrengend für die Pferde, aber nicht wirklich schön. Dafür bekamen wir jetzt «Quartiershuttle»: ab St. Valentin am Reschensee hat uns eigentlich jeder Gastgeber eine Unterkunft für den nächsten Tag gewußt, meist diese sogar telefonisch für uns abgeklärt. Danke an dieser Stelle an die Pferdefreunde Glurns und Lukas, es ist wirklich auch mal schön die Sicherheit zu haben am Abend gut unterzukommen!
Ab dem Reschensee liefen wir durch Hagel, unter diesem Vordach konnten wir kurz verschnaufen und das schlimmste abwarten
Auf Futtersuche – zwischen Heuberg und Gras
Und dann waren wir in Naturns. Diesen Empfang werden wir wohl nie vergessen. Gerade noch mussten wir unsere Vierbeiner wieder beruhigen weil Sati den dicht neben dem Radweg vorbeifahrenden Zug doch allzu gruselig fand, da steht vor uns Sophie, mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht und aufgeregt winkend. Sie war extra den Kilometer zum Radweg gelaufen um uns abzufangen und zu unserem Quartier zu begleiten. Mitten im Ort, umgeben von einer hohen Mauer, fanden unsere Equiden einen Ruheplatz auf einem alten Bauernhof den Sophies Mutter Luise übernommen hatte. Diese Familie war wirklich etwas Besonderes, und bei leckerem Essen mit selbst angebautem Biogemüse saßen wir noch lange zusammen. Wir fühlten uns hier so wohl, dass wir spontan ganz vorsichtig gefragt haben ob wir eine weitere Nacht bleiben dürften. Und ob wir durften!
Suchbild mit Equiden
Da das Futter im Hof allerdings nach einer Nacht langsam knapp wurde ritt Sophie mit uns die kurze Strecke zu einer Weide mit kleinem See, wo für den Pausentag und eine weitere Nacht mehr als genug Gras stand.
Trotz Reitpause kam Sophie mit der sensiblen Sati sofort gut aus
Sie durfte ihr Reittier wählen, und sie wählte Sati. Sie kam mit der doch manchmal etwas zickigigen Dame bestens aus, und am Abreisetag ließ sie es sich nicht nehme auch die Strecke zurück zum Hof und dem Gepäck mitzureiten.
Gruppenbild zum Abschied – der uns hier besonders schwer fiel
Hier fiel es uns wirklich besonders schwer uns zu verabschieden! So herzliche Menschen kennenzulernen ist wunderschön.
Aber es muss ja weiter gehen, die Einkäufe waren erledigt, und so machten wir uns auf um ein hoffentlich letztes Stück Radweg hinter uns zu bringen – die Hoffnung bestand dass wir an diesem Tag Hafling, die Heimat der blonden Pferde erreichen könnten. Es war heiß, die Strecke wie schon gewohnt eher langweilig. Durch Meran mussten wir führen, einfach zu eng und zu viel Verkehr. Jeder Schatten war willkommen, ein paar Brunnen stillten zum Glück den Durst von Hund und Equiden, aber bis zum Ortsrand hatten wir schon einige Höhenmeter hinter uns.
Endlich haben wir Meran hinter oder besser gesagt unter uns gelassen
Also am Stadtrand endlich wieder aufsteigen, die Füße entlasten. Und dann ging es hoch. Und höher. Und noch höher. Wir bewundern die Menschen die vor langen Zeiten diese Wege erschlossen haben, die lange Zeit nur auf diesen Wegen ihr Ziel erreichen konnten. Steil waren sie, mit Steinen gepflastert, oft eng am Abhang entlang. Irgendwann mussten wir einfach absteigen, die Reittiere tropften vor Schweiß.
Sieht auf dem Foto wieder mal gar nicht steil aus, war aber auch einer der harmloseren Abschnitte
Ein paar Minuten gaben wir ihnen Ruhe und die Möglichkeit etwas zu grasen, aber nicht allzu lange, damit die Muskeln nicht zu sehr auskühlen. Dann ging es weiter, immer noch steil bergauf. Wir liefen jetzt, ließen uns an den steilen Stellen ziehen. Noch etwa ein Drittel des Anstiegs war zu bewältigen, und als wir aus dem Wald auf die Ebene kamen waren wohl alle erleichtert. Hier haben uns unsere Tiere mal wieder gezeigt welche Power, Trittsicherheit und Ausdauer in ihnen steckt!
Rudelkugeln zur Belohnung nach dem Aufstieg, nach einer erfrischenden Dusche gab es dann Ruhe, Heu in Hülle und Fülle und ausnahmsweise etwas mehr Kraftfutter
Zum Glück fanden wir gleich Unterkunft in einem Hotel mit angeschlossenem Reitstall, und nach einem leckeren Menü und einer heißen Dusche fielen uns bald die Augen zu.
Wanderreiterordung mit schlafendem Hund – wir haben es ihm bald nachgemacht
Jetzt sollte es endlich auch mal wieder schöne Wege geben! Sonja vom Reitstall beim Hotel hat uns Tipps für die weitere Strecke gegeben, und jetzt sind wir im Sarntal gelandet.
Am Gipfelkreuz zwischen den Stoarnernen Mandln
Die Wege heute waren wirklich wunderschön, die Stoarnernen Mandln durften wir diesmal tatsächlich zu Pferd besuchen, letztes Jahr hatten wir sie beim Wanderurlaub gesehen und waren ganz neidisch auf die Reiter die dort vorbei kamen.
Aussicht genießen
Am Ende eines wunderbaren Reittages kamen wir dann beim Pferdeverein Sarntal an, und kaum waren wir dort im Trockenen ging der Gewittersturm los. Mal wieder Glück gehabt, und wir dürfen sogar im Heu schlafen.
Nach dem netten Willkommen der Alpen haben diese uns dann doch noch gezeigt dass mit ihnen nicht zu spaßen ist…
Weg da…
…Weg weg
Der erste kleine Pass der in unserem Weg war war der Schrofenpass – mit Pferden nicht zu schaffen, da es über seilgesicherte Steige und schmale Metallbrücken geht. Aber es gab da die Möglichkeit den Pass über sogenannte Eselpfade auf eine Hochalm zu umgehen. Anfangs waren diese auch noch ganz gut zu sehen, aber nach einer kleinen Mittagsrast auf etwa 1700m Höhe, begleitet vom Pfeifen der Murmeltiere (unsere Equiden fanden das übrigens sehr gruselig) mussten wir schon sehr genau hinsehen. Das letzte Stück aufwärts, wir waren längst abgestiegen, wartete sogar mit Restschnee auf. Dann war der Weg wirklich gar nicht mehr zu erkennen. Auf einem winzigen ebenen Stückchen mussten unsere Vierbeiner geduldig warten bis wir den Stacheldraht vor uns geöffnet hatten, denn etwas weiter sahen wir tatsächlich Wanderwegschilder!
Wie sich später herausstellte war das zwar nicht unser eigentlicher Track, aber der schmale, steinige, schlammige und teilweise sehr steile Wege führte uns dennoch am Ende nach Warth, wo wir bei gewittrigem Regen ankamen.
Leider hat uns diese Etappe Konnis Kamera gekostet: Der Pfad führte zwischen 2 alten, fast verfallenen Ställen hindurch, rechts und links so weit man sehen konnte stabile, hölzerne Zäune, zwischen den Mauern eine schmale Tür durch einen hohen, massiven Holzzaun. Und natürlich war die Tür nicht breit genug für das Packtier. Also schnell Fotos von der Situation gemacht, Packtaschen runter, Packtier durch die Tür und wieder aufladen. Da war die Kamera natürlich im Weg…. Leider dachte Konni hinterher nicht mehr daran dass er sie abgelegt hatte, erst im Tal fiel es ihm auf, aber umkehren kam da schon nicht mehr infrage. Schade vor allem um die vielen Fotos die uns damit verloren gegangen sind…
Nur noch wenige Minuten bis zur gefährlichen Galerie – hier rufen wir die Polizei zur Hilfe
Nach einer trockenen Nacht in einem kleinen Geräteschuppen auf der Weide unserer Equiden gab es ein kurzes Frühstück im örtlichen Imbiss, wo wir im ausdauernden Nieselregen wieder einmal ein Duplo erneuerten, bevor es auf die mit Abstand unschönste und anstrengendste Strecke bisher ging – am Ende waren es 35km, die meisten davon auf Teer und großen Straßen, der Flexenpass und der Arlbergpass waren für uns nicht zu umgehen. Alle Wanderwege die uns abseits der Straße über die Höhe geführt hätten waren entweder wegen Schnee, Unterspülungen oder Felsabrutschungen nicht für uns passierbar, und ja, einige haben wir selber ausprobiert. In Zürs haben wir zu unserer und der Sicherheit unserer Pferde mit der örtlichen Polizei gesprochen, die uns für die lange und enge Galerie am Flexenpass eine Blaulichteskorte versprochen hat. So ging es also am Nachmittag teilweise im Trab vor dem Polizeiauto durch den 1,5km langen Tunnel – und wir waren heilfroh über dieses Auto hinter uns!
Am Arlbergpass waren wir schon reichlich erschöpft, körperlich und nervlich, und hätten unsere Weide auf jedem Stückchen Wiese abgesteckt auf dem genug Gras für eine Nacht gestanden hätte, aber wir fanden schlichtweg nichts! Also weiter Richtung Tal in der Hoffnung auf üppigere Vegetation. Als ich den Verlauf der Straße auf der Karte angeschaut hatte um zu sehen wann Wiesen oder Weiden zu erwarten wären sah ich, dass wir nur noch etwa 3km bis St. Anton hatten, also habe ich nach Reitställen dort gegoogelt. Und tatsächlich gab es ein kleines Haflingergestüt dort, die uns zumindest einen Paddock für die Tiere bereitstellen konnten! Die Erleichterung war groß, bis wir feststellten dass es noch fast 9km bis dorthin waren, da wir komplett durch den Ort durch mussten…
Da half am Morgen nur noch der Wasserschlauch – mit warmem Wasser
Egal, strammen Schrittes führten wir die Tiere weiter auf der Hauptstraße, auf der zum Glück nicht allzu viel Verkehr war. Aber irgendwann konnten unsere Füße wirklich nicht mehr, also sind wir in St. Anton, das wie ausgestorben wirkte zwischen Winter- und Sommersaison, doch nochmal aufgestiegen. Und unsere Mulis (Sati war heute Packtier) haben uns mit einer Power überrascht die wir ihnen nach diesem Tag wirklich nicht mehr zugetraut hätten. Flott ging es die letzten Kilometer zum Haflingerhof, wo die 3 ein offensichtlich wohltuendes Schlammbad nahmen und mit Heu und Müsli bestens versorgt wurden. Sogar für uns gab es einen an diesem Abend mehr als willkommenen Luxus, ein Gästezimmer mit Dusche und einem tollen Hundebett für Bandit war blitzschnell für uns hergerichtet. Am Morgen bekamen wir noch ein üppiges Frühstück vor die Zimmertür gestellt, und so machten wir uns mit tollen Tipps für die weitere Strecke und wiederhergestellter Moral und neuen Kräften wieder auf den Weg.
Unser nächstes Ziel sollte Grins sein, leider schafften wir es nur bis Quadratsch. Nein, die Ortsnamen sind keine Erfindung, die heißen wirklich so!
Da sah alles noch ganz gut aus
Der schmale Streifen Erde neben dem Grünzeug am linken Rand war alles was vom Weg übrig war – und wie stabil wäre der gewesen?
Der Wanderweg nach Grins, den uns ein ortkundiger älterer Herr beschrieben hatte, war wunderschön! Es ging auf schattigen Waldwegen in die Höhe, dann immer am Hang entlang. Bei tollem Reitwetter, der angekündigte Regen verschonte uns, ritten wir gut gelaunt und in der Hoffnung auf baldigen Feierabend unserem Ziel entgegen, als Konni, der vorne ritt, anhielt und abstieg. Ich konnte erst nicht sehen warum, aber dann zeigte er mir das Warnschild und den halb verschütteten Weg. Hier war führen wirklich besser. Bis er seine zwei Tiere sortiert hatte war ich mit Cordobes schon voraus, aber nicht weit. Denn was zunächst nur etwas unwegsam war war dann plötzlich – weg. Ein kompletter Hangrutsch hatte vom vorher so schönen Weg nur noch ein ebenes Stück von ca. 20cm Breite übrig gelassen, daneben ging es steil bergab. Keine Chance mit den Pferden, selbst zu Fuß hätte ich mich da nur ungern hinüber getraut.
Da fehlt doch ein «s» 😉
Also fast alles wieder zurück, ins Tal absteigen, und am Fluss entlang weiter. Leider bescherte uns das wieder einmal einige Kilometer Hauptstraße, ein kurzes Stück durch eine unübersichtliche Kurve, in der uns ziemlich mulmig war. Aber wir gelangten sicher nach Plains, wo wir endlich abbiegen konnten. Der Weg führte uns nach Quadratsch, wo wir eine Weide mit Pferden sahen. Ein Spaziergänger konnte uns Auskunft über den Besitzer geben, nur wohnte der leider in Grins… Also wohl doch weiter zum ursprünglichen Ziel, auch wenn das jetzt wieder einiges an Höhenmetern aufwärts bedeutete…
Morgenidylle
Nicht faul fragten wir natürlich trotzdem jeden den wir auf dem Weg sahen nach einer Möglichkeit uns etwas Weide abzustecken, und wieder einmal war das Glück uns hold: ein netter Landwirt hatte Platz für uns, wir bekamen von der ganzen Familie tatkräftige Hilfe beim Zaunbau und der Wasserversorgung, und am Ende sogar ein leckeres Abendessen und einen gemütlichen Abend bei Bier und Plausch. Wir waren alle sehr froh dass wir nicht weiter mussten, bis hierhin waren es schon 30km geworden und Bandit lahmte wegen einer kleinen Ballenverletzung. Nichts tiefes, aber immerhin so schmerzhaft dass wir unterwegs extra angehalten hatten um ihm einen Polsterverband zu machen.
Morgenroutine
Zum Abschied am nächsten Morgen gab es noch ein Päckchen selbstgemachte Würste, und wieder einmal große Hilfe bei der Routenplanung. Der empfohlene Weg war wunderschön, und schon nach 6km fanden wir den Reitstall den unser letzter Gastgeber uns empfohlen hatte um nach einem Platz für einen Pausentag zu fragen, den wir nach den letzten zwei Tagen und mit Bandits Pfotenproblem einlegen wollten. Dort gab es mitten im Ort allerdings keinen Platz für uns. Aber die Pferde liefen motiviert, und Bandit hatte sich längst den Verband ausgezogen und lahmte kein bisschen mehr. So beschlossen wir dass es wohl kein Problem wäre heute doch noch ein paar Kilometer zu reiten, und bei einem heißen Kaffee fand sich dann doch noch schnell eine Lösung für uns: die netten Besitzer des Reitstalls haben sich bei Bekannten und Freunden umgehört, und einer stellte uns wie selbstverständlich eine Wiese zur Verfügung. 15km auf leichten Wegen den Inn entlang ging es zum Badesee in Ried, die Wegbeschreibung war absolut idiotensicher, und hier gibt es alles was das Herz an einem Pausentag begehrt: Gras für die Pferde, ein schattiges Plätzchen auf der Wiese, einen Badesee mit Toiletten und heißer Dusche für uns, ein kleines Restaurant fast neben dem Platz und Einkaufsmöglichkeiten.
Wanderreiterfrühstück: 10 Eier
Wanderreiterabendessen
Morgen sind wir hoffentlich alle gut erholt wieder unterwegs, und dann wird es spannend: Es ist nicht mehr weit zum Reschenpass, und es ist noch nicht klar ob es eine Umgehung für die Tunnel auf dem Weg nach Nauders gibt. Also gibt es außer waschen und Reparaturen doch ein bisschen was zu tun an unserem „Pausentag“.
Auch wenn es eng wird behalten unsere Equiden die Nerven. Hier Pablo, der auf der Kraftwerksbrücke bestens weiß wie breit er mit Taschen ist
Heute ging es endlich in die Berge, Konni fühlt sich endlich so richtig wohl in dieser Landschaft! Nach einem wieder einmal viel zu späten Start (wann endlich finden wir morgens eine Routine die nicht Stunden dauert?) haben wir heute nur eine Minietappe geschafft. Aber sowohl für uns als auch für die Tiere war es trotzdem anstrengend. Die ersten Kilometer sind wir gelaufen weil es erst mal längs und quer durch Oberstdorf ging. Ich dachte der Ort hört nie auf! Als wir dann endlich wieder in der Natur waren und aufgestiegen sind ging es nicht lang und unsere Equiden mussten richtig ran: von 800 auf 1000HM ging es extrem steil durch den Wald – also ich hätte das nicht laufen wollen! Hier hat sich auch gezeigt warum wir Vorderzeug benutzen und dass ich es bei Pablo etwas enger schnallen muss – sein Sattel lag nach dem Anstieg etwas weit hinten und ich musste das in der Graspause korrigieren. Ohne Vorderzeug hätte ich sicher absteigen müssen…
So geht Pause
Danach ging es dann ein Hochtal entlang, und gegen 15.00h haben wir an einem Gasthaus beschlossen uns ein Kaltgetränk zu gönnen. Der Wirt erlaubte uns die Pferde im Biergarten anzubinden, und so stand dem Genuss nichts im Wege.
Das war der Rest der nicht mehr in unsere Tasche gepasst hat
Aber zu diesem Wirt muss ich schon noch ein paar Worte los werden, er und seine Frau waren mal wieder eine so nette Begegnung. Ich habe natürlich versprochen eventuelle Hinterlassenschaften zu beseitigen, aber er meinte nur wir sollen die Haufen ruhig liegen lassen – er nimmt sie dann als Dünger. Quasi mitten im Biergarten wohlgemerkt. Kaum hatten wir die Tiere angebunden stand er mit einem Eimer Wasser da, und nach unseren ersten Schlucken kam er nochmal vorbei, zeigte auf einen Eimer und forderte uns auf davon mitzunehmen soviel wir einpacken können. Und so war unsere fast leere Kraftfutterreserve wieder bis oben hin voll mit Hafer! Zuletzt hat uns seine Frau noch ein Netz Äpfel für die netten Pferde auf den Tisch gelegt. Und hätten wir nicht bei der nächsten Alp unser Quartier gefunden hätte der Wirt auch noch auf seiner eigentlich verpachteten Wiese versucht eine Übernachtungsmöglichkeit für uns zu ermöglichen.
Cordobes würde am liebsten mit im Zelt schlafen
Sati liebt diese Stelle einfach
Aber jetzt stehen die drei Zausel da wo wir ursprünglich für die Nacht ein Plätzchen suchen wollten auf einer riesigen Bergweide, von der wir den Duplos zuliebe allerdings nur ein Stück im Ebenen abgesteckt haben, und wir nächtigen im Schatten einer riesigen Fichte. Die Alpen begrüßen uns auf nette Art, so kann es weiter gehen!
Unser Abendessen auf der Alpe: Allgäuer Bergkäsesuppe – quasi Käsefondue zum Löffeln
Das erste Abenteuer Das Wochenende in Lindau war toll, aber wir haben uns am Montag Morgen auch gefreut wieder unterwegs zu sein. Dagi und Felix haben uns bestens verwöhnt, mit Dusche, Badewanne, Waschmaschine, Bett und leckerem Essen, aber es war an der Zeit unser Nomadenleben wieder aufzunehmen.
Felix hat lecker gegrillt
Unser nächstes Etappenziel: Oberstdorf im Allgäu. Der erste Tag hat uns mit herrlich kühlen Wäldern, saftig grünen Wiesen und sanften Hügeln verwöhnt, und am Abend fanden wir schnell ein Plätzchen mit fettem Gras unter Bäumen, wir selber durften unsere Matten in der großzügigen und trockenen Gartenhütte auslegen – pünktlich zum Absatteln hatte uns nämlich eines der vielen Gewitter, die wir schon den ganzen Nachmittag grollen gehört hatten, eingeholt. Es hätte der perfekte Tag sein können…
Ausblick beim Kochen
Wenn nicht…. Wir waren gerade fertig mit Essen (heute Couscous mit Würzpaste und Trockenaprikosen) und wollten vor dem Schlafengehen nur noch schnell Wasser für Bandit hinstellen. Da Wasser immer knapp ist hat Konni die Schüssel genommen, Wasser aus dem Eimer für die Pferde geschöpft und – rumms, damit hatte sich der perfekte Tag! Ich habe mein Geschirrspülen kaum unterbrochen, nur etwas grinsend zum fluchenden Konni gemeint dass ich es auch schon geschafft hatte die wirklich sehr tiefe Dachkante mit dem Kopf zu treffen, bis er das Blut erwähnte…
Schattige Waldwege im Allgäu
Ergebnis Regenrinnenkante-Konni: 1-0 Mit einer hübschen Platzwunde mitten auf der großen Denkerstirn hat unser Gastgeber uns netterweise ins 9km entfernte Krankenhaus gefahren. Hätten wir mißtrauisch werden sollen als er sich gewundert hat dass wir ihm gesagt haben er brauche nicht warten (man kennt das ja mit nicht-lebensbedrohlichen Verletzungen in Notaufnahmen…), wir würden zurück ein Taxi nehmen? Wir hätten! Die Kleinstadt war so klein, dass um kurz vor 22.00h kein Taxi mehr zu bekommen war… Wären da nicht die Pferde in der nicht allzu großen Weide und der Hund ohne Wasser gewesen, wir hätten kurzerhand ein Zimmer genommen, wäre sicher einfacher gewesen als ein Taxi zu bekommen, und nicht wirklich teurer. Am Ende hat es Konnis wirklich nette Ärztin dann zum Glück geschafft ein Taxi aus Isny zu finden, aber wegen der langen Anfahrt haben wir für die 9km schließlich über 70€ bezahlt!
Gastlichkeit im Allgäu
Zurück an unserer tiefergelegten Gartenhütte war uns nach einem kühlen Bier, aber man kann nicht alles haben… naja, in Bayern wohl schon: unser Gastgeber ahnte wohl dass nach der Notaufnahme ein wenig Naturmedizin nicht schaden kann, und hat uns zwei Halbe in unser so plötzlich verlassene Kochchaos gestellt. Guter Mann!
Tolle Menschen – ja, noch mehr Weitere Dramen gab es bis jetzt dann zum Glück nicht mehr, außer verlorenen Duplos, einem zerrissenen Sidepull und furchtbaren Teerstrecken. Alles war lösbar, nichts konnte uns länger aufhalten. Trotz immer noch langer Morgen»routine» schaffen wir jeden Tag 20 bis 25km, und begegnen weiter den tollsten Menschen.
Bei Michaela unter dem Maibaum
Ganz besonders hat uns gleich am Montag Michaela überrascht. Wir haben die Reittiere gerade knapp außerhalb von Höhenreute grasen lassen, da kam ein Mini vorgefahren, die Fahrerin stieg aus und hat uns ganz spontan zu sich nachhause auf einen Kaffee eingeladen! Die Pferde konnten dort weiter grasen, wir bekamen erst den versprochenen Kaffee, dann noch einen, ein Zitronenwasser, Eis und einen netten Plausch mit der ehemaligen Shagya-Züchterin und ihrer Familie. Nachdem Bandit noch eine kleine Runde im Hofteich schwimmen war gingen wir viel zu spät für die eigentlich geplante kurze Pause, aber sehr erfrischt wieder auf die Strecke. Zwei Tage später ritten wir gerade in der Mittagshitze eine zermürbende Teerstraße entlang (das war wirklich der schlimmste Tag bisher!) als uns ein Münchner Geländewagen entgegen kam. Sehr rücksichtsvoll hat er gebremst um uns passieren zu lassen, ein kurzer Wortwechsel, netter Mann. Nur wenig später kam er wieder an uns vorbei, und dieses Mal lud auch er uns auf eine Erfrischung zu sich und seiner Frau ein. Die Mulis und Sati fanden ein tolles Stück Wiese und Wasser, und wir bekamen gekühlte Getränke soviel unsere Bäuche fassen konnten.
Warum einfach wenn man auch schlängeln kann – aber Biegung auf dem Reitplatz ist unmöglich…
Der Countdown läuft… Ja, und dann wurde uns langsam klar dass der erste, der einfache Teil unserer Reise bald zu Ende sein würde. Einer unserer Gastgeber, ein sehr gut gelaunter und unternehmungslustiger Landwirt, hat nach unserer Route gefragt und uns eine deutlich kürzere und leichtere Alternative gezeigt: wir mussten nur von seinem Hof die etwa 2km bis zur Iller reiten, dann konnten wir diesem Flüsschen bis Oberstdorf folgen. Alles eben auf dem Radweg am Illerdamm. So haben wir nach einer Etappe mit einfachster Navigation, ohne Geländeschwierigkeiten aber auch wenig Abwechslung (Pablo hat am Ende immer wieder versucht abzubiegen um der Langeweile zu entfliehen) einen Tag früher als geplant unseren Ausgangspunkt für die größte Herausforderung